Buge McWeir 72 dpiFR-Redakteur Lutz „Bronski“ Büge liest am 28. Oktober im Bibliothekszentrum Sachsenhausen

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Welche Kriterien zeichnen ein echtes Killervirus aus?

Erstens: Hohes Ansteckungspotenzial und leichte Übertragbarkeit. Zweitens: Hohe Sterbequote. Drittens: Mieses Image. Denn Panik bringt das gesellschaftliche Zusammenleben zum Erliegen. Viertens: Keine Gegenmittel.

So beginnt Lutz Büges Thriller „Virenkrieg“, das erste Buch eines fünfbändigen Zyklus. Es geht um Biowaffen, Geheimorganisationen in den USA und in der arabischen Welt sowie um Menschen, die folgenreiche Entscheidungen treffen müssen. Und nicht zuletzt und vor allem um die Menschheit, die am Rande ihres Auslöschens steht.

Lutz Büge, Jahrgang 1964, geboren in Eutin, lebt seit 2010 in Offenbach am Main, davor in Frankfurt am Main und in Freiburg i. Br. Er verantwortet unter dem Pseudonym „Bronski“ das Leserforum der „Frankfurter Rundschau“ und das FR-Blog im Internet.
Büge ist Autor mehrerer Spannungsromane, die um historische Ereignisse kreisen. So findet das alte Ägypten Ausdruck in den Büchern „Der Osirispunkt“ und „Der hölzerne Pharao“. Im Science-Fiction-Thriller „Genetics“ verarbeitet er die Diskussion über Genmanipulation.

Sein nunmehr vollständig vorliegender fünfbändiger „Virenkrieg“-Zyklus zählt zur Gattung jener Reality-Thriller, die tatsächliche historische Ereignisse im Sinn einer virtuellen Geschichtsschreibung schlüssig weiterdenken und fiktiv weitererzählen.

Im Mittelpunk der umfangreichen und extrem spannenden Erzählung steht der deutsche Biochemiker Jan Metzner. Von der illegalen US-Organisation FAD (Foreign Affairs Division, einer Einsatztruppe der fiktiven Geheimorganisation SCOUT) entführt, wird er zum Köder für seinen amerikanischen Freund Michael Schwartz, der im Labor Al-Isra der „Islamischen Allianz“, einer unterirdischen Festungsanlage in der libyschen Wüste, an der Dechiffrierung der Zwei-Komponenten-Biowaffe Skylla & Charybdis forscht. An diesem Gift starb Schwartz‘ Vater, der US-Senator Phil Schwartz. Auch gegen andere Politiker, die als vehemente Kritiker des militärisch-industriellen Komplexes der USA gelten, werden Attentate vorbereitet. Ebenso stehen die Führungspersönlichkeiten der liberalen „Islamischen Allianz“ auf der Todesliste der Rüstungslobby, die sich ihre eigene Definition von Globalisierung nicht von Demokraten streitig machen lassen will.

Metzner gelingt es, die Elemente dieser Biowaffe zu entschlüsseln. Al-Isra, das ihm Schutz vor den amerikanischen Geheimdiensten gewährt, entlässt ihn jedoch nicht in die Freiheit, sondern verlangt von ihm, eine weitere Biowaffe zu enträtseln. Dieses Swat Valley Virus, benannt nach einer Region in Pakistan, wo ihm bereits Millionen Menschen zum Opfer fielen, soll unschädlich gemacht werden. Bisherige Indizien legen die Vermutung nahe, dass es sich um einen ursprünglich harmlosen Pilz handelt, der in US-amerikanischen Geheimlabors zur Mutation gebracht wurde. Und einer der bedeutendsten US-Wissenschaftler, der Genetiker und Mikrobiologe sowie Nobelpreisträger Samuel McWeir, soll daran beteiligt gewesen sein. Er war der Doktorvater von Michael Schwartz und starb auf rätselhafte Weise in Seattle, wo er zuletzt als Hochschullehrer tätig war.

Die inhaltliche Folie der Romane wird gebildet von im Hinter- und Untergrund operierenden US-Geheimdiensten, die teils legal, teils illegal sind. Sie haben entweder im Auftrag autoritärer Präsidenten wie Lyndon B. Johnson oder George W. Bush oder auf Veranlassung des militärisch-industriellen Komplexes die Rüstungsspirale weiter nach oben gedreht und ein Arsenal an biochemischen Waffen entwickeln lassen, die auch gegen politische Gegner im Innern eingesetzt werden. Lutz Büge subsumiert das Geflecht der mit- und gegeneinander arbeitenden Dienste in der fiktiven Geheimorganisation SCOUT. Sie verkörpert sowohl in ihrer Struktur als auch in ihren Zielen den intransparenten und extrem aggressiven militärisch-industriellen Komplex.

Bereits US-Präsident Dwight D. Eisenhower warnte anlässlich seiner Verabschiedung im Januar 1959 vor dessen Einfluss. Dieser sei in der Lage, die demokratischen Prozesse zu gefährden. Doch allem Anschein nach warnte er vergeblich.

