Bildschirmfoto 2022 05 31 um 03.15.48Deutscher Sachbuchpreis geht an Stephan Malinowski für „Die Hohenzollern und die Nazis"

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Nun ist es heraus, wer diesmal den ersten Preis erhält, denn preiswürdig waren ja alle, aber am Montagabernd konnte im Berliner Humboldt-Forum nur einer den Siegertitel des Deutschen Sachbuchpreises 2022 bekannt gegeben. Dieser Titel, der von den acht nominierten Büchern nun das Rennen gemacht hat, war auch der Favorit der Leser und Leserinnen.

Der Gewinner des Deutschen Sachbuchpreises 2022 ist Stephan Malinowski. Er erhält die Auszeichnung für sein Werk „Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“ (Propyläen). Malinowski, 1966 in Berlin geboren, lehrt Europäische Geschichte an der University of Edinburgh und ist einer der Gutachter zu den Entschädigungsforderungen der Hohenzollern gegen den deutschen Staat, in denen es um wertvolle Güter, Kunst und Immobilien geht, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Sowjets enteignet wurden.

Stephan Malinowski erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die sieben weiteren Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro.

 Die Begründung der Jury

„Wer bestimmt die Lesart der Vergangenheit? Stephan Malinowski hat ein ausgezeichnet recherchiertes und brillant erzähltes Buch über die Rolle der Hohenzollern seit 1918 geschrieben. In der Frage, ob das Herrscherhaus dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet hat, ist die Antwort Malinowskis eindeutig: Beim Aufbau des „Dritten Reichs“ schmiedeten die Familie und die NS-Bewegung eine symbolisch-politische Allianz. Das Buch verbindet soziale und politische Zeitgeschichte mit einem Familienporträt und ist zugleich eine glänzende Milieustudie konservativer und rechter Republikfeindlichkeit. Es zeichnet sich durch stringente Argumentation und souveräne Quellenkenntnis aus. Malinowski gibt eine überzeugende Antwort auf die Restitutionsforderungen der Hohenzollern und verteidigt zugleich die Wissenschaftsfreiheit gegen Widerstände.“

Jurysprecherin Tania Martini über die Juryarbeit

"Man sollte gute Argumente haben, einen Werkzeugkasten an Kriterien – und man sollte harte Diskussionen nicht scheuen". Zu den Kriterien gehörten: analytische Schärfe, stringente Argumentation, gutes Erzählen und eleganter Schreibstil, eine thematische, gesellschaftliche Relevanz – und das Buch soll nicht populistisch sein.

Auf den Erfolg

An die Preisverleihung schloss sich ein Empfang an, bei dem Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, die Vorsteherin Schmidt-.Friderichs und viele weitere Gäste den Autor:innen gratulierten

 

Die nominierten Titel

Stephan Malinowski dankte am Rednerpult seinem Verlag, vor allem Kristin Rotter, der Programmleiterin Propyläen der Ullstein Buchverlage. Aber auch "ungefähr" 50 weitere Personen seien wichtig für das Entstehen des Buches gewesen, so Malinowski, vor allem sein Freund und Rechtsanwalt, der ihn gegen die seit 2015 immer wieder eingereichten Klagen der Hohenzollern gegen seine Aussagen verteidigt. Im Telegrammstil fasste Malinowski zusammen, worum es in seinem Buch geht: Die zentrale Frage, warum 1933 die nationalsozialistische Diktatur hergestellt werden konnte, und für deren Beantwortung Malinowski neue Blickwinkel einnimmt. Die Geschichte der Hohenzollern sei ein Lehrstück über Propaganda, wie alternative Fakten in der Erzählung der Hohenzollern über sich selbst etabliert wurden.


Stimmen

Jürgen Kaube, der Preisträger des Vorjahres, möchte ich Ihnen mitgeben: Lesen Sie auch die anderen nominierten Bücher.

"Der Deutsche Sachbuchpreis ist in diesem Jahr wie ein Spiegel unserer Zeit. Die nominierten Bücher beschreiben, was uns gerade beschäftigt, was uns ohnmächtig macht, aber auch, was uns Hoffnung gibt. Dass eine Reihe von Büchern das erreichen kann, zeigt, was Sachbücher vermögen: Sie helfen, die Welt, in der wir leben, besser zu verstehen – auf Basis gründlicher Recherche und gesicherter Fakten. Deshalb bereiten wir ihnen mit dieser Auszeichnung eine Bühne."
Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs bei der Preisverleihung

Der Jury für den Deutschen Sachbuchpreis 2022 gehören an:

Stefan Koldehoff (Deutschlandfunk),
Dr. Klaus Kowalke (Buchhandlung Lessing & Kompanie),
Tania Martini (die tageszeitung, Jurysprecherin),
Prof. Dr. Meron Mendel (Bildungsstätte Anne Frank), Dr. Jeanne Rubner (Technische Universität München),
Denis Scheck (ARD) und
Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger (Wissenschaftskolleg zu Berlin).

Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 244 Titel gesichtet, die ab Mai 2021 erschienen sind. Aus diesen Sachbüchern hat die Jury eine acht Titel umfassende Nominierungsliste zusammengestellt:


Bildschirmfoto 2022 05 31 um 03.04.16Die 2022 nominierten Werke:

Bettina Baltschev: Am Rande der Glückseligkeit. Über den Strand (Berenberg Verlag, Mai 2021)
Alice Bota: Die Frauen von Belarus. Von Revolution, Mut und dem Drang nach Freiheit (Berlin Verlag, Juli 2021)
Stefan Creuzberger: Das deutsch-russische Jahrhundert. Geschichte einer besonderen Beziehung (Rowohlt Verlag, März 2022)
Samira El Ouassil & Friedemann Karig: Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien – wie Geschichten unser Leben bestimmen (Ullstein Verlag, Oktober 2021)
Ludwig Huber: Das rationale Tier. Eine kognitionsbiologische Spurensuche (Suhrkamp Verlag, Dezember 2021)
Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration (Propyläen Verlag, September 2021)
Steffen Mau: Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert (Verlag C.H.Beck, August 2021)
Natan Sznaider: Fluchtpunkte der Erinnerung. Über die Gegenwart von Holocaust und Kolonialismus (Carl Hanser Verlag, Januar 2022)

Foto:
Kulturstaatsministerin Claudia Roth
© Monique Wüstenhagen

Info:
Über den Preis

Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels verleiht den mit insgesamt 42.500 Euro dotierten Deutschen Sachbuchpreis in diesem Jahr zum zweiten Mal. Ausgezeichnet wird ein herausragendes, in deutscher Sprache verfasstes Sachbuch, das Impulse für die gesellschaftliche Auseinandersetzung gibt. Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist Schirmfrau des Deutschen Sachbuchpreises. Hauptförderer des Preises ist die Deutsche Bank Stiftung, darüber hinaus unterstützt die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss die Auszeichnung.

Ab der Nominierung begleitet eine öffentlichkeitswirksame Kampagne die Bücher - unter anderem mit einer Matinee im Humboldt-Forum (zur Aufzeichnung), einem Sachbuch-Slam, Lesungen (nicht nur) im Buchhandel (zu den Veranstaltungsterminen).

Der Deutsche Sachbuchpreis wird in diesem Jahr erstmals auch im digitalen Raum vergeben. Die Urkunde wird auf der Blockchain für den Preisträger in einmaliger und nicht kopierbarer Form eingeschrieben. Creatokia, die NFT-Plattform für die Buchbranche, hat einen virtuellen Showroom zum Deutschen Sachbuchpreis 2022 veröffentlicht.