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Kategorie: Film & Fernsehen
StillerSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Oktober 2025, Teil 7

Redaktion

Zürich (Weltexpresso) –  … MIT ALBRECHT SCHUCH.  Wie war die Zusammenarbeit mit Stefan Haupt? Konnten Sie auch selbst Anregungen miteinbringen?

Wir haben uns im Vorfeld beinahe ein halbes Jahr über das Drehbuch ausgetauscht, bevor ich endgültig zusagte. Da war noch einiges, was ich nicht verstanden habe und was ich schwierig fand. Dann haben wir uns gefunden und wussten, in welche Richtung wir gemeinsam gehen wollen. Witzigerweise glaube ich, wir ergänzen uns insofern ganz gut als das Stefan manchmal zu nett ist und ich manchmal zu kritisch. Ich habe einfach Lust an der produktiven Konfrontation. Ich fordere viel, obwohl ich gleichzeitig weiß, dass 95% meiner Ideen falsch sind, aber ich will das halt so machen und ausprobieren.


Warum kehrt White Ihrer Meinung nach zurück?

Es gibt viele Möglichkeiten und Interpretationswege. Ein Grund ist vielleicht die Liebe als letzter Anker und konkreter Lebenssinn. Alles andere sind Möglichkeiten wie „Okay jetzt stelle ich mich dem Jetzt und mir selbst mit all meiner Unsicherheit und mit all meiner Abneigung mir selbst gegenüber. Zumindest will ich es versuchen.“ Das finde ich schön an unserem Blick auf den Roman. Letztendlich schmeißt er sich, zumindest größtenteils, in die Entscheidung zurückzugehen hinein. Er entwickelt einen Plan, der nicht ausgetüftelt ist. Dann kommen diese ganzen Absurditäten. Es ist fast gut, dass er im Knast landet. Da kann er sich an die Situation gewöhnen, er hat seine Ruhe und kann noch mal über den nächsten Schritt nachdenken. Das ist nicht so konfrontativ, sondern Step by Step. Wir wissen es nicht genau, und das finde ich schön. Für mich ist ganz wichtig, dass man dem Publikum Interpretationswege offen hält. Kreativität entsteht beim Zuschauen. Das geht mir als Zuschauer zumindest so.


Kommen wir zu Ihrer Filmpartnerin Paula Beer. Warum funktioniert das so gut bei Euch?

Paula war meine Wunschpartnerin. Es war nach „Bad Banks“ (2018) unser Wiedersehen vor der Kamera. Wir haben irgendwie einen leichten geschwisterlichen Umgang miteinander.


Mit Sven Schelker hatten Sie eigentlich nur eine gemeinsame Szene, obwohl Sie sich im Film ganz nah sind …

Wir haben uns von Beginn an dagegen entschieden, identisch sein zu wollen. Das fand ich gut. Das eröffnete mehr Möglichkeiten, diese Geschichte zu erzählen. Es gibt ja Ähnlichkeiten zwischen uns, auch in den Spielentscheidungen. Dort vor allem, fühle ich Sven als Spielbruder. Wir haben diese gemeinsame Schuss- /Gegenschussszene, in der erst der eine und dann der andere spielt. Sven legte vor und ich musste seine Haltung aufgreifen. Hier war es wichtig, im Gleichklang zu agieren. Ich sah sein Schauspiel kurz vorher auf dem Bildschirm, seine Armhaltung, wie er sich vorbeugt und mit Julika unterhält... Das dann so zu übernehmen und weiterzuspielen, war für mich irgendwie eine seltsame Erfahrung. Als wenn man im Schatten des anderen steckt oder von Fäden geführt wird, die der andere dort hinterlassen hat. 



… MIT PAULA BEER Erzählen Sie uns bitte etwas über die Zusammenarbeit mit Stefan Haupt und die Drehvorbereitungen?

Es war sehr angenehm. Man merkt, dass er an den Menschen interessiert ist. Er lud dazu ein, Fehler zu machen, weil dadurch seiner Meinung nach immer viel entsteht, und es nicht darum geht, perfekt zu sein, sondern zusammen etwas zu gestalten. Diese Entspannung merkte man auch am Set.


Was dachten Sie über die Rolle der Julika?