Denn die wegen gigantischer Fehleinschätzungen missglückte Invasion in Kuba 1961, die in der Schweinebucht ihr Ende fand, offenbarte die Strukturen des Geheimdienstes CIA, der sich unter seinem Leiter Allen Welsh Dulles (dem jüngsten Bruder des langjährigen Außenministers John Foster Dulles) demokratischer Kontrolle entzogen hatte und zum Instrument von Kalten Kriegern und Rüstungsindustrie geworden war. Präziser geplant von Geheimdienst und militärischer Abwehr war die Ausweitung des Vietnamkriegs auf Nordvietnam 1964. Diese Eskalation wurde gegenüber der Öffentlichkeit als Vergeltungsmaßnahme eines Angriffs vietnamesischer Torpedoboote auf US-Kriegsschiffe im Golf von Tonkin bezeichnet. Allerdings hatte es eine solche nordvietnamesische Attacke nie gegeben. Auch der Irak-Krieg von 2003, für den gefälschte Beweise über den Besitz Iraks an biologischen, chemischen und atomaren Waffen herhalten musste, ist das Ergebnis des Zusammenspiels von wirtschaftlichen und militärischen Interessen unter Umgehung von Parlamenten und parlamentarischen Kontrollgremien.

Diese Vorgänge müssen allein wegen ihrer Opfer beunruhigen. In Vietnam waren insgesamt ca. 1,3 Millionen tote Soldaten des Südens und des Nordens sowie ca. 65.000 Soldaten der USA und ihrer Verbündeten und über 3 Millionen Zivilisten zu beklagen. Unzählige Menschen wurden Opfer des toxischen Entlaubungsmittels „Agent Orange“, das von den US-Firmen „Dow Chemical“ und „Mobay“ (Anteilseigner Monsanto und Bayer!) bereitgestellt wurde. Das Herbizid war mit einem Giftstoff aus der chemischen Familie der Dioxine verunreinigt, der sich im Produktionsprozess automatisch bildete.

Und immer wieder spielen dabei Geheimdienste, die international operieren, eine fragwürdige Rolle. So baute der CIA unter dem Decknamen „Operation Zipper“ in der Bundesrepublik die „Organisation Gehlen“ auf, den Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes. Und die Amerikaner störten sich nicht an der Nazi-Vergangenheit vieler Mitarbeiter.
Ebenso gehen Aufbau und Unterhalt paramilitärischer Organisationen in Westeuropa auf ihr Konto. Diese Gruppierungen wurden Stay-behind-Organisationen genannt und sie sollten im Fall einer Krise in den Ostblockstaaten eingreifen, quasi als Vorstufe zu einer endgültigen militärischen Auseinandersetzung.

1953 war die CIA am Sturz des iranischen Ministerpräsidenten Mossadegh beteiligt, der die Erdölindustrie verstaatlichen wollte. Erfolgreich war man auch mit der Ermordung von Patrice Lumumba, dem Anführer der kongolesischen Unabhängigkeitsbewegung. An der Verfolgung und Ermordung Che Guevaras 1967 in Bolivien war der Dienst entscheidend beteiligt. Ebenso wird ihm der Putsch gegen den chilenischen Präsidenten Allende von 1973 angelastet.

Der bis heute rätselhafte Mord an Präsident Kennedy 1963 wurde immer wieder mit dem seit der fehlgeschlagenen Kuba-Invasion gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Kennedy und der CIA in Verbindung gebracht, handfeste Beweise dafür gibt es jedoch nicht. Allerdings fällt auf, dass ausgerechnet der langjährige CIA-Direktor Allen W. Dulles, der von Kennedy nach dem Schweinebucht-Desaster entlassen wurde, zum Mitglied der Warren-Kommission berufen worden war, die das Attentat aufklären sollte. Die Warren-Kommission hielt die Einzeltäterschaft von Lee Harvey Oswald für eindeutig nachgewiesen und berücksichtigte andere Ermittlungsansätze nicht. Vor allem nicht jene, die auf zwei oder drei Täter hindeuteten.

Im Reality-Thriller VIRENKRIEG geht es um Geheimdienste und geheimdienstähnliche Organisationen, die Strukturen aufweisen, die den US-amerikanischen Auslandsgeheimdiensten CIA (Central Intelligence Agency) und NSA (National Security Agency) ähnlich sind. Letztere überwacht weltweit die Überzeugungen und Aktivitäten von Staaten, Politikern und Bürgern. Im Rahmen der „Intelligence Community“, des Zusammenschlusses aller 17 US-Nachrichtendienste, arbeitet sie intensiv mit dem „Department of Homeland Security“ zusammen und ist faktisch auch als Inlandsgeheimdienst tätig, der international und national erhobene Daten zusammenführt und auswertet. CIA und NSA bedienen sich beim Ausspähen ziviler Personen und Objekte insbesondere kommerzieller Netzwerke wie Facebook, WhatsApp, YouTube oder Internetsuchmaschinen wie Google und Bing.

Die Titel der einzelnen VIRENKRIEG-Romane lauten:

Virenkrieg
Skylla
Incubus
Evan
McWeir

Parallel dazu ist ein Kurzroman mit dem Titel „Die JFK-Akten“ erschienen, der die Vorgänge bei der Nichtaufklärung des Kennedy-Attentats in spekulativer Weise schildert. Sämtliche Bände sind im Ybersinn-Verlag, Offenbach, erschienen und im Buchhandel erhältlich.

Die von der Literaturinitiative PRO LESEN e.V. veranstaltete Lesung findet am 28. Oktober im Bibliothekszentrum Sachsenhausen statt, Beginn 19:00 Uhr, der Eintritt ist frei. Wegen der Corona-Pandemie ist eine Anmeldung per E-Mail notwendig: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Es greift die 3G-Regel.

Foto:
Umschlag des fünften Bands: McWeir
© Ybersinn Verlag, Offenbach