Ausstellung in Hannover und Hörbuch von Stefan Lukschy, Teil 2

 

Felicitas Schubert

 

München (Weltexpresso) – Nach der vierten CD mit der Gesamtspielzeit von 5 Stunden und 21 Minuten ist man traurig, daß das akustische Loriot Porträt vorbei ist, denn man hätte noch jahrelang den Anekdoten, den Ereignissen um Loriot, bzw. den Interpretationen von Stefan Lukschy lauschen mögen, der als Loriots Weggefährte und Vertrauter zum 90sten Geburtstag im November 2013 zusammengetragen hat, was ihm das Wichtigste schien.

 

 

Im gleichnamigen Buch, das wir nicht kennen, muß noch mehr stehen, denn es handelt sich bei diesem Hörbuch um eine 'gekürzte, autorisierte Lesung', von Axel Hacke zudem, der seine Sache sehr gut macht, denn wir vergaßen den Sprecher oft des Inhalts, über den wir uns amüsierten, besonders, wenn wir etwas nicht kannten, aber eben auch, wenn wir es schon kannten. So, wie es eine Auszeichnung ist, wenn man dem Inhalt lauscht, ohne sich des Sprechers ablenkend bewußt zu werden – was sehr oft passiert! - genau ist es ein Werturteil über einen Witz, einen Sketch, eine humorige Begebenheit, wenn man auch nach dem 10.Mal über sie lacht, als wäre es das erste Mal.

 

Daß bei Loriot zudem mit dem Lachen auch immer ein kleiner Kloß entsteht, der im Halse stecken bleibt, ist eben auch so ein Gütezeichen, denn ein Lachen ohne anschließende Reflektion, was daran so komisch, so kennzeichnend, so absurd war, wäre nur die Hälfte wert. Aber im Hörbuch geht es nicht nur – aber Gott sei dank auch immer wieder um den originalen Loriot in Bild und Ton – um die vielen Rundfunk und Fernsehbeiträge, die für die alte Bundesrepublik ein für alle mal im kulturelle Gedächtnis festgeschrieben sind, sondern es gibt daneben zwei weitere Hauptsachen: das ist das Kennenlernen, das private und professionelle Befreundetsein von Vicco von Bülow und Stefan Lukschy, das durch sehr eindrückliche Beispiele dokumentiert wird einerseits und andererseits, daß uns Lukschy in seinem Loriot-Porträt vorführt, in welcher akribischen Weise sich von Bülow auf seine persönlichen oder bildlichen Vorstellungen vorbereitet hat. Das Gute ist für ihn der Feind des Besten. Für weniger war er nicht zu haben, dieser Freiherr, der ein freier Herr war.

 

Keine Ahnung, welchen Rangs sein Adel als Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow ist, aber das Wortspiel mit dem freien Herrn mußte einfach sein, denn über alle Kunst und Kunstfertigkeit hinaus lernen wir in diesem Porträt auch einen unerschrockenen und freien Geist kennen, dem gute Manieren und Mitmenschlichkeit so wichtig waren wie die Lacher, die er auf seiner Seite hatte. Seine Familie kommt aus Brandenburg, was das Land bedeutet, aber auch die Stadt an der Havel, wo er am 12. November geboren wurde. Gelebt hat er in Berlin und Nach der Wende 1991 kommt es zu wirklich rührenden Besuchen und Erinnerungen an seine Heimat.

