f magmy4Regisseur ARNE FELDHUSEN im Interview, Teil 4

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - Die Bumm Bumm-Crew besteht aus einem Haufen lustiger Freaks, die aber alle eine melancholische Note haben. Wie hast du die passenden Darsteller gefunden?

Ich hatte schon einige im Kopf, mit denen ich drehen wollte, aber man sucht ja eine in sich funktionierende Truppe, daher braucht man ein Casting als Überprüfung: Wer passt mit wem gut zusammen? Charly war als erster gesetzt, und die Truppe um ihn herum haben wir zusammen mit Suse Marquardt in zahlreichen Castings besetzt. Eine melancholische Note habe ich nicht explizit gesucht, aber um auch eine Komödie etwas anders zu erzählen, hilft neben dem nötigen Sinn für Humor eben auch eine Dosis Tiefgang.


Zwischen Bjarne Mädel und dir besteht durch die lange Zusammenarbeit bei der Serie »Der Tatortreiniger« sicher eine spezielle Chemie. Hattest du ihn gleich für die Rolle von Werner im Kopf?

Bjarne hat schon eine andere Vergangenheit als ich, und wir haben natürlich auch entgegengesetzte Interessen. Auch musikalisch. Daher war das nicht von Anfang an klar. Ich hätte ihn sofort im Kopf, wenn ich ein Drehbuch hätte, wo jemand Posaune spielt. Das wollte er als kleiner Junge nämlich mal, aber da wurde ihm erzählt, dass er dafür zu kurze Arme hätte. Wäre also mehr ein Drama. Ich will eigentlich immer, dass er mitspielt, aber natürlich muss es für uns beide passen. Bei Werner waren wir uns beide einig. Schrägerweise sieht er im Film jetzt ein wenig aus wie Hans Scheibner.


Ferdi und Raimund von Bumm Bumm-Records träumen davon, schnellverdientes Geld zu noch mehr Kohle zu machen. Aber ist »Magical Mystery« eigentlich eine Liebesgeschichte?

Ja. Natürlich. Und nicht nur zwischen Charlie und Rosa, sondern auch zwischen Ferdi und Raimund. Ist ja auch total rührend, wie die beiden miteinander umgehen. Und während bei Charlie und Rosa eine sehr eigenwillige, neue Liebe entsteht, sind die beiden Männer bereits wie ein altes Ehepaar. Die streiten sich die ganze Zeit, aber wenn der eine plötzlich zum Sani muss, geht es dem anderen direkt richtig dreckig...


Die ganze Tour verläuft abenteuerlich. Führte das bei den Dreharbeiten zu einem besonderen Teamspirit?

Ich glaube, es war sicher für viele von uns ein sehr aufregender Trip, für einige der jüngeren Darsteller vielleicht auch der bisher aufregendste. Wir hatten da ein äußerst homogenes Ensemble von Individualisten, die sich aufeinander gefreut haben und sich gegenseitig sehr schätzten.


Es gibt einige Cameo-Auftritte von Protagonisten der echten Techno-Szene der 1990er. Wie bist du auf diese Idee gekommen und wie haben sich die prominenten Laiendarsteller vor der Kamera angestellt?

Ich finde es tragisch, wenn sich Künstler selber in ihrer Rolle viel zu ernst nehmen, daher war es mein Plan, einige der Persönlichkeiten aus der Zeit, um die es geht, im Film dabei zu haben. Sie sollten aber in einem völlig anderen Kontext, also in anderen, »kleineren« Jobs als Randfiguren auftauchen. Mit Westbam und Justus Köhncke gelang mir das noch, aber schon bei Hans Nieswandt habe ich meinen Plan aufgeweicht und war froh, dass mal jemand an den Decks stand, der etwas von seinem Handwerk verstand. Bei den Voigt-Brüdern bot sich auch einfach organisatorisch nichts Anderes an, als »Club-Betreiber«. Ich war dann einfach nur froh, dass ich sie dabei hatte und die beiden Spaß hatten.

Also die Cameo-Idee hat schon Sinn gemacht, aber der Aufwand wurde doch schnell unverhältnismäßig hoch. Die haben ja alle viel zu tun, sind überall unterwegs und sollen dann plötzlich nach Köln oder Berlin fliegen, um mit 90er Jahre-Outfit und Frisur nur kurz durchs Bild zu hopsen.


