Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Mai 2013, Teil 4

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Französische Komödien sind mit Recht beliebt. Sie haben oft einen derben Humor, der auf feinsinnige Weise hergestellt wird. Die letzte, die schon Hollywoodzahlen übertrifft, war und ist MEINBESTER FREUND. Die vorliegende französische Komödie hat zwar auch auf den Vertreter einer Minderheit und sein daraus resultierendes Drama zum Inhalt, aber so richtigen Furor entwickelt der Film nicht.

 

DER TAG WIRD KOMMEN

 

Und Lachen mußten wir dann oft gegen unseren Willen, weil die Situationskomik keine andere Möglichkeit zuläßt, aber wir lachten nicht aus frohem Herzen, sozusagen. Wahrscheinlich fehlt uns die Empathie für ältere Männer, wenn sie herausgeputzt wie jugendliche Protestler auftreten, noch dazu in der Maske derer, in denen sich auch Rechtsradikale gerne zeigen, auch wenn sich unser Held als antibürgerlicher Punk fühlt. Das mag ja etwas Tragisches haben, wenn ein Älterer die kleinen Betrügereien macht, wie sich sonst Junge durchschlagen, oder Provokationen vornimmt, die bei anderem personellem Hintergrund auch welche wären.

 

Es handelt sich um die neue Arbeit des Regieduos Benoit Deléphine und Gustave Kervern, bei denen es bisher fast um Grotesken gingen, auf jeden Fall Außenseiter der Gesellschaft es dieser so richtig zeigten. Das war zuletzt MAMMOUTH, wo ein geradezu außerirdischer Typ namens Gérard Depardieu in Lederkluft und langzottelig auf dem Motorrad Frankreich durchquerte, was uns durchaus gefiel. Mit Absicht, das versteht der Zuschauer, nehmen die Regisseure gerade das, was angesagt ist und machen es unter der Hand zum seinem Gegenteil. Hier ist der Hort der Schuld und Unschuld ein Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Zwar gibt es nirgends so schauderhafte am Stadtrand liegende Einkaufszentren wie in Frankreich, aber die dahintersteckende Geschichte geht durchaus alle an: alle Käufer sowieso.

 

Um das zu verstehen, muß man den ersten Helden, Beno Bonzini. Alias NOT – so steht es ihm auf die Stirn eingraviert - kennenlernen, was man tut und es erst einmal nicht glauben mag. Ein in die Jahre gekommener Punk, der nur mit seinem Hund auskommt und ansonsten durchs Leben schlurft – ja, in diesem Einkaufszentrum und seinen grünen Oasen bei Autokreiseln und so. Dieser Tunichtgut sitzt auf einmal am gedeckten Tisch mit zwei Alten und einem weiteren Mann. Aha, Familie.

 

Denn da sitzen gutbürgerliche Eltern, haha denkt man am Schluß, aber erst einmal schälen und kochen sie Kartoffeln, denn ihnen gehört die Kartoffelküche, die im Einkaufszentrum als Bistro fungiert. Sie sitzen bei Tisch und hören sich die Tiraden des erfolgreichen Sohnes Jean-Pierre an, der als idealer 0/8/15 Verkäufer im Anzug so was von borniert und betulich seinem erfolglosen Bruder gegenüber tut, daß man für diesen ungewollt fast Partei ergreifen wollte, was dieser nicht braucht, denn er gibt nicht klein bei. Einige Male sehen wir die Familie, aber das, was im Film passiert, führt dazu, daß sie sich am Ende auflöst und die Eltern weggehen und endlich ein eigenes Leben ohne ihre erwachsenen Versagersöhne leben werden. Eine wirklich schräge Mutter, die sich da nach und nach entpuppt, die man nicht erwartet hätte

 

Überhaupt lebt der Film davon, daß er die Erwartungen nicht erfüllt, dann aber, hat er sich erst einmal auf eine neue Situationsebene begeben, die Erwartungen im Gegenteil zu sehr einlöst. Das ist nicht kryptisch, sondern soll beschreiben, was mit dem erfolgreichen Bruder, dem Dauerschwätzer geschieht. Der ist im Einkaufszentrum in einem Matratzenhaus und muß also den dicken Reichen wie den armen Dünnen diese Artikel verkaufen, die jeder Zeitungsleser morgens in seinen Zeitungen als dicke bunte Werbefaltblätter sieht, wobei man sich wundert, woher die das Geld für so viel Werbung haben. Auf jeden Fall läuft es in diesem Einkaufszentrum in letzter Zeit gar nicht gut. Schuld ist der Bruder,, der einfach nichts mehr verkaufen kann. Und nachdem der Witz erst darin lag, wie er zu verkaufen gedachte, entfaltet sich die Komik dann am Gegenteil nämlich nach dem Rausschmiß in der Verweigerung des stillen Abgangs und der Rolle als stummer geknickter Arbeitsloser.

 

Stattdessen legtJean-Perre richtig los. Er wird unter der Anleitung seines Bruders ebenfalls zum Punk. Wie das geschieht, ist natürlich übertrieben – so trägt dieser Bonzini neben einer verrückten Frisur auch die Kennzeichnung DEAD auf der Stirn - , aber entfaltet sich dann doch so viel Komik, daß man immer wieder lacht. Aber eben ein Lachen, das ob des rasierten Kopfes oder anderer Slapsticknummern entsteht, aber keine Kraft entwickelt, darüber hinaus den Film zu tragen. Mit einem Wort: man hat viele komische Situationen, die auch alle mit Gesellschaft zu tun haben, aber es wird keine bündige Geschichte daraus. Schade.