affenpokcenVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 168

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Im Zuge des aufkommenden Affenpocken-Infektionsgeschehens auch in Deutschland werden zunehmend Anfeindungen gegenüber bestimmten Personengruppen, wie z. B. gegenüber Männern, die Sex mit Männern haben (nachfolgend MSM) oder afrikanisch gelesenen Menschen, laut. Zuletzt haben die COVID-19-Infektionswellen gezeigt, wie schnell menschenverachtende Vorurteile und Schuldnarrative gegenüber einzelnen Bevölkerungsgruppen, wie z. B. gegenüber asiatisch gelesenen Personen, geschürt und verbreitet werden.

Nicht selten waren und sind soziale Ausgrenzung, verbale Anfeindungen und körperliche Angriffe die Folgen. Mit Blick auf das Affenpocken-Virus ist nun eine ähnliche gesellschaftliche Dynamik zu verzeichnen, die es durch differenzierte Aufklärung und zielgruppenspezifische Information frühzeitig einzudämmen gilt.

Das RKI berichtet mit Stand 30.05.2022, dass in Deutschland im Mai 2022 erste Fälle des Affenpocken-Virus identifiziert wurden: 21 Affenpockenfälle aus sechs Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt) seien bisher ans RKI übermittelt worden. Diese Fälle stünden im Zusammenhang mit weiteren Affenpocken-Fällen, die im Mai 2022 in verschiedenen Ländern außerhalb Afrikas registriert worden waren. Das Besondere an diesen Fällen sei, dass die Betroffenen zuvor nicht – wie bisher in der Vergangenheit – in afrikanische Länder gereist waren, in denen das Virus endemisch ist (West- und Zentralafrika), und dass viele Übertragungen offenbar im Rahmen von sexuellen Aktivitäten erfolgt sein könnten. Soweit bekannt, erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer. Nach derzeitigem Wissen ist für eine Übertragung des Erregers ein enger Kontakt erforderlich, deshalb kann gegenwärtig davon ausgegangen werden, dass der Ausbruch begrenzt werden kann. Weitere Fälle sind in Deutschland zwar zu erwarten, eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland schätzt das RKI nach derzeitigen Erkenntnissen jedoch als gering ein.

Aufgrund dessen, dass sich unter den infizierten Personen laut Berichterstattungen einige MSM befanden, warnen politische Akteur:innen, wie z. B. der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann, sowie queere Interessenorganisationen, wie z. B. die Deutsche Aidshilfe, nun vor der Stigmatisierung der gesamten Bevölkerungsgruppe. Bei den bisher dokumentierten Fällen infizierter MSM handelte es sich nach derzeitigem Kenntnisstand häufig um Infektionsketten in Folge der sozialen Kontextzugehörigkeit. Betroffen waren also insbesondere kleinere private Gruppen/ Communities (wie z. B. im Kontext gemeinsamer Veranstaltungen, bei denen infizierte Personen anwesend waren). In einigen Berichterstattungen wurde diese Differenzierung nicht ausdrücklich vorgenommen, sodass bestehende Vorurteile und Schuldnarrative gegenüber der gesamten Gruppe an MSM - wenn auch ungewollt - erneut aufgegriffen und öffentlich gefestigt wurden.

Richtig ist, dass direkter Körperkontakt sowie der Austausch von Körperflüssigkeiten zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen. Daher sind alle sexuell aktiven Menschen mit (häufig) wechselnden Sexualpartner:innen von einem erhöhten Infektionsrisiko betroffen - insbesondere, aber nicht ausschließlich dann, wenn sie mit diesen ungeschützten Verkehr haben. Am Affenpocken-Virus können letztendlich jedoch alle Menschen - unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und Aktivität - erkranken, da es sich nicht um eine ausschließlich sexuell übertragbare Infektion handelt.

Weitere Informationen zur Thematik gibt das Robert Koch-Institut:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/A/Affenpocken/Affenpocken_node.html;jsessionid=A53A7BC77EA9E01BA2FD6D9C1B33244F.internet062

Foto:
Affenpocken
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