Am 1. Dezember jährte sich zum zehnten Mal der Todestag der Schriftstellerin Christa Wolf, Teil 6Juliane Schätze
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – An der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main übernimmt sie 1982 die Poetik-Vorlesungen, die Genehmigung lag schon 1978 vor. Das war nach 1964 im Club Voltaire und 1974 eine Lesung auf der Buchmesse, ihr dritter Besuch in Frankfurt. Ihre Tätigkeit ist angefüllt von Lesereisen, Gastprofessuren, Preisverleihungen und Laudationen im westlichen Ausland.
1986 bestimmt der P.E.N. (West) sie als Ausdruck des Alleinvertretungsanspruchs zur Vertreterin der DDR für den Internationalen P.E.N.-Kongress in Hamburg. Das führt zum Eklat mit dem P.E.N. (Ost), der sich vorbehält, ein eigenes Mitglied zu nominieren, das zudem den Schriftstellerverband vertritt. Da Christa Wolf zwar formal noch dem Verband angehört, aber es de facto keine Zusammenarbeit mehr gibt, komme sie nicht in die nähere Wahl. Dennoch nimmt sie am Kongress teil.Mit der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, 1986, findet sie ihre Skepsis gegenüber der Technikgläubigkeit, Wissenschaftseuphorie und Männerdominanz auf verheerende Weise bestätigt. Als literarische Aufarbeitung entsteht 1987 ihr Essay „Störfall“. Sie festigt damit ihre Position als Wissenschaftskritikerin und Feministin in Ost und West.
Zum 40. Jahrestag der DDR spitzt sich die politische Konstellation zu. An der Demonstration für Gorbatschow nehmen auch Christa Wolfs Tochter Annette und der Schwiegersohn teil. Sie werden verhaftet. Um Näheres zu erfahren, wendet sie sich an Gregor Gysi, der nicht helfen kann, aber mögliche Ansprechpartner nennt. Am nächsten Mittag werden Tochter und Schwiegersohn freigelassen.
Foto:
Bemerkenswerter Weise ist ihre Vorlesung auf einem Großfoto in der U-Bahn-Station Bockenheimer Warte dokumentiert. Dort, wo früher die Goethe-Universität ihren Platz hatte - heute ist sie meistenteils auf dem IG-Farbengelände mit dem IG-Hochhaus und dem Casino, beides von Hans Poelzig für die IG-Farben ab 1928 repräsentativ erbaut, - sind in der zugehörigen U-Bahn-Station die Wände mit Fotos aus dem universitären Betrieb überzogen. Dort kann man sich beispielsweise selber als Studentin sehen oder Freunde als Studenten. Schaut man genau hin, ist dieses Foto von Barbara Klemm, FAZ sehr eigentümlich, denn es liegt sowohl Spannung wie Trauer über dem Bild. Die Gesichter sind sehr ernst.
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Fortsetzung folgt
Info:
Die Serie zu Christa Wolf
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