Bildschirmfoto 2025 09 16 um 22.45.34Das Finale zum Deutscher Buchpreis 2025 ist eingeläutet, Teil 4
 
Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das ist immer einer der spannensten Momente, wer von der Zwanzigerliste nun bei den letzten Sechs dabei ist, die Voraussetzung - und das ist dann das Spannendste - den Deutschen Buchpreis 2025 zu gewinnen. Weiter kommen Elminger, Erdmann, Kicaj, Melle, Sironic, Wunnicke! Vier Frauen und zwei Männer. Auffällig auf den ersten Blick, daß es sechs verschiedene Verlage sind, deren Autoren weiterkommen und daß weder Suhrkamp, noch Rowohlt, noch ...dabei sind. Von den großen Literaturverlage der Carl Hanser Verlag und Kiepenheuer & Witsch und auch Ullstein, jetzt park x ullstein genannt. Aber daß der wirklich renommierte Wallstein Verlag, Ecco und der Berenberg Verlag dabei sind, ist schon eine kleine Sensation. Statistisch: eine Schweizerin, fünf Deutsche,, davon eine Deutsche, die in Wien lebt. Aber eben keine österreichische Autorin dieses Jahr. 

Natürlich geht es nicht um statistische Werte, aber diese sind interessant, so lange die Bücher nicht rezensiert werden. Bleiben wir erst einmal bei den Ausgewählten: Die Jury hat diese sechs Romane für die Sechserliste zum Deutschen Buchpreises 2025 ausgewählt:


Dorothee Elmiger: Die Holländerinnen (Carl Hanser Verlag, August 2025)
Kaleb Erdmann: Die Ausweichschule (park x ullstein, Juli 2025)
Jehona Kicaj: ë (Wallstein Verlag, Juli 2025)
Thomas Melle: Haus zur Sonne (Verlag Kiepenheuer & Witsch, August 2025)
Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft (Ecco Verlag, März 2025)
Christine Wunnicke: Wachs (Berenberg Verlag, März 2025)



Jurysprecherin Laura de Weck, Schweizer Radio und Fernsehen: „Kein Zufall, dass wir mit der Shortlist des Jahres 2025 in psychologische, gesellschaftliche und politische Abgründe blicken: Sei es tastend, versponnen, mit Witz oder Radikalität, dabei immer hochliterarisch. So unterschiedlich die Erzählweisen und die Sprachgestaltung sind, so scheinen die Romane miteinander zu korrespondieren, zum Beispiel in Themen wie Gewalt, aber auch Zärtlichkeit: Bei Kicaj knirschen Kriegsverbrechen auch nach Jahrzehnten im menschlichen Gebiss, bei Erdmann verändert ein Amoklauf die Psychologie einer ganzen Stadt, Melle fragt in einem manisch-literarischen Ritt, wie selbstbestimmt der moderne Mensch ist. Während Sironic sich der fortgeschrittenen Klimakrise mit Karacho und Liebe annimmt, folgen wir bei Wunnicke im vorrevolutionären Frankreich zwei Frauen, die sich aus Konventionen so gar nichts machen; und Elmiger malt die Dunkelheit, die alles umfängt, wenn Frauen plötzlich verschwinden. Klingt düster? Nein. Jede Lektüre auf der Shortlist ist ein Befreiungsschlag.“

Das klingt, als ob die Auswahl nach inhaltlichen Kriterien der Handlung ausgewählt wurden, also eine Einheit, eine Melange hergestellt wurde zwischen diesen sechs Titeln. Von den Genannten sind bisher zwei in den Besprechungen groß herausgekommen. Das ist zum einen Dorothee Elminger mit DIE HOLLÄNDERINNEN und Thomas Melle mit HAUS ZUR SONNE. Beide Autoren sind feste Größen im Literaturbetrieb und hatten auch bisher mit dem Deuschen Buchpreis zu tun. Dorothee Elminger ist mit einer fulminanten, völlig ungewöhnlichen Abhandlung AUS DER ZUCKERFABRIK 2020 aufgefallen und Thomas Melle stand sogar schon öfter auf der Liste der letzten Sechs zum Deutschen Buchpreis. 

Fragt sich, was mit den anderen vierzehn Autoren und Autorinnen ist, die nicht weitergekommen sind. Darunter ebenfalls Namen, die schon auf vorherigen Listen der letzten Sechs standen. Aber das gehört zu den Grausamkeiten einer 'Bestenauswahl', die ja immer subjektiv bleibt und eben nichts aussagt, über die wirkliche literarische Qualität eines Romans. Das als Trost für die Ausgeschiedenen und auch als Trost für die, die gar nicht auf die Auswahl der Zwanzigerliste kamen. Immerhin haben die sieben Jurymitglieder - die jedes Jahr wechseln, das ist ganz wichtig! - unter 229 Titeln aussuchen müssen. Diese Titel sind zwischen Oktober 2024 und dem 16. September erschienen. Schauen Sie sich die Daten der letzten Sechs an. Da erkennen Sie, daß mitnichten dieser Zeitraum eine Rolle spielt. Nimmt man die Auswahl ernst, müßte man allen in Zukunft raten, am besten im dritten Quartal des Jahres zu erscheinen, in dem der Buchpreis verliehen wird. Denn von den Sechs sind vier im Juli und August 2025 erschienen und zwei im März des Jahres. Wieder wie in den letzten Jahren niemand aus dem vierten Quartal des Vorjahres, auch nicht bei der Liste der Zwanzig! Das muß endlich erklärt werden, oder geben die Verlage im vierten Quartal keine Romane mehr heraus. Das ist natürlich Unsinn und etwas schizophren kommt es einem auch deshalb vor, weil das Weihnachtsgeschäft doch gerade das vierte Quartal 'ausschlachtet'. 

Außer Laura de Weck, der Juryvorsitzenden, gehören der Jury außerdem an: Maria Carolina Foi (Universität Triest), Jürgen Kaube (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Friedhelm Marx (Universität Bamberg), Kathrin Matern (Frau Rilke Buchladen, Neustrelitz), Lara Sielmann (Deutschlandfunk Kultur) und Shirin Sojitrawalla (freie Kritikerin).

Foto:
©Christof Jakob


Info:
Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der oder die Preisträger*in erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 13. Oktober 2025 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt und wird live übertragen. Interessierte können die Preisverleihung unter www.deutscher-buchpreis.de verfolgen.

Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur übertragen die Veranstaltung live über den Sonderkanal „Dokumente und Debatten“ im Digitalradio und als Livestream auf Dokumente und Debatten | deutschlandradio.de.

Ab Anfang Oktober werden Auszüge aus den Shortlist-Titeln in englischer Übersetzung und ein englischsprachiges Dossier zur Shortlist auf dem Internetportal www.new-books-in-german.com präsentiert.
Der Hashtag zum Deutschen Buchpreis lautet: #dbp25