
FIR
Berlin (Weltexpresso) - Angesichts der realen Drohung des Einsatzes von atomaren Waffen im Rahmen der aktuellen Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten erinnert die FIR mit diesem Newsletter an das bedeutende Anti-Nuklearwaffen-Manifest von zehn Nobelpreisträgern von vor 70 Jahren. Unter dem Namen der beiden Initiatoren Bertrand Russell und Albert Einstein wurde diese Erklärung am 7. Juli 1955 der Öffentlichkeit präsentiert, die mit den eindringlichen Worten begann: „Wir wenden uns als Menschen an unsere Mitmenschen: Erinnert Euch Eures Menschseins und vergesst alles andere! Wenn Ihr das vermögt, dann öffnet sich der Weg zu einem neuen Paradies. Könnt Ihr es nicht, dann droht Euch allen der Tod.“
Die Unterzeichner warnten vor den verheerenden Gefahren weiterer atomarer Aufrüstung und stellten dem die Chancen und Perspektiven für eine friedliche Welt gegenüber. Die Bedeutung dieses Manifestes sahen die Initiatoren darin, dass sie aus Verantwortung für den Frieden ihre Stimme erhoben und gleichzeitig ihre Warnung auf der Grundlage ihrer wissenschaftlichen Kompetenz formulierten.
Der historische Hintergrund dieses Manifestes waren die verschiedenen Testreihen mit Nuklearwaffen Anfang der 1950er Jahre, die bereits verheerende Schäden in den Testgebieten angerichtet hatten. Am bekanntesten sind sicherlich die vom Februar bis April 1954 von den USA vorgenommenen Zündungen von fünf Wasserstoffbomben auf dem Bikini-Atoll. Große Gebiete wurden dort verstrahlt, was bis heute deutlich messbar ist. Auch der radioaktive Niederschlag nach den Testreihen auf den Marshall-Inseln, die zu einer Verseuchung der Inselbewohner und der Besatzung eines in der Gegend tätigen japanischen Fischerbootes führte, wurden bereits damals öffentlich debattiert.
Für die Initiatoren und Unterzeichner des Manifests war daher klar:
Die Menschheit müsse sich bewusst werden, dass mit dem Einsatz von Wasserstoffbomben nicht „nur“ Städte oder Landstriche zerstört werden können, sondern die Existenz der gesamten Menschheit bedroht werde.
Die einzige realistische Antwort sei die friedliche Lösung internationaler Konflikte und die massive Reduzierung der Nuklearpotenziale als erster wichtiger Schritt zum Abbau von internationalen Spannungen.
Nur durch die Rückbesinnung auf die eigene Menschlichkeit und die bewusste Entscheidung gegen bewaffnete Konflikte könne im Zeitalter der Nuklearwaffen der Fortbestand der Menschheit gesichert werden.
Angesichts des massiven Ost-West-Konfliktes („Kalter Krieg“) versuchten die Initiatoren, sich nicht in der Systemkonkurrenz vereinnahmen zu lassen. Sie erklärten in aller Deutlichkeit:
Wir werden versuchen, kein einziges Wort zu äußern, welches der einen Seite mehr gefällt als der anderen. Alle sind gleichermaßen in Gefahr, und wenn die Gefahr verstanden wird, gibt es Hoffnung, dass wir sie gemeinsam abwenden können.
Ihre Sorge galt der Menschheit insgesamt, denn sie wussten um die Langzeitfolgen von thermonuklearer Strahlung für Krankheit und Verfall, Folgen, die man bis heute in Japan und anderen betroffenen Gebiete nachvollziehen kann.
Die Liste der Unterzeichner war beeindruckend. Sie alle waren wegen ihren Forschungen – oftmals zur Nukleartechnologie – mit dem Nobelpreis geehrt worden. Dazu gehörten neben den Initiatoren Max Born, Frédéric Joliot-Curie, Leopold Infeld, Hermann Joseph Muller, Linus Carl Pauling, Cecil Powell und Józef Rotblat, der selber am „Manhatten-Projekt“, das zum Bau der ersten Atombomben geführt hat, teilgenommen hatte. Albert Einstein erlebte die Veröffentlichung des Manifestes selber nicht mehr. Nach den ausführlichen Gesprächen mit Bertrand Russell im Frühjahr war er im April 1955 verstorben.
Eine der Langzeitwirkungen dieses Manifestes war der Abschluss eines Vertrags zwischen den Atommächten über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser, der im Oktober 1963 in Kraft trat.
Wenn wir als FIR 70 Jahre später an dieses wichtige Manifest erinnern, dann deshalb, weil die hier mit wissenschaftlichem Sachverstand formulierte Warnung aktueller denn je ist angesichts der öffentlich von Regierungen geäußerten Pläne der Ausweitung der Atomprogramme von kriegführenden Staaten und die militärischen Bedrohungen von Nuklearanlagen, die zu einer massiven Schädigung von Menschen in der weiteren Umgebung dieser Technologien führen würden.
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Info:
Quelle: FIR Newsletter 2025-28 dt.
FIR: Fédération Internationale des Résistants, internationale Dachorganisation von Verbänden antifaschistischer Widerstandskämpfer