f bautiSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Januar 2019, Teil 4

N.N.

Los Angeles (Weltexpresso) – David Sheff sagt, dass er eigentlich gar nicht vorhatte, sein Buch zu veröffentlichen. Das Schreiben war ursprünglich nur eine Möglichkeit, wie er mit dem Chaos und der Unsicherheit in dieser Zeit seines Lebens umgegangen ist. „Wenn ich nicht schlafen konnte, setzte ich mich einfach an den Schreibtisch und schrieb“, erinnert er sich.

„Dann schaute ich in meine Notizen, die ich mir immer nachts gemacht hatte, und erinnerte mich wieder sehr genau daran, wie schwierig diese Zeit war und wie viel Schmerz es gab.“

Nic begann seine Erinnerungen nach einem weiteren erfolglosen Versuch des Entzugs. Als er gebeten wurde, ein Behandlungszentrum in New Mexico zu verlassen, verschwand er und ließ seine Familie beinahe 18 Monate ohne irgendeine Nachricht, wo er war. „Mein Vater und ich haben lange Zeit nicht miteinander gesprochen“, sagt er. „Ich habe mich nur deshalb nicht gemeldet, weil ich nicht schon wieder alle enttäuschen wollte. Erst als ich sechs Monate clean war, begannen wir wieder miteinander zu sprechen. Auch er hat in dieser Zeit seine Erinnerungen geschrieben. Er bat mich, ihm mein Buch zu schicken und im Gegenzug schickte er mir seines.“

David war schockiert über das, was er las. „Ich habe bei jeder Seite geweint“, sagt er. „Ich dachte, ich wüsste, was er durchgemacht hat. Aber so schlimm ich es mir auch vorgestellt hatte, es war noch tausend Mal schlimmer.“ Auch Nic war von Davids Perspektive überrascht. Er sagt, er habe nie bemerkt, wie viel Chaos er in seiner Familie angerichtet habe. „Ich habe seine Erfahrung dadurch zum ersten Mal nachvollziehen können“, sagt der jüngere Sheff. „Ich dachte immer, wenn ich mich mit den Drogen eines Tages umbringen würde, wäre das meine Sache und würde es ihn schon nicht so sehr treffen. Tatsächlich aber hatte mein Drogenkonsum Einfluss auf jeden einzelnen Aspekt seines Lebens. Er hat ständig darunter gelitten, und ich hatte gar keine Ahnung davon. Währenddessen dachte er wiederum, ich würde eine Art endlose Party feiern, und mit einem Mal sah er dann, dass das überhaupt nicht der Fall war. Mir ging es einfach wahnsinnig schlecht.“

Vater und Sohn waren ziemlich überrascht, als ihre Bücher dann nationale Anerkennung fanden und plötzlich auf Bestsellerlisten standen. „Keiner von uns war allerdings auf das vorbereitet, was dann passierte“, sagt David. „Die Leute lasen die Bücher und es hat sie einfach umgehauen. Wir haben eine Geschichte erzählt, die so noch nie erzählt wurde. Erinnerungen über Sucht aus der Perspektive eines Jungen in Nics Alter gab es einfach nicht. Und seine waren so eindringlich, so frisch. Und dann ging es in meiner Version der Geschichte darum, was eine Familie auszuhalten im Stande ist.“

Es war die Überlegung, beide Bücher zusammen zu adaptieren, die die Sheffs für die Idee, einen Film zu machen, begeisterte. „Ich wusste, dass die Kombination beider Bücher eine Herausforderung sein würde“, sagt David. „Wenn sie sich dafür entschieden hätten, die Geschichte nur aus einer einzigen Perspektive zu erzählen, wäre das ziemlich einfach gewesen. Aber ich liebte diese Idee der Verschmelzung, weil es genau das ist es, was unsere Geschichte ausmacht: es sind zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen mit denselben Ereignissen.“

David Sheff weist auch darauf hin, dass Sucht eine weitgehend missverstandene, oft noch versteckte Krankheit ist, deren Opfer nicht gerne darüber sprechen, was sie durchmachen. Vielleicht, so hofft er, kann BEAUTIFUL BOY einen dringend benötigten Dialog initiieren. „Wir verurteilen ihre schlechten Entscheidungen. Wir verurteilen ihre Familien. Wir haben die Sucht stigmatisiert. Das Urteil der Gesellschaft ist so streng, dass wir uns verstecken, und wenn wir uns verstecken, fühlen wir uns, als wären wir allein. Wir alle sehen Drogensucht gerne als etwas, das einem anderem passiert, und trotzdem wird man kaum eine Familie finden, die nicht auf irgendeine Weise von einer solchen Sucht betroffen ist.“

Foto:
© Verleih

Info:
Besetzung
David Sheff       Steve Carell
Nic Sheff           Timothée Chalamet
Karen Barbour   Maura Tierney
Lauren                Kaitlyn Dever
Dr. Barbour         Timothy Hutton
Spencer              Andre Royo
Vicky Sheff          Amy Ryan
Nic Sheff (12 Jahre alt)    Jack Dylan Grazer
Nic Sheff (8 Jahre alt)      Zachary Rifkin
Nic Sheff (5 Jahre alt)       Kue Lawrence

Abdruck aus dem Presseheft