Die Ausstellung und Filmreihe zu METROPOLIS im MURNAU-Filmtheater in Wiesbaden, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – Die Geschichte von METROPOLIS, Fritz Langs Meisterwerk und als erster Film ins UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen, kann man gar nicht oft genug erzählen (ja, und sehen!). Auch die Geschichte der sagenhaften Auffindung der verlorenen (fast) Ursprungsfassung 2008 in Buenos Aires klingt wie ein Krimi.

 

Alles drei zusammen: Geschichte vom Film, der Auffindung und des mehrfachen Abspielens des Film METROPOLIS kann man seit gestern Abend im Murnau-Filmtheater in Wiesbaden sehen, das Deutsches Filmhaus heißt, wobei die Ausstellung zu den Kinovorstellungen geöffnet ist. Gestern Abend war aus Berlin aus gutem Grund Peter Mänz gekommen, Leiter Ausstellungen bei der Deutschen Kinemathek, die diese Ausstellung erarbeitet hatte und der anschließend fachkundig die Fotografien, Zeichnungen und Objekte wie Kostüme im Zusammenhang des Films erläuterte. Beispielweise, wie aus der Zeichnung das Modell wurde, das im Stop Motion Verfahren die dramatischen Aufnahmen zuwegebringt, wo – wie in der Welt von morgen - die völlig überlasteten Autostraßen die Stadt überspannen, die Zugbrücken, unter und über denen die Kleinflugzeuge ihren Weg finden. Man hat das per Hand weitergeschoben, die Autos und Züge. Echt. Dabei hat man 300 Modellautos nach jeder Einzelbildaufnahme um Millimeter weitergeschoben, was für acht Tage Arbeit mit der Hand zehn Sekunden Film bedeuteten. Und wer es nicht glaubt, soll sich die Ausstellung selber ansehen.

 

Wir waren zufällig nun das zweite Mal zu einem kulturellen Ereignis in Wiesbaden und trafen wieder auf die Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz, der aber zur Begrüßung nur noch Floskeln übrige blieben, denn den Inhalt hatte Ernst Wegener, zuständiger Referent im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst schon vorweggenommen. Andererseits freut man sich ja, wenn auch Ministeriale sich um Inhalte kümmern. Hier ging es um die Auffindung der argentinischen Fassung, die in schlechtem Zustand dann erst einmal bearbeitet werden mußte, wobei es beim Ansehen des Films hochinteressant ist, wie viele Schnipsel dabei sind, denn diese Teile sind durch das Vorhandensein von Zerstörungen, die wie leichten Nieselregen wirken, sofort erkennbar . Außerdem wurde die argentinische Fassung, die der Filmverleiher Adolfo Z. Wilson – damals gab es rund 200 Kinos in Argentinien - bestellte, als er im Januar 1927 in Berlin METROPOLIS sah, von der aus Deutschland importierten 35 mm-Kopie zwischendurch auf 16-mm verkleinert, weshalb Ränder und Bildausschnitt beschnitten und deshalb das Zurückkopieren in das größere Format mit schwarzen Streifen versehen wurde.

 

Peter Mänz, Gast und Kurator aus Berlin konnte dann in der Ausstellung aber wirklich jede  Frage beantwortete, denn diese kommen erst beim Anschauen der Fotos und Zeichnungen, die eben auch zeigen, wie minutiös die Vorbereitungen für eine solch gewaltige - Geld sowie Menschen - Kino-Unternehmung waren. Er hatte  schon zuvor in die Ausstellung eingeleitet hatte, was er nicht zum ersten Mal tat. Denn sie tourt durch Europa und er mit ihr. In Paris zog sie 50 000 Besucher an, sie war auch in Toulouse, Höhepunkt ist aber zahlenmäßig Turin, wo 160 000 Zuschauer sich das komplette METROPOLIS anschauten. Das liegt in der filmischen Tradition dieser Stadt, deren Filmmuseum jährlich über 600 000 Besucher anzieht. Sagenhaft. So viele werden nun in Wiesbaden nicht kommen, aber man konnte schon an diesem Abend sehen, daß die Leute genau hinschauen und sich gegenseitig in Diskussionen verwickeln, wo welches Bild sich im Film wiederfindet und wie der Sinnspruch des Films, den Maria äußert MITTLER ZWISCHEN HIRN UND HÄNDEN MUSS DAS HERZ SEIN, im Verlauf des Films Wahrheit wird – allerdings erst ganz am Schluß, dazwischen gilt es viele Gefahren zu bestehen.

 

Geht man durch die zwei Räume der Ausstellung, die für Wiesbaden den Räumen angepaßt, reduziert wurde, dann sind es zum großen Teil Ikonen, die man sieht, weil sich die Häuserschluchten und der Maschinenmensch des Erfinders Rotwang, die Gesichtszüge der Brigitte Helm, die Massenaufnahmen der im Gleichschritt sich vorwärtsbewegenden Arbeiter, die Arbeiterstadt unten und die Ewigen Gärten wie auch die Herz-Maschine selbst, ach auch noch die massenhaften Aufzüge in unser kulturelles Gedächtnis geschrieben haben.

 

Aber diese hübsche Kostümskizze hier oder das Metropolis Geld dort, das sah man wie die meisten Blätter noch nie. Das Metropolisgeld gibt es in 100 M, 500 M und 1000 M und jeder Schein trägt die Unterschrift von Regisseur Fritz Lang, der Drehbuchautorin und – damals – Langs Ehefrau Thea von Harburg, der Kameraleute Karl Freund und Günther Ritterau - den dritten Walter Ruttmann haben wir nicht entdeckt - und des Bühnenbildners Otto Huntes. Man sieht viele Fotos von den Dreharbeiten, die sich eineinhalb Jahre 1925/26 hinzogen, bis am 10. Januar die über zweieinhalbstündige Premiere in Berlin war – und beim Publikum durchfiel! Das muß man wissen, um zu begreifen, wie es zu dem Problem der verschiedenen Fassungen hat kommen können. Fortsetzung folgt.

 

Fotos vom Empfang: Horst Martin

 

www.murnau-stiftung.de
wwww.metropolis2710.de