Unterwegs gibt es eine sehr lustige aber auch sehr rührende Beerdigungsszene. Zeigt sich da auch Charly Hübners außerordentliches Talent?

Ich sah die Szene für Charly immer als eine kleine Belohnung, da sich seine Figur im Rest des Filmes so stark zurückhalten muss. Seinem Können ist es auch zu verdanken, dass er sich dann aber eben nicht voll auf diesen Moment draufsetzt und ihn überreizt, sondern ihn schön in der Schwebe hält. Er wäscht den anderen die Köpfe, gleichzeitig erklärt er ihnen seine Liebe und Dankbarkeit.


Es gibt zahlreiche Rave-Szenen in »Magical Mystery«. Wie ist es dir gelungen, den Vibe solcher Partys so gut einzufangen – und an welchen Drehorten sind diese Szenen entstanden?

Da es in der Geschichte ja genau darum geht, war das die größte Herausforderung. Schließlich sind Clubszenen im Film meistens peinlich unrealistisch. Um diesem Problem auszuweichen, werden solche Szenen meistens überhöht. Ich wollte weder das, noch wollte ich den Fokus auf das Tanzen legen, obwohl es damals ja genug eigenartige Tanzstile gab. Ich wollte schlicht und einfach an das irre Gefühl erinnern, was Tanzwütige in einer perfekten Clubsituation auslösen können, wenn sich alle auf etwas einigen und sie dennoch sie selbst sein dürfen.

Um sich auf das zu vermittelnde Gefühl zu konzentrieren, haben wir unsere eigenen Clubs kreiert und nicht versucht, irgendeinen bestimmten Laden wieder aufleben zu lassen. Wir haben in Köln und Berlin verschiedene aktuelle Clubs wie zum Beispiel das Kölner »Gewölbe umgedressed, die sich am besten für unsere Zwecke eigneten. Dazu kamen fantastische Raver und Statisten, die sich vor den Drehs stundenlang warmgetanzt hatten.

»Magical Mystery« hat einen exquisiten Soundtrack. Du bist selbst ein großer Musik-Fan. Wie liefen die Zusammenarbeit mit Charlotte Goltermann und die Songauswahl?

Charlottes Name war mir bereits in den 90ern ein Begriff, da sie mit ihrem Ladomat-Label meine deutschen Lieblingsplatten herausbrachte. Das war wunderbar verspielte Musik, nicht wirklich einzuordnen und auch deshalb hier und da im Ausland ein Erfolg. Ich erinnere mich an einen Besuch in einem New Yorker Club, wo der DJ die ganze Nacht über fast ausschließlich Ladomat-Platten spielte.

Wenn man mich fragte, was ich so für eine Musik auflegte, habe ich immer die Namen der Labels genannt, vorzugsweise die, deren Output so unterschiedlich war wie bei Ladomat, damit ich mich nicht auf einen Musikstil festlegen musste. Ich habe immer versucht, allen Stilen gegenüber offen zu sein und das Publikum zu überraschen und zu fordern.

Das ist sicher ein Grund für die heterogene Zusammensetzung der Musik im Film, zum anderen ist da Charlotte!

Die Geschichte um »Magical Mystery« hat sehr viel mit ihrem Leben zu tun. Daher war es klar, dass ihr Einfluss auf die Musik in diesem Film groß sein wird. Da ich ja schon in den 90ern ihren Geschmack verehrte, haben wir uns bei der gesamten Arbeit um die Musik von »Magical Mystery« herum immer gut verstanden und gut ergänzt.

Foto: © Verleih

Info:

Regie: Arne Feldhusen
CHARLY HÜBNER – CHARLIE /KARL SCHMIDT
DETLEV BUCK - FERDI MARC HOSEMANN
RAIMUND ANNIKA MEIER - ROSA
BJARNE MÄDEL - WERNER MAIER
BASTIAN REIBER – BASTI JACOB MATSCHENZ –
HOLGER SARAH BAUERETT – ANJA LEON ULLRICH
DUBI JAN-PETER KAMPWIRTH – SCHÖPFI
SARAH VIKTORIA FRICK – SIGI
Drehbuch und Roman: Sven Regener