Bildschirmfoto 2021 11 13 um 00.33.44Aus dem Corona-Newsletter des hr

Sven-Oliver Schibat

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Falls Sie schon länger bei diesem Newsletter dabei sind, werden Sie sich vielleicht noch an das Wort "mütend" erinnern, das ich vor einigen Monaten hier erwähnt hatte. Dabei handelt es sich um einen Hybriden aus "müde" und "wütend", der im Laufe der Pandemie erschaffen wurde. Mit Blick auf die ständig steigenden Corona-Zahlen schrieb eine Kollegin vor ein paar Tagen paar Twitter, dass sie bis dahin nicht gewusst hatte, dass sie noch mütender werden könne, als es bisher der Fall war. Und da hatte sie noch nicht die Bilder aus Köln gesehen, wo trotz Pandemie und durch die Decke schießender Zahlen die Karnevalsaison eröffnet wurde und eigentlich alles aussah wie vor Corona.

Eine Woche voller Rekorde

Mögen Sie eigentlich Rekorde? Diese Woche hatten wir gleich mehrere davon: Heute hat die Inzidenz in Deutschland mit 263,7 einen neuen Höchstwert erreicht. Gestern gab es mit 50.196 Neuinfektionen ebenfalls einen neuen Rekord und in Rottal-Inn (Bayern) wurde am Mittwoch eine Inzidenz von 1.104 registriert. Ebenfalls Rekord! In Hessen haben wir aktuell eine Sieben-Tage-Inzidenz von 171,6 und wenn wir auf die Kreise und kreisfreien Städte schauen, dann liegt dort die Stadt Offenbach mit 270,5 vorne. Auch kein guter Wert, aber immerhin weit von Rottal-Inn entfernt. Wichtiger ist aber die Lage in den Kliniken. In Gießen, Alsfeld, Kassel und Weilburg hat man die Besucherregeln bereits wieder verschärft und vor einer bevorstehenden Verschiebung von Operationen gewarnt. Was die Zahl der hospitalisierten Corona-Fälle angeht, sind wir momentan aber zum Glück noch weit davon entfernt, wie es im Winter 2020/2021 war. Falls sich die Zahlen jedoch weiter so entwickeln sollten...

Neue Test-Strategie in Hessen - und neue Maßnahmen in Sicht

Damit es nicht so weit kommt, gilt seit gestern in Hessen eine neue Corona-Test-Strategie: Beschäftigte mit Kundenkontakt müssen sich zweimal pro Woche testen lassen, bei 3G muss es an vielen Orten ein negativer PCR-Test sein und Schülerinnen und Schüler werden fortan dreimal pro Woche getestet. Ausführlich können Sie das noch einmal hier nachlesen. Der Handelsverband kritisierte den kurzen Vorlauf für die neuen Maßnahmen für Beschäftigte mit Kundenkontakt, die zudem auch einen erheblichen Kostenfaktor darstellen würden, während die Gastronomen einen Anstieg an Stornierungen von Reservierungen bemerkten. In der kommenden Woche könnten noch weitere Maßnahmen beschlossen werden, denn dann wird es eine weitere Bund-Länder-Runde geben. Im Raum stehen zum Beispiel Forderungen nach der 3G-Regel für den Arbeitsplatz und einer flächendeckenden 2G-Regel, etwa für Restaurants oder Veranstaltungen.


