Serie: Gemeinsames Gedenken an die Bücherverbrennung in Frankfurt am 10. Mai 1933, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das Besondere des diesjährigen 80jährigen Gedenkens an die Untaten der Nazis ist die positive Wendung, die damals verbrannte Literatur heute gezielt 'unters Volk' zu bringen. Dafür wurden bei Verlagen und anderen Exemplare der auf dem Scheiterhaufen gelandeten Bücher erbeten, die am 10. Mai nach der Lesung im Hauptbahnhof von den Zuhörern auf den Römerberg getragen werden, wo die zentrale Kundgebung stattfindet.

 

Wer sie noch nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann dort auch die Gedenktafel an den Mord an den Büchern (gemeint waren ja die Autoren) sichten, vor der seit 16 Uhr öffentliche Lesungen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes stattfinden und zu denen nun die Bücherträger aus dem Hauptbahnhof stoßen und um 18 Uhr 45 ein gemeinsames Grußwort an die Öffentlichkeit richten. Anschließen äußert sich um 19 Uhr der Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth zu den Vorgängen vor 80 Jahren und den Lehren, die daraus zu schließen sind.

 

Auch die Pastorin der Ev.-luth.St. Paulsgemeinde mit der Alten Nicolaikirche am Frankfurter Römerberg kommt zu Wort, bevor die Bücher in das katholische HAUS AM DOM 'überführt' werden und dort in ein leeres Regal gestellt werden, wo sie ausgeliehen werden können. Übrigens kann man auch selbst Bücher mitbringen und spenden!

 

Abendveranstaltungen im Foyer und Großem Saal

 

Im Haus am Dom geht es um 20 Uhr mit dem Vortrag von Lutz Becht, Institut für Stadtgeschichte weiter. Er spricht über zwei Frankfurter Akteure der Bücherverbrennung von damals. Der eine ist der Studentenpfarrer Otto Fricke, der als Feuerredner erst einmal auf die Fallstricke der Nazis reingefallen war und als er ihre Absichten durchschaute, nicht nur heimlich zu ihren Kritikern wurde, sondern als Mitglied der Bekennenden Kirche dies öffentlich tat. Der andere ist der jüdische Lyriker Erich Noth, dessen Bücher auf dem Römerberg unter den zustimmenden Augen Frickes ins Feuer geworfen wurden.

 

Dem Motto des Tages: „VERBRANNTES lesen“ kommt Uta Eckhardt nach, die aus verbrannten Werken rezitieren wird, während Walter Haimann Jazzkompositionen von Mátyás Seiber spielt. Auch seiner soll gedacht sein, denn Mátyás Seiber, Schüler von Zoltán Kodály, war ein ungarischer jüdischer Komponist, der ab 1928 die erste Jazzklasse am Dr. Hoch's Konservatorium leitete, die weltweit überhaupt die erste akademische Jazzklasse war. Er wurde 1933 sofort entlassen und emigrierte nach England. Diese Veranstaltung, wie der ganze Tag, können auch wieder einmal die Wut darüber aufflammen lassen, welche Verbrechen die Nazis auch dadurch begangen haben, daß Sie die Creme deutscher Geistesgeschichte, Musik und Kunstlebens verfolgt, ermordet oder ins Exil trieben, mit der Folge, daß uns heute diese Menschen und ihre Werke, die sie noch geschaffen hätten, fehlen.

 

Veranstalter: Institut für Stadtgeschichte

Katholische Akademie Rhabanus Maurus, Haus am Dom

Kultur & Bahn e.V.

www.hausamdom-frankfurt.de