Bildschirmfoto 2021 02 12 um 20.07.48Auf die Schnelle: Gute Sachbuchliteratur, gebraucht, Teil 62

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was am Buch das Dramatische ist, sind einerseits die Fotos, die vor allem von Ljudmila Alexandrowna Dubinina stammen, aber auch von der zweiten Frau, Sina Kolmogorowa, die zeigen, was auch der Zurückgebliebene aussagte, daß die Stimmung in der Gruppe gut war, wie auch eine Aufnahme auf Seite 198 vom Morgen des letzten Tages zeigt. Das Zweite sind die Erklärungsversuche, auf die wir noch kommen.

Erwähnenswert ist auch, daß sich die Gruppe seit vielen Jahren sowohl auf sportlicher wie auch beruflicher Ebene gut kannte, nur  Semjon Solotarew, stieß neu hinzu. Sie trafen sich im damaligen Swerdlowsk, heute Jekaterinburg, die Route kann man wie gesagt nachvollziehen, aber seltsam ist, daß keine Route dem Institut eingereicht wurde, bzw. dort nicht auffindbar war. Bekannt ist aber, daß die Gruppe eine Tour von 16 Tagen plante und Anfang Februar den Berg Otorten (Höhe: 1235 , etwa 13,6 km Luftlinie entfernt vom Unglücksort) und spätestens am 14. Februar in der Siedlung Wischna eintreffen wollten, von wo sie dann ihre Ankunft telegraphieren wollten, wobei es durch das Gebirge des nördlichen Urals ging, was der höchsten Schwierigkeitsstufe III entsprach.

Zuerst ging man von einer Verspätung aus, denn es ist schon ungewöhnlich, daß erst auf Forderungen der Angehörigen hin, am 21. Februar sich die ersten Suchtrupps auf den Weg machten sowie Erkundungsflüge stattfanden.Das Zelt war gefunden. Als sich eine Gruppe am 27. Februar aufteilte wurden etwa 1,5 Kilometer vom Zelt entfernt die ersten zwei Leichen gefunden. In den nächsten Tagen weitere, die letzten zwei aber erst am 4. Mai. Das lag an den Wetterverhältnissen, weil alle Leichen im weiteren Bereich des Zeltes aufgefunden wurden.

Bildschirmfoto 2021 02 12 um 20.12.23Im Buch werden die Obduktionen der einzelnen Toten auch deshalb so ausführlich dargestellt, weil die Todesursachen extrem unterschiedlich sind und Erfrieren oft nur zusätzlich dazu kam. Das ist deshalb so wichtig, weil aus den Ergebnissen der Obduktion und schon zuvor das Auffinden der Leichen ohne Schuhe und halbnackt, teilweise ohne Augäpfel, Abschürfungen, Knochenbrüche, Schädelverletzungen durch einen stumpfen Gegenstand, weiß gewordene Haare und Verbrennungen auch die unterschiedlichen Hypothesen über die Todesarten resultieren. Die allerdings müssen Sie selber nachlesen. Dazu gehört auch, daß einer der Toten in einem zugelöteten Zinksarg an anderer Stelle beerdigt wurde und die Angehörigen nicht teilnehmen durften.

Es gibt also verschiedene Hypothesen: Der Verfasser nimmt den KGB als Handelnden, der einige aus der Gruppe, insbesondere den Ingenieur mit Dingen wie mit Isotopenstaub kontaminierter Kleidung ausstattete als Hinweis auf das radioaktiven Strontium 90 eines U-Boot-Anstrichs , was sie Agenten eines ausländischen Geheimdienstes – natürlich der CIA der Amerikaner - übergeben sollten, um sie auf falsche Fährte zu lenken....Das lief jedoch aus dem Ruder. Die Toten Opfer eines fehlgeschlagenen KGB-Versuchs?! Die Mörder die Amerikaner? Das scheint abenteuerlich und führt zum Untertitel mit dem Kalten Krieg. Erklärt wird es mit Merkwürdigkeiten derart, daß das Zelt von innen aufgeschnitten war, 18 Gamaschen im Zelt zerrissen waren, ein Teil der Toten nur notdürftig bekleidet war und abgeschnittene Kleidungsstücke bei anderen lagen. Wir können das Ausmaß der Unstimmigkeiten überhaupt nicht aufführen, so viele sind es. Wir wollen auch darauf hinweisen, daß ganz ernsthaft das Vorhandensein eines Yeti, der gemordet habe, angezogen wurde wie auch Verseuchungen der Gegend durch unbekannte gefährliche Versuche der UdSSR, da radioaktive Spuren gefunden wurden, für die es aber durchaus Erklärungen gibt. Am meisten allerdings wurde von der Bevölkerung auf Ufo-Phänomene verwiesen, seltsame Wetter- und Objektphänomene am Himmel. Eine Theorie sagt aus, daß diese Ufo-Phänomene von Raketenversuchen (Sputnikzeit!) herrührten, die schief gingen und die Gruppe trafen?

Ehrlich gesagt, ist man nach 670 Seiten fix und fertig, aber doch froh, mit etwas so Existentiellem und letztlich Unaufgeklärtem konfrontiert worden zu sein.

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Info:
Aleksej Rakitin, Die Toten vom Djatlow-Pass. Eines der letzten Geheimnisse des Kalten Krieges, btb-Verlag 2018
ISBN 978 3 442 71604 3