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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Februar 2016, Teil 5

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Die Krieger im Pentagon stöhnen, seit dem 2. Weltkrieg hätten sie keinen Krieg mehr siegreich beendet, nicht in Korea, nicht in Vietnam, nicht im Irak... Die Truppen bräuchten mal Pause, meint der zu Hilfe gerufene Oscar-Preisträger Michael Moore, sie sollten ihn mal machen lassen.

 

Also zieht der Einzelkämpfer mit der amerikanischen Flagge in der Hand auf der MS Reagan nach Europa, um hier das Beste zu rauben.

 

Zunächst kommt er nach Italien, „wo die Menschen immer so aussehen, als hätten sie gerade Sex gehabt.“ Als sich herausstellt, dass die Menschen dort auf gut acht Wochen Urlaub im Jahr kommen, wundert ihn das zu Opernmusik und Bilder von arbeitenden Menschen gar nicht mehr. „Ich bin als Ein-Mann-Armee hier einmarschiert und werde diese Idee mitnehmen“, erklärt Moore.

 

In Frankreich besucht er eine 3-Sterne-Küche, die sich als Schulkantine entpuppt. Das dreiteilige Menü dort wird amerikanischem Fast Food gegenübergestellt. „Iihhhh!“, rufen die französischen Kindern, „Die armen Kids!“, stöhnt der französische Koch. Moore klaut das französische Essen und zieht weiter nach Finnland, in dem die Menschen seltsame Sportarten wie Handyweitwerfen oder Frauentragen praktizieren. Er kann es kaum glauben, dass es nur 20 Schulstunden pro Woche und niemals Hausaufgaben gibt, obwohl die Finnen doch weltweit die besten Schüler hervorbringen.

 

So zieht Moore raubend und plündernd durch Europa, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und konfrontiert seine gefundenen Bilder mit US-amerikanischen Gegensätzen: Zum Bildungssystem Sloweniens, zur Auseinandersetzung mit der eigenen üblen Vergangenheit oder Reha für Mütter in Deutschland, die volle Toleranz für alle Drogen in Portugal, würdevolle Polizisten in Norwegen, Frauenrechte in Tunesien…

 

 

Ich pflücke natürlich nur die schönsten Blumen Europas“, sagt der reisende Regisseur im Film und räumt ein, „ursprünglich stammen viele dieser Ideen aus den USA. Dort sind sie aber in Vergessenheit geraten.“ Der Film ist zum Brüllen komisch und grotesk, dann rührt er wieder zu Tränen. Vor allem aber macht er uns Europäern klar, dass wir in unseren Ländern viel erreicht haben. „Das ist Unterhaltungsklamauk und einseitige Dokumentation“, schimpfte ein Kollege auf der soeben beendeten Berlinale. Recht hat er, denn der Film ist sehr unterhaltsam! Die Zielgruppe sind die US-Amerikaner, die sich bei völliger Drogenfreiheit oder würdevoller Behandlung von Kriminellen wohl nur das gruselige Chaos vorstellen können. Wie immer schneidet Moore seine Bilder hart gegeneinander und teilt polternd seine Meinung aus.

 

Ein Film, der genau das hält, was er verspricht: Wenn man Moore sagt, dann kriegt man ihn auch. Köstlich und großartig und natürlich in Englisch mit Untertiteln: Ein krasses Reisetagebuch - ein Filmemacher zieht raubend und plündernd durch Europa, Michael Moores „Where to Invade Next“ - „Wo als nächstes einmarschieren?“

 

Where to Invade Next“ USA 2015 Regie Michael Moore, 110 Minuten, englisch

Filmstart 25. Februar 2016