Ich fragte mich vor allem ‚Warum lässt sich eine Frau wieder auf einen Mann ein, von dem sie so sehr verletzt wurde?‘. Damit verbunden war auch meine Sorge, dass hier das Klischee von der schwachen Frau, die dem Mann verfällt, mitschwingt. Dennoch fand ich den Gedanken auch schön, weil es etwas Menschliches hat und Größe beweist. Julika ist eine interessante Figur. Sie muss mit ihrer Krankheit und dem plötzlichen Verschwinden ihres Mannes klarkommen und ein neues Leben beginnen. Manche Sachen kann man aber nicht wirklich abschließen, wenn das Gegenüber sich verweigert. In dem Moment, in dem sie nach Zürich gebeten wird, kommt alles wieder hoch, vielleicht auch der Wunsch eine Entschuldigung zu hören. Als sie ihm dann gegenüber steht, merkt sie, dass es trotzdem etwas gab, was beide verband. Dieser Gedanke mag toxisch erscheinen, jedoch steckt ebenso der Gedanke der gemeinsamen Einigung darin, oder eben dieses Verstehen wollen, um vielleicht auch zu verzeihen, wenn man es nachvollziehen kann. Diese Zwiespälte finde ich wahnsinnig spannend und menschlich. Wir alle wissen, womit man so hadert im Leben und in der Liebe. Julika durchlebt einen Balanceakt aus der Hoffnung, dass er dazu stehen und sich entschuldigen kann und dem Gefühl, dass sie es eigentlich nicht brauchen möchte. Sie ist verletzt und sauer auf ihn. Ein Hin und Her der Gefühle. Manche menschlichen Konflikte ändern sich einfach nicht. Verrat fühlt sich in allen Jahrhunderten bis heute ziemlich gleich an. Deswegen finde ich es gut, wenn man bei historischen Verfilmungen davon ausgeht, dass hier Menschen sind, die Sachen genauso mit sich verhandeln und mit sich hadern, aber da sie eine andere Erziehung genossen haben, sind manche Sachen eben anders.


Julika scheint die einzige zu sein, die Anatol wirklich sieht. Was hat die beiden Ihrer Meinung nach zusammengebracht?

Sie beschreibt ihn als unsicher und erkennt den Schmerz in ihm. Dennoch glaube ich, dass sie trotzdem eine Überzeugung oder Stärke in ihm sieht, diesen Weg der Kunst einzuschlagen und darin seine Stimme zu finden oder sich auf die Suche danach zu begeben. Als sie sich kennenlernen sieht sie, dass er mit der Welt und sich hadert. Darin erkennt sie sich auch ein bisschen selbst und spürt, dass hier jemand ist, der sie so sieht, wie sie sich noch nie gesehen fühlte. Jemand, der sie so sieht, wie sie es sich selbst vielleicht nicht erlauben kann. Das ist die Tragik in der Geschichte. White sagt das ja dann auch später: „Ich habe Angst vor dieser Schwäche bekommen.“ Das passiert eben manchmal im Leben, wenn ein Mensch so sehr zum Spiegel der eigenen Unzulänglichkeiten wird, dass man sich dann gegenseitig nicht mehr aushält oder wie Julika sagt, Angst voreinander bekommt. Deswegen finde ich das irgendwie universell, was da passiert. Es sind Themen, die alle kennen, die aber selten so auf den Punkt gebracht werden, weil es auch unangenehm ist und es daher viele verdrängen. Julika nimmt diese Momente und hält sie fest: „Das muss jetzt aber hier gelöst werden.“ Darin hat sie eine Vehemenz, die sie aber mit einer Ruhe angeht, die ich als eine schöne Grundenergie empfinde, weil unserer Welt generell so konfrontativ ist.


Wie war es mit Sven Schelker als Anatol?

Das tolle war, dass Sven und ich bereits vorher zusammengespielt haben und uns kannten. Sven verleiht seiner Rolle dieses Zerbrechliche, dieses sich in der Kunst verlieren, aber auch den Halt und vielleicht sich selbst zu verlieren. Sein Anatol hadert mit dem, wie er empfindet und wie er Julika wahrnimmt. Er bekommt das irgendwie alles nicht mehr zusammen und verliert die Kontrolle über die Zügel, die er eigentlich in der Hand haben sollte. Das hat schauspielerisch sehr viel Spaß gemacht. In dem ersten Teil des Films, der Vergangenheit, entsteht ja diese ganze Beziehung. Das Kennenlernen und Heiraten, aber auch die Streitsituationen zwischen den beiden. Und mit Albrecht später ist es mehr ein Kräftemessen und ein Duellieren. Das war irgendwie schön. Manchmal waren auch beide am Set. Das war eine gute Kombination.


Foto:
©Verleih

Info:
BESETZUNG
James Larkin White     Albrecht Schuch
Julika                            Paula Beer
Anatol Stiller                 Sven Schelker
Staatsanwalt Rolf Rehberg        Max Simonischek
Sibylle Rehberg                         Marie Leuenberger
Dr. Bohnenblust                         Stefan Kurt
Sturzenegger                             Martin Vischer
Knobel                                       Marius Ahrendt
STAB
Regie                      Stefan Haupt
Drehbuch               Alex Buresch, Stefan Haupt

 Abdruck aus dem Presseheft