 

Erst lebte er in Hamburg, wo er auch Abitur gemacht hatte und wo er Rose-Marie, genannt Romi heiratete und mit ihr zwei Töchter bekam, aber schon seit 1963 lebte die Familie in Ammerland am Starnberger See. Nur nebenbei streut Lukschy Privates aus von Bülows Leben ein, denn insgesamt ist dies ein Bericht über den Hauptdarsteller seiner selbst, den begnadeten Schauspieler Loriot, über den Regisseur, über den, der die Bühne genauso mitübernahm wie die Kostümbildnerei, weil alles aus einem Guß sein sollte, damit es durchschlagend und richtig wurde. Und das in allen Medien. Er beherrschte den Stift und das Papier – wozu ihn der Vater ermutigt hatte, zum Zeichnen als Karikaturist und zum Texten als Humorist, er konnte dem Rundfunk jede Nuance des Tons bieten und schließlich im Fernsehen bundesdeutsche Fernsehgeschichte schreiben. Ja, es ist so, sagen die Politiker aus Lüdenscheid in NRW. Es kommen immer wieder Leute und fragen nach Müller-Lügenscheid. Daß die Loriotfigur eigentlich Müller-Lüpenscheidt heißt und sehr wohl vom gleichnamigen Ort zu unterscheiden ist, ist überhaupt nicht wichtig. Wichtig ist, daß eine Figur aus HERREN IM BAD, die Loriot am 15. Juni 1978 in Bremen ausstrahlen ließ, in Deutschland bekannter ist als die Kreisstadt des Märkischen Kreises im Sauerland, die immerhin 73 336 Einwohner zählt. Aber wir waren noch bei den Medien, denn auch der Film mit PAPPA ANTE PORTAS und ÖDIPUSSI sind Sittenbilder der Bundesrepublik und auch in ihnen spielt seine professionelle Lebenspartnerin Evelyn Hamann die weibliche Hauptrolle.

 

Wir sind froh darum, daß so viele der Sketche der Siebziger und Achtziger Jahre im Hörbuch Erwähnung finden, denn eigentlich hat dieses Hörbuch von Stefan Lukschy auch die Funktion, uns süchtig zu machen nach den Originalen in Form der CDs, DVDs und Bücher aus dem Diogenes Verlag. Ganz interessant, wie es dazu kam, denn die Freundschaft zwischen Autor und Verleger Daniel Keel begann schon um 1954. Er war es, der sich traute, den damals noch ungeliebten LORIOT überhaupt zu verlegen. Seine Sternserie wurde mangels Traute der Redaktion, bzw. des Chefredakteurs Henri Nannen eingestellt. Zu sehr empörten sich die Spießer über die Karikaturen, in denen sich die Hunde mal so richtig über die Menschen ausließen. Die Serie „Auf den Hund gekommen“ kehrte die Verhältnisse einfach um. Nicht einmal Rowohlt zeigte Interesse. Werden die sich im Nachhinein geärgert haben, denn Vicco von Bülow wurde ein Kassenschlager.

 

Was uns im Hörbuch am besten gefiel, war dann die gemeinsame Liebe von Autor und dem Porträtierten zur Musik, speziell zur Oper, für die von Bülow den jüngeren Stefan erst gewann. Wie Schluss zum engen Mitarbeiter wurde, was die Aufnahmen und die Technik angeht, also gewissermaßen sein Ohr zur Welt darstellte, ist zu Beginn spannend dargestellt. Aber zurück zur Oper. Den Kontinent Wagner hat von Bülow gerne betreten und andere mitgenommen. LORIOTS Kleinen Opernführer sollte man sich auf jeden Fall zulegen, wie überhaupt zu Buch, Hörbuch, den vielen vielen Loriots aus dem Diogenes Verlag und den Ton- und Filmdokumenten zuzuraten ist. Denn dieses Hörbuch macht Lust auf mehr Loriot, auf immer mehr.

 

P.S. Na gut, müssen wir das noch mal erwähnen. Diesen alten Hut. Loriot. Darauf kam Vicco von Bülow als Pseudonym oder doch besser als Kunstfigur sehr rasch, denn er nutzte das Wappentier seiner Familie, in dem ein Pirol vorkommt, der auf Französisch Loriot heißt. Wie passend, daß der Vogel des Jahres 2013 der Pirol war und zusammenfiel mit Loriots 90 Jahre Geburtstag.

 

Stefan Lukschy, „Der Glückliche schlägt keine Hunde“. Ein Loriot-Porträt. Random House audio, gelesen von Axel Hacke, 2013