Neue Ausstellung im Institut für Stadtgeschichte von Frankfurt am Main

 

Felicitas Schubert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – So rund um den 28. August tut sich hierzulande immer etwas, dem Geburtstag des Johann Wolfgang Goethe, den in Frankfurt niemand den Herrn von Goethe nennt, denn die reichsfreie Stadt war immer etwas arrogant denen gegenüber, die sich für etwas Besseres hielten. Es genügt, Bürger der Stadt Frankfurt am Main zu sein. Und diese neue Ausstellung hat den neuen Reiz, unterstrich Evelyn Brockhoff, Direktorin des Instituts, „das Erleben des Dichters mit bekannten und weniger bekannten Stadtansichten zu einem Porträt Frankfurts Mitte des 18. Jahrhunderts zu verschränken.“

 

Der Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth weiß, was er an ihm hat, dem Kulturheroen Johann Wolfgang, der ursprünglich die Mainstadt in der ganzen Welt bekannt machte, was heute eher ihr Flughafen mit sich bringt: „Frankfurt am Main hat das große Glück, daß Johann Wolfgang Goethe hier nicht nur geboren und aufgewachsen ist, sondern seiner Heimatstadt in den Lebenserinnerungen 'Dichtung und Wahrheit' ein äußerst anschauliches, wenn auch nicht durchweg positives Denkmal errichtete.“

 

Mitte September werden die „Frankfurter Goethe-Festwochen 2012“ stattfinden und zu ihrer Vorbereitung verhilft diese kleine und feine Ausstellung das Bild der Stadt zu Goethes Zeiten klarer zu definieren. Denn für den Dichterfürsten war die Stadt am Main „ein Nest“ - nur richtige Frankfurter wissen, daß es heute genauso ist - , das umschlossen von den dicken Befestigungsanlagen – längst geschliffen und zu einem Grüngürtel um die innere Stadt mutiert – und der gotischen Altstadt mit ihrem Gassengewirr, das kaum den Himmel sichtbar machte, eine Enge atmete. Die war aber nur der mittelalterlichen Architektur geschuldet – leider leider fast vollständig im 2. Weltkrieg zerstört. Denn im Kern war hier immer ein flotter Geist unterwegs, was nicht wenig an der zahlreichen jüdischen Bevölkerung lag – und tatsächlich bis heute tatsächlich als Lufthauch nicht nur zwischen den Bankwolkenkratzern immer noch weht.

 

Die Stadt der Messe war seit jeher vom Handel geprägt und von dem Austausch der vielen Kulturen, die in Frankfurt ein- und auszogen. Übrigens haben sie alle viel im Frankfurterischen zurückgelassen, seien es die Franzosen oder die aus Übersee, wobei die Frankfurter – aber das waren die des 19./20. Jahrhunderts -  auch gar nichts dagegen hatten, kurzfristige überseeische Besitztümer der Deutschen nach Frankfurt zu verlagern, wie das KAMERUN. Dieser einst übel beleumdete Stadtteil, offiziell GALLUS genannt, entwickelt sich gerade von der Schmuddelecke im Westen zu einem modernen Stadtteil rund um die Messe, mit Parks und Avenues! Ja, was hätte Goethe dazu gesagt.

 

Er sagte zumindest zu den Tatbeständen seiner Jugend etwas – und das war genau dasselbe. Denn einerseits waren die Frankfurter stolz auf ihre Vergangenheit mit Römer und Dom, die jedes Mal bei der Wahl und Krönung der Kaiser eine Rolle spielten, aber auch begierig darauf, was die Frühjahrs- und die Herbstmesse an Neuheiten brachte und an fremdländischen Menschen dazu. Goethe erlebte also zum einen die Tradition, durchaus als Korsett, aber auch den Aufbruch in etwas Neues. Dabei muß man dem Dichter zugute halten, daß er begütert groß wurde, das heißt, daß Eltern und Großeltern zu den Honoratioren der Stadt gehörten und er auf der einen Seite privilegiert groß wurde, auf der anderen eben doch auch beäugt und beobachtet.

 

Dies spiegelt die Ausstellung wider, die zum einen“Das Antlitz der Stadt“ zeigt und unmittelbar die Gegend, wo Goethe groß wurde, zum anderen aber eben das Frankfurt der rund 40 000 umfassenden Bevölkerung der Goethezeit. „Mehrheitlich Lutheraner, aber auch Katholiken, Reformierte, Juden und Fremde. Viele Honoratioren und Künstler, über die Goethe aus persönlichem Eindruck berichten konnte“, sind mit ihren Werken oder ihren Porträts in der Schau vertreten. Sodann werden die Passagen aus Goethes Erinnerungen, die besondere Ereignisse herausstellen in ihrem historischen Kontext dargestellt. Beispielsweise die Wahl- und Krönungsfeierlichkeiten für Joseph II., die der junge Goethe dicht miterlebte und seine Sicht der Dinge, nämlich zum Frankfurter Stadtbild: „Nichts architektonisch Erhebendes war damals in Frankfurt zu sehen...“.

 

Aber daß Goethe, was die Kunst angeht, eher konservativ war und das hieß damals klassizistisch unterwegs, das wissen wir schon lange. Die Begeisterung des späteren 19. Jahrhunderts für die Gotik war ihm noch fremd. Sonst hätte er sicher etwas zum Juwel der Leonhardskirche gesagt, die er eben nicht einschätzen konnte, er, der in der Katharinenkapelle an der Hauptwache getauft wurde. Was er heute zu den Bankentürmen seiner Heimatstadt gesagt hätte?

 

Bis 27. Januar 2013

Über das Begleitprogramm, insbesondere die Vortragsreihe zusammen mit der Landeszentrale für politische Bildung siehe Webseite.

 

Info:

Reich bebilderte 64seitige Begleitpublikation von Ausstellungskurator Henrik Halbleib, „Die Konstellation war glücklich...“, Henrich Editionen, 2012

 

www.stadtgeschichte-ffm.de