f souvenirSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Juli 2017, Teil 4

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Liliane Cheverny hat sich vom Showbusiness zurückgezogen. Ihre Karriere als Chansonsängerin "Laura" liess sie hinter sich und führt jetzt ein stilles, ereignisloses Leben. Tagsüber arbeitet sie in einer Pastetenfabrik und abends sitzt sie in ihrer kleinen Wohnung, der der Charme der 1970er Jahre anhaftet.
Sie vertreibt sich die Zeit mit Quizshows vor dem Fernseher und trinkt dabei Whiskey aus einer Kaffeetasse. Man ahnt, dass dies der Grund für ihren Abstieg gewesen sein könnte.

Als der angehende Boxer Jean Leloup (Kévin Azaïs) als Aushilfe in der Fabrik anfängt, erkennt er in ihr den einstigen Star. Doch Liliane (Isabelle Huppert) will davon nichts wissen. Jean lässt nicht locker. Sie verlieben sich ineinander und er kann sie überreden, an einer Feier seines Boxclubs zu singen. Er ist jung, hat noch viel vor und bietet sich ihr als neuer Manager an.

Während er für einen Boxkampf trainiert, singt Liliane wieder - allerdings zunächst in Altersheimen, auf Soldatencamps, in Krankenhäusern. Alles sehr beschämend, wenn sie an ihre früheren Erfolge denkt. Jean verliert seinen Boxkampf und seine Mutter verbietet ihm den Kontakt zu der wesentlich älteren Sängerin. Liliane versinkt wieder in ihrer Tristesse. Doch hat Jean sie ein wenig aufgeweckt. Sie arbeitet an einem neuen Chanson und willigt schliesslich ein, am "Concours Eurovision de la Chanson" teilzunehmen. Ein Zufall, dass ihr früherer Manager und Ehemann Tony Jones (Johan Leysen) in der Jury sitzt. Eins kommt zum anderen und bald steht Liliane wieder auf der grossen Bühne. Ohne Jean scheint der neue Glanz jedoch fade. In ihren Chansons schwingt eine Sehnsucht mit und lässt sie zu zärtlichen Liebeserklärungen an ihren "petit garcon" werden.

Isabelle Huppert füllt die Rolle der Chansonnière überraschend und mit Bravour. Mit der für sie typischen Kühle und Reserviertheit stellt sie eine wunderbare Balance zu den sentimentalen Komponenten der Chansons her. So zierlich und zerbrechlich sie auf die Bühne tritt, so einnehmend und bezaubernd wirkt sie dann im Rampenlicht.

Der flämische Regisseur Bavo Defurne verfasste das Drehbuch in Zusammenarbeit mit seinem Produzenten Yves Verbraeken. Mit ihm hatte er bereits 2011 das Buch für seinen Débutfilm "Sur le chemin des dunes" ("Noordzee, Texas") geschrieben. "Souvenir" ("Ein Chanson für Dich") ist erst sein zweiter Spielfilm, und doch konnte er mit Isabelle Huppert eine der gefragtesten französischen Schauspielerinnen gewinnen. Vielleicht reizte Huppert jene Grande Dame des Chansons, deren Attraktivität niemals nachzulassen scheint. Nach "L'Avenir" und "Elle" interpretiert sie nun um ein weiteres Mal eine Rolle überraschend neu, für die wir längst unsere festen Vorstellungen zu haben glaubten. Mit Kévin Azaïs steht ihr einer der vielversprechenden Nachwuchsdarsteller zur Seite. 2014 hatte er in "Les Combattants" ("Liebe auf den ersten Schlag") in Cannes überzeugt und 2015 wurde er mit einem César als bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet.

Geschickt zitiert der Film Grossereignisse wie den "Concours Eurovision de la Chanson" oder Jeans Boxkampf nur und bleibt im Rahmen eines relativ kleinen Finanzbudgets glaubwürdig. "Souvenir" wird von seinen Schauspielern getragen und nicht zuletzt von der stimmungsvollen musikalischen Untermalung von Pink Martini. Die Chansons wirken noch lange nach.

Foto: © Verleih

Info:

Souvenir (Ein Chanson für Dich), Belgien/Luxemburg/Frankreich 2016
Genre: Drama, Romanze
Regie: Bavo Defurne
Drehbuch: Bavo Defurne, Yves Verbaeken, Jacques Boon
Darsteller: Isabelle Huppert, Kévin Azaïs, Johan Leysen, Jan Hammenecker, Anne Brionne, u.a.
Produzent: Yves Verbaeken
Kamera: Philippe Guilbert
Schnitt: Sophie Vercruysse
Szenenbild: André Fonsny
Kostüme: Florence Scholtès, Christophe Pidre
Musik: Pink Martini
Länge: 90 Minuten