Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 16. Januar 2014, Teil 3

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Tatsächlich laufen in dieser Woche eine Reihe ganz ausgezeichneter Filme an, die es wert wären, ausführlicher gewürdigt zu werden. Aber in der Tat schreibt man über perfekte Filme fast weniger gern, weil nur zu bestätigen, was gut ist, einem zu wenig ist. Selten ist es, daß ein Film ‘perfekt’ ist und man trotzdem etwas anzumerken hat.

 

 

 

12 YEARS A SLAVE

 

Wie es uns zum Beispiel bei diesem wunderbaren Film ging, von dessen Ruhm Sie sicher schon gehört haben. Steve McQueen gelingt ein Kinoerlebnis, das dramatisch das Unrecht der Versklavung von Menschen – die so ganz zufällig alle schwarz sind –i n dem freiesten Land der Welt, den Vereinigten Staaten, ohne daß er melodramatisch würde oder zu moralinsauer ein Aufstoßen bewirkte Man kann diesen Film, von dem es heißt, daß er endgültig mit dem Südstaatenmythos aufräume, demnach die meisten der dortigen Farmer und Viehzüchter ihren Sklaven anständige Herren gewesen seien und diese sich wie in einer Familie aufgehoben gefühlt hätten, wirklich nur loben.

 

Das gilt auch für die Schauspieler, von denen Chiwetel Ejiofor als Hauptfigur Soloman alle Phasen des Dramas glaubwürdig verkörpert. Auch er, der freie Mann aus New York, der verschleppt und als Sklave verkauft wird, zeigt niemals ein übertriebenes Verhalten, bleibt in seiner Darstellung  immer genau im Gefühlshorizont der Zuschauer, die mit ihm seine Versklavung und das Unrecht erleben, dabei die Fiesheit der Weißen kaum ertragen und durch einen automatischen Mitfühlprozeß gesteuert, auch mit ihm tief aufatmen, als sich alles aufklärt und er nach 12 Jahren Sklavendasein wieder als freier Mann nach Hause zu Frau und Kindern darf.

 

Dieser Film basiert auf einer literarischen Vorlage, die als Memoiren aus dem Leben sprechen. Unser Vorbehalt gilt nur der Ausgangssituation, aus der der Film aber seine Spannung bezieht, daß nämlich durch formales Unrecht, hier, daß ein eigentlich freier Bürger versklavt und verkauft wird, der Film erst dann Ruh gibt, wenn dieses formale Unrecht wieder zu Recht wird und der Versklavte wieder ein freier Bürger sein darf. Was aber ist mit den anderen? Mit denen, die in den Südstaaten und anderen Staaten der USA nie freie Bürger waren, formal also zu Recht als Besitz eines anderen Menschen, eines Weißen, galten? Weil hier das Drama eines zuvor schon mit Privilegien versehenen Schwarzen erzählt wird, ertappen wir uns im Film dabei, daß wir bei diesem das ihm angetane Unrecht sehr viel stärker wahrnehmen, als bei den anderen Haus-, Vieh- und Arbeitssklaven, denn schließlich ist er ja unverschuldet dahingeraten und wir wollen mit dem Regisseur und den Helfern im Film dieses individuelle Unrecht wiedergutmachen. Und die anderen? Die müssen darauf warten, bis die Sklaverei auch in den USA endgültig abgeschafft wurde.

 

Sie verstehen hoffentlich richtig. Das ist kein Plädoyer gegen diesen Film, sondern nur eines gegen die Sätze, daß jetzt ein für allemal mit dem Südstaatenmythos Schluß sei. Nein, so lange hier ein Schwarzer, ein im damaligen Sprachgebrauch Nigger oder Neger, nur deshalb frei gelassen wird, weil er in einem der wenigen Staaten der USA lebte, wo auch farbige Menschen freie Bürger waren, so lange  muß es noch weitere ‘normale’ Versklavungsfilme geben, damit die USA als Nation erkennen, welches Unrecht innerhalb ihrer ‘freien’ Verfassung geschah.

 

Daß mit Präsident Obama ein Farbiger Präsident werden konnte, ist ein erster Schritt, aber die Verurteilungspraxis von weißen und schwarzen Verbrechern oder Nichtverbrechern zeigt, wie sehr die Justiz noch eine der Weißen ist. Und wir können uns vom Hörensagen noch daran erinnern, daß in der Nachkriegszeit in der Besatzungszone der Amerikaner, schwarzen Soldaten das Betreten der amerikanischen Clubs und Lokale verboten war. Uns würde eigentlich jetzt ein Film interessieren, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt, wo Schritt für Schritt der farbige Bürger auch Bürgerrechte bekam. Das ist alles erst vor kurzem geschehen und längst nicht abgeschlossen.

 

 

A TOUCH OF SIN

 

Ein ebenfalls wunderbarer Film, der als Episodenfilm die sozialen Widersprüche im China von heute aufzeigt und zwischen Zärtlichkeit und Gewalt uns mit allen Gefühlen konfrontiert, so das man bezaubert wird.

 

 

ÜBER DAS MEER

 

Dieses Dokudrame von Arend Agthe wollen wir ein andermal gesondert besprechen. Es geht um den mühsamen Sieg über ein totalitäres System, das der Zuschauer mitlebt.

 

 

NICHT MEIN TAG

 

Peter Thorwarth zeigt, daß in Deutschland die guten Regisseure sozusagen wie Pilze aus dem Boden schießen. Er hat mit dem Kleinganster Nappo, den Moritz Bleibtreu einfach ‘kann’, eine bekannte Figur ins filmische Leben gerufen, mit dem Bankangestellten Till, Axel Stein, allerdings filmisch, sehr ansehbares Neues geschaffen.

 

 

CRULIC

 

Auch ein toller Film, der stattgefundenes Leben per Animationshilfe auf die Leinwand bannt, wo wir das vom Westen zugelassene Elend in Osteuropa knallhart vor Augen bekommen. Und dies in einem geradezu poetischen Film.