Drucken
Kategorie: Messe & Märkte

Serie: Musikmesse und prolight+sound vom 10.-13. April auf dem Frankfurter Messegelände, Teil 4

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – In Schwarz, die hier, ist auch nicht schlecht, aber eine elektrische Gitarre wollte ich gar nicht. Tatsächlich bin ich auf der Suche nach einer eigenen Gitarre, damit ich die Kenntnisse aus Jugendtagen auffrische, denn: „Wer Gitarre spielt, hat Glück bei den Frau'n“ ist nämlich heutzutage das Motto.

 

 

Endlich finde ich neben den gezackten und trapezförmigen Instrumenten auch eine, die zumindest die runde Form (Hüften und Hintern) mit der charakteristischen Einbuchtung (Taille) hat. Allerdings hat dieses dunkelbraune Stück namens USA THOROUGHBRED die Saiten auf eine Weise gespannt, die ich nicht kenne. Doch, doch, beruhigt mich meine Führerin durch die Gitarrenwelt, das ist heute so bei den elektrischen Gitarren, die sind alle so. Sie mag die von Gibson lieber. Aha, dieser Hersteller – als Aussteller mit sehr schönen Gitarren in Halle 4.0 - fiel mir schon auf der Agora auf – das ist dieser nach dem griechischen Marktplatz von Athen genannte freie Platz zwischen den Halle 1,2,3,4 und 5, auf dem ein großes Festzelt steht und eben diese Bühne, die Gibson für seine Konzerte aufgestellt hat.

 

Denn obwohl eigentlich diese Messe eine Kauf- und Verkaufsmesse ist, wäre sie ähnlich wie die Buchmesse, schlecht beraten, wenn sie nicht ihr spezielles Produkt: die Musik auch erklingen ließe. Und darin unterscheiden sich beide Messen fundamental von den übrigen Konsummessen. Zwar laufen auch dort Vorführungen vom Staubsauger oder der Gemüseschneidemaschine ab, aber schon bei den Badewannen und Toiletten ist Schluß mit dem praktischen Gebrauch der Novitäten.

 

Tatsächlich treffen Musik und Buch sowohl auf ein gemeinsames kulturelles Hörerleben als auch auf ein individuelles Bedürfnis des Selberausprobierens und Selberlesens. Beide Bedürfnisse werden auch auf dieser Messe voll befriedigt. Die vollgestopften Gänge in allen Hallen zeigen, daß die Fachbesucher in Massen gekommen sind. Wie soll das erst werden, wenn – erstmals – am Freitag nach 14 Uhr auch das 'gewöhnliche' Publikum auf die Messe darf. Auf den Samstag, als allgemeinen Besuchertag ist man auch als Aussteller vorbereitet.

 

Das Vorziehen des Besuchs der Allgemeinheit habe sich deshalb angeboten, erläuterte die Chefin der Musikmesse Cordelia von Gymnich, weil sich die Praxis herausgestellt habe, daß viele Fachbesucher schon am Freitag die Koffer packen – sie sind meist seit Dienstag in der Stadt, spätestens Mittwoch -, damit sie zu Hause ihr Wochenende haben. Da zudem die Vorhersage von Messegeschäftsführer Detlef Braun, zur Musikmesse gäbe es immer hervorragendes und sonniges Wetter, sich täglich mehr durchsetzt, kann man von vielen Besuchern ausgehen.

 

Wenn nur der Krach nicht wäre. Aha, hier bei den Schlagzeugen ist es als Aussteller üblich, einen Ohrenschutz zu tragen. Wie soll man den Lärm der Becken über Tage aushalten? Und dann erst die Veranstaltungstechniken. In Halle 8 tobt der Weltuntergang. Dort übertrumpfen sich die Lautsprecherhersteller gegenseitig in der Lärmfrequenz, von der sie einem aber erzählen, nicht die Schallintensität sei das Wichtige, sondern die Qualität des Klangs. Die aber können wir nicht mehr wahrnehmen, wenn die Ohren schmerzen. Wir wollen hier gar nicht von Pascal oder den Messungen in Hertz sprechen. Außer beim Autolärm an der Autobahn oder beim Überqueren von Ausfallstraßen in Großstädten, außer am Flughafen und dicht rum herum, haben unsere Ohren sich noch nie so wehrlos gefühlt. Man sollte sie zuhalten, sagt hier ein Standbesitzer, die gute Musik dringe durch, der Lärm bleibe draußen?

 

Wir denken dabei an Zweierlei. Zum einen sind die Ohren wirklich das empfindlichste Organ des menschlichen Körpers, was die Sprache wunderbar wiedergibt. Während wir die Augen schließen oder weggucken können, ist der Mensch immer „ganz Ohr“, wir können nicht weghören, weshalb der Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte einen LärmApp anbieten, der die Lärmquellen sofort filtert und die Geräuschstärke mißt. Aber auf dieser Messe wollen wir ja die Musik hören, die halt – so ganz nach Wilhelm Busch -

MUSIK WIRD OFT NICHT SCHÖN GEFUNDEN,

WEIL SIE STETS MIT GERÄUSCH VERBUNDEN

auch ihre tückischen Seiten hat.

 

Hier auf der Messe überwiegen die herrlichen Seiten. Denn das Hören von Musik, auch wenn es nur einzelne Töne sind und die Kakophonie nur andeuten, ruft Gefühle und Stimmungen hervor und kann einen auch inmitten des Messetrubels sofort abheben lassen. Das ist wie die heute nur noch psychoanalytisch verortete Katharsis, die einst in der griechischen Klassik Zweck der Tragödienwettbewerbe war, wer nämlich durch Text und Musik (Chor!) das Innere des Menschen mehr läutern kann als der andere. Diese Funktion der Musik, des Innehaltens und Gewahrwerdens von Sphärischem erleben wir auch hier auf der Messe. Im übrigen: Nirgends als auf dieser Messe kommen wir so oft verspätet zu Terminen, weil sensationelle Klänge uns aufgehalten hatten. Fortsetzung folgt.

 

P.S. Wir geben zu, daß unsere eigene Suche nach einer Gitarre die Beschreibung der Musikmesse überlagert. Aber im Ernst. Auch in Wirklichkeit sieht man sich auf einer Gitarrenmesse. Wie soll das erst im nächsten Jahr werden? Da soll nämlich bei der Verleihung des Musikinstrumentenpreises die E-Gitarre dran sein. Und zwar die Neuschöpfungen, nicht die abgekupfterten Erfolgsmodelle.

Foto: Das Foto entstand beim Messerundgang der Presse und zeigt Pop-Sänger Finn Martin am Gibson-Stand. Er ist bei den Konzerten auf der Musikmesse dabei!

www.musikmesse.com

www.prolight-sound.com