swrbezahlVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 1021

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Ab Januar 2026 wird ein wichtiges Auszahlungsverfahren für Sozialleistungen abgeschafft: Die sogenannte „Zahlungsanweisung zur Verrechnung“ (ZzV) fällt weg. Das ist eine Art „Scheck“ für Menschen ohne eigenes Konto. Die Bundesagentur für Arbeit verweist nunmehr auf die Möglichkeit der Ausgabe einer Bezahlkarte.


Um was geht es?
 

Ab Januar 2026 wird ein wichtiges Auszahlungsverfahren für Sozialleistungen abgeschafft: Die sogenannte „Zahlungsanweisung zur Verrechnung“ (ZzV) fällt weg. Das ist eine Art „Scheck“ für Menschen ohne eigenes Konto. Für viele war das die letzte Möglichkeit, ihre Sozialleistungen z.B. vom Jobcenter in bar zu bekommen. Möglich war die Auszahlung bis zuletzt über eine Postbankfiliale. Die Postbank stellt das Verfahren zum Jahresende ein. Jetzt droht: Wer kein Konto hat, bekommt kein Geld. Das Problem ist den Sozialleistungsträgern spätestens seit Sommer 2025 bekannt. Sie verweisen auf das Basis-Konto, das grundsätzlich einfach eröffnet werden könne. 

Was ist das Problem? 

Viele Menschen können kein solches Basis-Konto eröffnen. Dies nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht können. Wohnungslose, Geflüchtete, Menschen ohne Ausweisdokumente oder mit psychischen Erkrankungen stoßen auf hohe Hürden: Video-Ident-Verfahren, Schufa-Einträge, lange Wartezeiten oder Ablehnungen durch Banken. Der gesetzliche Anspruch auf ein Basiskonto hilft in der Praxis deshalb oft nicht weiter. 

Was sagt das Gesetz heute? 

Nach § 47 SGB I haben Menschen, die Sozialleistungen erhalten, ein Wahlrecht: Sie können sich das Geld entweder auf ein Konto überweisen lassen oder bar auszahlen lassen – zum Beispiel per Scheck oder direkt beim Leistungsträger. Dieses Wahlrecht gilt grundsätzlich für alle Sozialleistungen und ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. V. 16.02.2022, B 8 SO 3/20 R) ausdrücklich bestätigt. 

Bundesagentur für Arbeit: Nutzung von Bezahlkarten möglich 

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, Dr. Joachim Rock, hat in verschiedenen Formaten das zuständige Ministerium auf das Problem aufmerksam gemacht. In einem aktuellen Schreiben des Ministeriums an den Paritätischen wird darauf hingewiesen, dass die Bundesagentur für Arbeit bei Personen, die über kein eigenes Konto verfügen, die Geldleistungen künftig über eine Bezahlkarte zur Verfügung stellen wird. Die Bundesagentur für Arbeit hat eine entsprechende Pressemitteilung für die örtlichen Institutionen in die Fläche verschickt. Diese ist im Anhang dokumentiert und findet sich etwa hier bei der Arbeitsagentur Kiel veröffentlicht. Nach der Information des BMAS händigen die Arbeitsagenturen und gemeinsamen Einrichtungen die Bezahlkarten einmalig an betroffene Kundinnen und Kunden aus. Anschließend werden die Karten monatlich mit der individuell zustehenden Sozialleistung aufgeladen. Die Bezahlkarte funktioniere überall, wo Visakarten akzeptiert werden. Die Karte könnten in zahlreichen Geschäften, Online-Shops und an Geldautomaten genutzt werden. Wie mit einer regulären Bankkarte könnten Einkäufe bezahlt und Bargeld abgehoben werden. Die Regelung gelte zunächst für ein Jahr. 

Auf eine entsprechende Weisung der Bundesagentur werden wir verlinken, sobald diese veröffentlicht ist und uns vorliegt.

Handlungsbedarf bei Jobcentern in kommunaler Trägerschaft 

Wichtig: Die Regelung bezieht sich nur auf die Institutionen im Zuständigkeitsbereich der Bundesagentur für Arbeit. Das sind also lediglich die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter, die als Gemeinsame Einrichtungen organisiert sind. Die Jobcenter in kommunaler Trägerschaft agieren selbstständig. Letztere sind ebenfalls gefordert, praktische Lösungen für die Auszahlung der Leistungen zu etablieren. Nach § 47 SGB I haben hier die Leistungsberechtigten weiterhin einen Rechtsanspruch auf eine Auszahlung auch ohne Konto. Diese rechtliche Verpflichtung müssen die Jobcenter weiterhin beachten. 

Neuregelung des § 47 SGB I 

Der Gesetzgeber beabsichtigt den § 47 SGB I zu ändern. Dies geschieht im Rahmen des Gesetzesvorhaben SGB VI-Anpassungsgesetz. (Verfahrensstand am 15.10.2025 https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/sozialgesetzbuch-6-anpassungsgesetz.html

Künftig soll die Auszahlung von Sozialleistungen im Regelfall nur noch auf ein Konto erfolgen. Barauszahlungen sind nur noch in Härtefällen oder bei unaufschiebbaren Leistungen vorgesehen. Die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Kontoeröffnung liegt künftig bei den Betroffenen. Aber auch nach der geplanten neuen Rechtslage wird es keine Konto-Pflicht geben. 

Dokumente zum Download

251125 Presseinfo BA_2025_Bezahlkarte (125 KB)

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