Andreas Mink
New York (Weltexpresso) - Ungewohnt persönlich ist auf Twitter Arnold Schwarzenegger zu erleben. Der Action-Star und republikanische ex-Gouverneur von Kalifornien charakterisiert den Sturm auf das US-Kapitol mit einem acht-minütigen Video als amerikanische Version der Kristallnacht: Donald Trump habe Anhänger zu einem Bruch mit der Demokratie aufgehetzt und dazu gebracht, «die Gründungsprinzipien unseres Landes mit Füssen zu treten».
Die Scherben am Kapitol seien mit den Scherben an Synagogen vergleichbar, die Nazis im November 1938 geschlagen hätten. Die Kristallnacht sei der erste Schritt zum Holocaust gewesen. Nun sei Amerika von einer neuen Welle des Faschismus bedroht. Am Anfang hätten seinerzeit und heute «Lügen, Lügen, Lügen und Intoleranz» gestanden. Schwarzenegger spricht auch ausführlich über die Folgen der Nazi-Verbrechen für nachgeborene Generationen. Er selbst habe erlebt, wie ex-Nazis nach dem Krieg die eigene Familie terrorisiert hätten (Link).
Von ganz anderer Warte analysiert Timothy Snyder den Sturm auf das Kapitol. Der Historiker an der Yale University ist ein weltweit anerkannter Experte für den Faschismus. In einem ausführlichen Beitrag für die «New York Times» vom Sonntag unter dem Titel «The American Abyss» (Der amerikanische Abgrund) bezeichnet er diese Attacke auf die amerikanische Demokratie als «prä-faschistisch».
Um zunächst Synders «gute Botschaft» zu nennen: Trump fehle die geistige Fähigkeit und Disziplin, einen erfolgreichen Staatsstreich zu planen und anzuführen. Entschlossen dazu sei er aber schon aufgrund einer völligen Missachtung der amerikanischen Demokratie gewesen. Der Sturm habe zudem die Spaltung der Republikaner in «Manipulatoren» und «Zerstörer» offenbart. Snyder benutzt die Begriffe «Gamer» und «Breaker»: Beide Fraktionen seien nurmehr an Macht interessiert und dafür bereit, die Regeln der Demokratie nach Kräften zu verbiegen und manipulieren – oder aber diese ganz über den Haufen zu werfen.
Der gescheiterte Coup vom Mittwoch habe die «Zerstörer» enttarnt und geschwächt. Die damit einhergehende Spaltung der Republikaner eröffne Joe Biden unerwartete Gestaltungsmöglichkeiten als Präsident Link.
Beide Wortmeldungen können hier nur in Umrissen präsentiert werden und sind unbedingt empfehlenswert.
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©tachles
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 10.1. 2021