Trügerische Sicherheit durch 2G-Regel

Dass 2G dabei kein Garant für unbeschwertes Feiern ohne anschließende Corona-Infektion ist, hat sich diese Woche in Freigericht (Main-Kinzig-Kreis) gezeigt: Bei einem Chorkonzert mit 2G-Regel kam es zu einem Corona-Ausbruch. Mindestens 35 Personen haben sich dort infiziert. "2G wird jetzt gerne als der Schlüssel zur Pandemie-Brechung gesehen", sagte der Frankfurter Virologe Martin Stürmer im hr-Interview. Man dürfe aber angesichts der Ausbrüche unter 2G-Bedingungen eines nicht vergessen: "Es ist zur aktuellen Zeit, bei dem aktuellen Infektionsgeschehen durchaus möglich, dass ein Genesener oder ein Geimpfter das Virus in sich trägt und es zur Ansteckung kommen kann." Mehr dazu und was die 2G-Regel mit Fahrradhelmen zu tun hat, können Sie hier nachlesen. Und auch die aktuelle Folge des "NDR Coronavirus Update"-Podcasts mit Christian Drosten möchte ich Ihnen empfehlen. Auch dort geht es unter anderem um 2G, aber auch um die Booster-Impfung.


Schleppende Booster-Impfungen

Denn die ist für alle Menschen sinnvoll, deren zweite Impfung bereits sechs Monate her ist. Das dürften momentan vor allen Dingen ältere Menschen sein, die zu Beginn der Impfungen an der Reihe waren und bei denen der Impfschutz bereits nachgelassen haben dürfte. Bisher ist da noch Luft nach oben: 182.881 über 60-Jährige haben sich in Hessen bislang "boostern" lassen, 252.570 Menschen waren es bei uns bis jetzt insgesamt. Um hier das Tempo zu erhöhen, will die Landesregierung in den nächsten Tagen rund 1,2 Millionen Menschen ab 70 Jahren anschreiben und ihnen quasi persönlich eine solche dritte Impfung nahelegen. Zudem sollten alle Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten direkt ansprechen.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, geht davon aus, dass sich im Herbst und Winter alle Ungeimpften mit dem Virus infizieren werden. "Es ist eine trügerische Sicherheit, wenn die Leute meinen, weil sie nicht zum Karneval gehen oder noch in der U-Bahn eine Maske tragen, sind sie davor geschützt, sich mit Corona zu infizieren", sagte Gassen. "Wir werden erst Ruhe im Sinne einer epidemischen Lage haben, wenn tatsächlich der Großteil der Bevölkerung geimpft oder genesen ist", sagte der KBV-Chef.

 
Gelnhausen sagt Weihnachtsmarkt ab

Karneval ist bei uns in Hessen momentan noch kein so großes Thema, dafür aber die näherrückende Saison der Weihnachtsmärkte. Viele Städte hatten zuletzt angekündigt, die traditionellen Weihnachtsmärkte in diesem Jahr stattfinden lassen zu wollen. Mit Blick auf die steigenden Zahlen hat Gelnhausen jedoch bereits angekündigt, dass es 2021 doch keinen Weihnachtsmarkt geben könne. Aus anderen Städten hieß es, man wolle die Lage im Blick behalten und gegebenenfalls kurzfristig reagieren. Auch von 2G-Weihnachtsmärkten war schon die Rede. Der Weihnachtsmarkt in Frankfurt soll in zwei Bereichen auf die 2G-Regel zurückgreifen und im Gedränge und beim Anstehen auf Maskenpflicht setzen.

Und diese drei Themen habe ich noch für Sie:Die STIKO empfiehlt für unter 30-Jährige nur noch Impfungen mit dem Biontech-Impfstoff. Bei diesen wurde nach Impfungen mit dem Moderna-Impfstoff häufiger Herzmuskelentzündungen festgestellt als beim Biontech-Impfstoff.Viele Hessen und Hessinnen wollen sich einer Umfrage zufolge auch nach der Pandemie bei Händeschütteln, Umarmungen oder Kinobesuchen zurückhalten. Zudem wollen viele auch weiterhin im ÖPNV oder im Supermarkt zur FFP2- oder OP-Maske greifen.Die Pandemie macht uns allen zu schaffen, doch vor allen Dingen bei jungen Menschen machen sich psychische Folgen bemerkbar. Man befürchtet, dass sich die Langzeitfolgen erst noch zeigen werden.

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