Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen
im ArmSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. November 2025, Teil 11

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Wie kamen Sie zu MIT LIEBE UND CHANSONS?

Ganz klassisch. Ich habe das Drehbuch zugeschickt bekommen und als ich den Namen Ken Scott auf der ersten Seite gelesen habe, war ich sofort dabei. Ich habe seinen Film STARBUCK geliebt. Als ich das Drehbuch fertig gelesen hatte, hatte ich ein Glücksgefühl wie es selten bei mir ist. Esther hat mich sofort in den Bann gezogen. Es ist eine reichhaltige, universelle und Jahrzehnte umspannende Rolle. Die Idee, sie durch die Zeit zu begleiten, war anfangs ein wenig einschüchternd, aber nachdem ich länger darüber nachgedacht hatte, wurde mir klar, dass ich diese Chance nicht verstreichen lassen konnte. Die Rolle rief nach mir. Also telefonierte ich mit Ken und das Abenteuer ging los. Ich traf auch sehr bald auf Roland Perez, den Buchautoren der Vorlage. Ich stellte ihn mir sofort als Esthers Sohn vor, also meinen Sohn. Zum Glück ist Roland sehr intelligent und großzügig und hat mir erlaubt, in die
Rolle seiner Mutter zu schlüpfen, sie zu meiner eigenen zu machen und dabei dem Wesen der Figur treu zu bleiben.


Wie würden Sie die Figur der Esther Perez beschreiben?

Sie hat durch ihre Art das Unmögliche möglich gemacht. Sie besitzt ein sehr komplexes Naturell. Sie ist witzig, entschlossen, intensiv und vor allem mutig. Ihr Facettenreichtum hat mich zutiefst inspiriert, sowohl als Schauspielerin als auch als Mutter. Es ist unglaublich, dass Roland solch eine Hommage an seine Mutter geschrieben hat. Ohne es zu wissen, hat er mir die Gelegenheit gegeben, alle Mütter dieser Welt zu würdigen. Denn im Grunde sind Mütter Superheldinnen ohne Umhang. Eine überzeugte Mutter ist unerschütterlich, sie kann es mit der ganzen Welt aufnehmen und verliert nie ihren Glauben an etwas, auch wenn es alle um sie herum tun. Darin liegt ihre Stärke.


Was dachte Roland, als er Sie zum ersten Mal in der Rolle seiner Mutter sah?

Roland hat den Film zusammen mit seinen Kindern gesehen. Als ich sie dabei beobachtet habe, wurde mir bewusst, wie wichtig diese Rolle für sie war. Während der Dreharbeiten war Esther zu meiner Figur geworden, aber an diesem Abend kam ihre Familie mit den Erinnerungen an die eigene Mutter und Großmutter ins Kino. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Wir haben uns nach der Vorführung lange umarmt. Manchmal sind die Gefühle so stark, dass man sie nicht ausdrücken kann. Sie waren alle überwältigt. Am nächsten Tag sagte Roland zu mir: „Danke. Der kleine Junge, der ich war, wurde während des Films geheilt.“ Das Leben ist ein Drama, aber Esther weigert sich, das hinzunehmen. Sie gibt nicht auf. Nichts kann ihre positive Einstellung auslöschen. Die Prüfungen des Lebens sind für sie kein Problem, sie perlen einfach an ihr ab. Ihre Lebensaufgabe kann nur durch Licht und Freude erfüllt
werden.


Es ist sehr beeindruckend wie Sie Esther von ihren 30ern bis ins hohe Alter von 85 spielen. Wie bereitet man sich auf eine derartige Rolle vor?

Das war die wichtigste Frage, die ich mir im Vorfeld gestellt habe. Wie spielt man eine Figur in fortgeschrittenem Alter? Glücklicherweise hatten wir großartige Masken- und Prothesenbildner, die es mir ermöglichten, auch körperlich in diese Rolle zu schlüpfen und mir selbst zu glauben. Ich musste also vor allem innerlich als Esther existieren: Wie spricht sie? Wie bewegt sie sich? Und vor allem, wie kann ich ihr Seele und Herz verleihen? Leider konnte ich sie ja nicht persönlich kennenlernen und musste daher auf Rolands Erinnerung vertrauen. Ich brauchte aber auch einen eigenen Bezugspunkt und das war meine Großmutter, zu der ich schon immer eine enge Bindung hatte.


Jonathan Cohen spielt Ihren Sohn. Wie kam es zu Ihrer Zusammenarbeit?

Ich werde mich immer an den ersten Drehtag erinnern. Es war ein wenig beängstigend. Im echten Leben sind wir gut befreundet und hier mussten wir eine Mutter-Sohn-Beziehung spielen. Das ist eine sehr besondere Dynamik und wir mussten uns neu erfinden. Wir hatten den Vorteil, dass wir uns nahestehen und auf einer tieferen Ebene kennen. Wir haben uns also bereits mehrere Wochen vor dem Dreh getroffen und an der Beziehung gefeilt, an der richtigen Distanz und den richtigen Reflexen. Am ersten Tag der Dreharbeiten sahen wir uns also wieder und ich war bereits durch das Make-Up gealtert. Als sich dann unsere Blicke trafen, entstand diese Dynamik ganz von allein. Jonathans Blick hat etwas sehr Beruhigendes, genauso ist es bei Lionel Dray. Ich hatte großes Glück, solch tolle Spielpartner zu haben.


Haben Sie eine besondere Erinnerung an die Dreharbeiten?

Diese besondere Erinnerung heißt Sylvie Vartan. Genauer gesagt, unsere erste Begegnung. Ich kam ganz eingeschüchtert an und sie wirkte mir gegenüber sehr desinteressiert. Ich fragte mich, warum, bis man es mir erklärt hat. Sie hatte mich wegen des Make-Ups nicht erkannt und dachte ich sei einfach eine 80-jährige Frau, die sie aus dem Nichts ansprach. Danach habe ich sie aber als wunderbare und inspirierende Frau kennengelernt. Eine Ikone, aber sehr freundlich und zugänglich. Darüber hinaus traf ich die Frau, die das Wunder von Esther möglich gemacht hatte. Sie war auf eine gewisse Weise Rolands Lehrerin, dank ihrer Lieder lernte er lesen und schreiben. Wenn man bedenkt, dass er am Ende sogar Anwalt wurde,
grenzt die Geschichte an ein Wunder.


Foto:
©Verleih

Info:

Komödie /
Frankreich 2025 /
103 Minuten

Besetzung
Esther Perez.   Leïla Bekhti
Roland Perez    Jonathan Cohen
Litzie Gozlan.     Joséphine Japy
Sylvie Vartan.     als sie selbst
Madame Fleury.   Jeanne Balibar
Maklouf Perez.       Lionel Dray
Roland Perez (5 Jahre alt).      Naïm Naji
Jacques Perez (12 Jahre alt).   Milo Machado-Graner
Madame Vergepoche.     Anne Le Ny
Monsieur Foenkinos.      David Ayala

Stab
Regie
Ken Scott
Drehbuch
Ken Scott
Autor der Romanvorlage
Roland Perez

Abdruck aus dem Presseheft