Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 25. Dezember 2013, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Daß Jim Jarmuschs (DOWN BY LAW, NIGHT ON EARTH)Vampirfilm ausgerechnet am Ersten Weihnachtsfeiertag anläuft, ist schon eine komische Sache. Nach der Christmette, dem aufwendige n Geschenkeaustausch, der wieder einmal hervorragend gelungenen Gans, direkt in die Kinosessel?

 

ONLY LOVERS LEFT ALIVE

 

Warum nicht? Denn dieser im Grund eben doch harmlose Film, ist einfach ein sanftes Vergnügen, wenn man sich von Jim Jarmusch an die Hand nehmen läßt und seine undramatische Aufarbeitung des Vampirfilmwesens in ONLY LOVERS LEFT ALIVE goutiert. Sie merken schon, daß ist ein sehr spezieller Film, einerseits total abgedreht, andererseits versponnen und anspielungsreich, denn kaum eine Wort, eine Geste, eine Erinnerung steht dort für sich, sondern erweckt in Ihnen Assoziationen, die nicht nur in der Kulturgeschichte mit der Trias Literatur, Musik und Kunst siedeln, sondern auch in Ihren eigenen Erfahrungen.

 

Ob wir das allerdings auch so geschrieben hätten, wenn nicht die weibliche Seite der LOVERS Tilda Swinton wäre, bezweifeln wir. Diese wandlungsfähige Schauspielerin ist für jede Rolle gut und wir folgen ihr in darin fast besinnungslos, wie diesmal nach Tanger, obwohl doch die Höhle des Löwen, des natürlich in Schwarz gekleideten, einschließlich der langen Haare und der starken Lidschatten männlichen Lover, des Rockmusikers Adam (Tom Hiddleston) in Detroit ist. Detroit? Ausgerechnet die heruntergekommene Autostadt? Spielt das eine Rolle? Wird hier die Dekadenz einer einst pulsierenden Metropole als Hintergrund für den nur noch am Tropf der Musik hängenden denn er lebt zurückgezogen in einem Haus, das widerspiegelt, daß er nicht nur die Sechziger bis Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts auf den schmalen Schultern trägt, sondern gleich mehrere Jahrhunderte, was der Plüsch um ihn herum zeigt, indem er aber anstandslos jede Vinylplatte unter den Tausenden, die er hören will, findet. Er ist ein melancholischer Vampir, der längst über Vulgärismen wie Blut hinaus ist und überhaupt die Menschen scheut und introvertiert mit seiner Musik lebt, als einzige Leidenschaft das Sammeln besonderer Gitarren.

 

Und seine Liebe, daß sie natürlich Eve heißt, konnte sich jeder selber denken, muß ihm nicht auf der Pelle sitzen, sondern genießt das Leben in Tanger, insbesondere des Nachts. Sie braucht das flippige, kulturorientierte Dasein, mit vielem Schnickschnack und so mancher Verkleidung, wobei ihr alter Freund Marlowe (John Hurt) ein reger Gesprächspartner ist. So sehen wir zwei völlig unterschiedliche Leben, die durch die Telefongespräche verbunden sind. Die Geschichte, die den Film vorwärtsbewegt. Die braucht sie nicht, auch wenn es rudimentär eine gibt. Nach etwa 40 der 123 Minuten bittet Adam seine Eve um ihr Kommen nach Detroit, dem sie entspricht.

 

Und das ist einfach schön, die blonde, insgesamt helle – ihr natürlicher Teint hilft dabei – Eve auf den dunklen Melancholiker treffen zu sehen. Sie berühren sich körperlich und seelisch zart und man spürt die Verbundenheit, die auch nach Jahrhunderten frisch ist. Welch schönes Bild fürwahr. Aber was war das jetzt mit dem Vampirsein? Angepaßt unseren aufgeklärten hygienischen Zeiten. Denn von den ZOMBIES, wie diese Vampire uns nennen, würden sie kein durch allerhand Unreines verseuchtes Blut nehmen. Das ihre kommt frisch aus dem Krankenhaus. Das ist wirklich schräg und während wir noch überlegen, was uns das sagen soll, kommen uns diese beiden sanften Vampire vor, wie die letzten Mohikaner einer einst aufgeklärten Gesellschaft, die von den Künsten am Tropf hängt, daraus aber ein vitales Leben gestaltet. Gestalten von gestern? Oder unsere eigene Herkunft, die wir tagtäglich in dieser aufgeplusterten medialen Welt verraten?

 

Da gibt’s noch einen Familienkonflikt mit Eves Schwester, den wir ansprechen müssen, damit wir Mia Wasikowska als Ava erwähnen können. Sie stört das Paar. Diese Ava ist eine Aktivistin, was ihr Vampirdasein angeht und vergreift sich - in diesem Sinne allerdings traditionsbewußt - ordinär an den Zombies, weswegen das rührende Liebespaar Detroit verläßt und sich Richtung Tanger aufmacht. Sie haben unseren Segen.

 

 

 

DAS MÄDCHEN UND DER KÜNSTLER

 

Angenehmer Künstlerfilm des spanischen Regisseurs Fernando Trueba, der in edlem Schwarz Weiß von einem Maler und seinem Modell zu Kriegszeiten erzählt.