f exodus2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. März 2018, Teil 11

Roman Lustig

Köln (Weltexpresso) – Daß es derzeit einen Flüchtlingsfilm nach dem anderen gibt, muß einen nicht wundern. Denn Kino gibt entweder eine Wirklichkeit wieder, sinnt ihr nach oder phantasiert sie voraus. Und alle drei Phänomene stecken auch in diesem Film.

Zudem muß man sagen, so vielfältig wie das Leben, so vielfältig sind auch die Flüchtlinge und auch die Ursachen der Flucht. Wenn jetzt gerade in der Bundesrepublik wieder einmal durch öffentliche Aussage im Bundestag von den ‚Schmarotzern‘ gesprochen wird, die sich in die deutschen Sozialsystem einschmuggeln – was ja auch bedeutet, daß sie anderen etwas wegnehmen – so ist immer wieder interessant und bewegend, an einzelnen Menschen zu erleben, aus welchen Gründen sie fliehen, wovor also genauso wie die Frage: wohin. Für diesem Film gab es u.a. Dreharbeiten im Süd-Sudan, Kenia, Haiti, Brasilien, Algerien, DRC-Kongo, WestSahara, Myanmar-Kachin Staat, Kuba und Deutschland.

Regisseur Hank Levine hat für seinen Film auf vier Erdteilen gedreht, wofür er zwei Jahre brauchte und für den Film sieben Menschen begleitete: Napuli, Nizar und Bruno, Lahpai und Tercha, Dana und Yasmin sind auf der Flucht und bei einigen ist das Ziel längst aus den Augen verloren, denn die Flucht ist Lebensinhalt geworden.

Anders als in anderen Filmen werden die Beweggründe für die individuellen Fluchten nicht einmal erörtert, auch nicht die Unterschiede zwischen den politischen und sozialen Fluchtgründen, ob ich also persönlich verfolgt werden, ob mein Leben durch Krieg und Terror bedroht ist, ob ich wirtschaftlich teilhaben will am westlichen Konsum.

Nein, die Frage, die Regisseur Levine treibt geht in die Richtung, warum die, die flüchten, dort, wo sie erst einmal ankommen, so lange im Ungewissen bleiben müssen. Der Irrsinn zeigt sich ja beispielsweise darin, daß Flüchtlinge lange überhaupt nicht arbeiten dürfen, also nicht Mitglieder im Erwerbssystem beispielsweise Deutschlands sein dürfen, aber gerade dies ihnen von denen, die in Arbeit sind oder auch Arbeitslosen vorgehalten wird, genau: als Schmarotzer im Sozialsystem. Dieser Irrsinn hat Methode und den meisten, die so leichthin immer ihre Meinung äußern, sind die engen Auflagen für Flüchtlinge nicht bekannt, wobei es doch eine Binsenweisheit ist, daß, wenn ich nichts zu tun habe und keine Orientierung auf morgen, dies weder dem betreffenden Menschen gut tut, noch sonst jemandem.

Aber ihre Nichtarbeit wird diesen Menschen als Faulenzen dann noch übel genommen. Nein, natürlich nicht von allen, aber es entsteht eine Schieflage. Und wenn man uns arbeitssüchtigen Deutschen eine solche Existenz böte, bei geringem Geld ohne Arbeit leben zu wollen, kaum einer würde tauschen wollen. Essen ist garantiert. Die Langeweile auch. Schlafen ist für viele ein Ausweg. Aber 24 Stunden schlafen geht auch nicht.

In der Anklage der Verhältnisse, was Arbeitserlaubnis angeht, ist der Film folgerichtig, wenn er von zehn- , ja fünfzehnjähriger Spanne bis zur Aufenthalts- , Arbeits- , Studienerlaubnis spricht. Und so sind sogar die Bilder am eindringlichsten, die hier in Deutschland zeigen, wie intelligente Flüchtlinge daran gehindert werden, ihren Beitrag für diese Gesellschaft leisten zu dürfen. Aber die Bilder zuvor, von Flucht und Vertreibung stehen seltsam im Raum. Denn das Phänomen ist ja so vielschichtig, daß dann wieder eine Dokumentation von sieben Menschen zu wenig scheint, deren Hintergrund eben in einem Film dann auch zu pauschal abgehandelt wird.

So findet man den Film wichtig, bleibt aber auch unbefriedigt, was jetzt zu tun ist.

Foto:
© Verleih

Info:
Mit
Tarcha Mohamed-Malainin
Dana Al Balkhi
Napuli Görlich (geborene Respico Lojanamoi)
Aurfoh “Bruno” Watara
Nizar Raja
Lahtow Nang Ra
Mahka Sha Roi