muckSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Oktober 2022, Teil 1

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) -  Warum treffen die Mucklas bei Kindern einen solchen Nerv?

Beim Dreh des ersten PETTERSSON & FINDUS-Films haben wir im Studio immer mal wieder Besuch von Kindergruppen erhalten. Dabei ist uns aufgefallen, dass nicht etwa Pettersson oder Beda von großem Interesse waren, sondern die Mucklas. Sobald die Kinder Spuren von ihnen entdeckt haben, eine kleine Leiter, eine kleine Badewanne von ihnen sahen, waren sie hellauf begeistert. Wir erinnern uns doch alle, wie es war, als Kind mit Lego oder Playmobil zu spielen, kleine Häuser zu bauen, ModelleisenbahnLandschaften zu erschaffen, Puppenhäuser auszustatten – und dabei davon träumten, wir würden selbst darin wohnen oder darin mitfahren. Die Mucklas bedienen diese Fantasie, dass man unbedingt mehr von ihnen wissen will. Sven Nordqvist lässt diese Fantasie in seinen Büchern aufblühen. Die Kultur der nordischen Länder bringt das auch mit. Die Kobolde spielen in der nordischen Kultur eine große Rolle.


Obwohl Sie ins „Pettersson & Findus“-Universum zurückkehren, beruht DIE MUCKLAS UND WIE SIE ZU PETTERSSON UND FINDUS KAMEN nicht auf einer eigenen Buchvorlage. Worin lag also die Herausforderung beim Erdenken einer filmischen Geschichte, wie sah die Zusammenarbeit mit Drehbuchautor Thomas Springer aus und wie geht man vor, um der ureigenen Pettersson-Tonalität dennoch zu entsprechen?

Wie bereits bei allen drei PETTERSSON & FINDUS-Filmen beteiligte sich bei unserem MUCKLAS-Film neben mir auch Sven Nordqvist intensiv an der Drehbuchentwicklung. Der enge Austausch zwischen uns war unabdingbar, weil die Designs und die Welt, die uns vorschwebten, eine große Rolle für das Erzählen der Geschichte spielten. Ein Thema war, dass sich unsere drei Helden Svunja, Tjorben und Smartö oft in dunklen Räumen aufhalten und wir uns fragen mussten, wie wir das spannend erzählen können. Gemeinsam haben wir Ideen entwickelt, welche Welten auftauchen, warum sie da sind und in welcher Form sie da sind. Eine weitere Überlegung bezog sich auf den Look der Figuren, die für die jungen Zuschauer ansprechend designt werden mussten und eine breite Ausdruckspalette mitbringen sollten. Die Designs spielten eine extrem große Rolle für die Machart des Films. Zunächst haben wir nämlich gedacht, dass wir die Welten real bauen, sie drehen und dann die Figuren hineinsetzen. Davon sind wir in den Teilen, in denen nur Mucklas vorkommen, abgewichen und haben die Welten voll digital entstehen lassen, damit wir uns darin frei bewegen und all die Emotionalität und Schönheit aus den Mucklas und ihrer Welt herausholen können, die wir wollten. Bei den Drehs mit den Schauspielern natürlich nicht – sie spielten in real gebauten Sets, in die nachträglich die Mucklas eingefügt wurden.


Wen sehen Sie als Zielgruppe des Films an?

Natürlich Kinder, die die Geschichten von „Pettersson & Findus“ in- und auswendig können, aber auch Kinder, die schon mal „Die Schatzinsel“ gelesen bzw. vorgelesen bekommen haben oder „Pipi Langstrumpf“ und ihre Abenteuer lieben. Sowie deren ältere Geschwister. Es gibt eine dramaturgische Ebene, die für die Eltern gedacht ist.


Die Mucklas traten bereits in den drei PETTERSSON & FINDUS-Filmen auf. Jetzt sind sie die Protagonisten. Inwiefern haben sie sich verändert? Was waren die Überlegungen bei den Designs?

Das Wichtigste war, dass sie sympathisch sind. Schließlich sind sie unsere Helden und müssen in der Lage sein, die Geschichte 90 Minuten zu tragen. Das Zweite war, dass wir in unserem Film eine Bandbreite der Mucklas abdecken wollten, die es in Sven Nordqvists Buchvorlagen gibt. Und das Dritte war, dass die Produktion trotz all ihrer Komplexität kontrollierbar bleiben musste. Sven Nordqvist hat sehr viele unterschiedliche Mucklas in seinen Büchern. Es gibt eine Mucklas-Gruppe, die immer wieder vorkommt, dann gibt es aber auch sehr viele wilde, andersaussehende Mucklas. Wir haben uns auf eine Form konzentriert und diese weiterentwickelt. Die Mucklas, die wir in den drei PETTERSSON & FINDUS-Filmen hatten, waren sehr reduziert. Für das Spin-Off mussten wir sie wesentlich mehr ausschmücken, mit mehr Details versehen. Sie haben Fell bekommen, tragen Brillen, haben Assets, die es in den PETTERSSON & FINDUS-Filmen nicht gab, weil sie nun mit ihrem Umfeld ganz anders interagieren müssen und weil sie auf eine Abenteuerreise gehen. Wir haben ihre gesamte Welt wesentlich genauer ausgestaltet.


Wer sind Svunja, Tjorben und Smartö? Was zeichnet sie aus? Was lernen wir durch sie?

Tjorben lebt gerne in den Tag hinein, jumpt in den Alltag, bewegt sich gern, ist sportlich und abenteuerlustig. Svunja plant das Leben, sie setzt sich Ziele und arbeitet daran, sie zu erreichen. Smartö ist ein Herzensmensch, treu und liebevoll, lässt sich von seiner inneren Stimme treiben. Seine Welt ist eine ganz andere Welt als unsere, er lebt in seiner eigenen Fantasie. Dass er auserkoren wird, die Suche nach einer neuen Heimat zu führen, ist interessant, weil er sich einzig von seinem Herzen treiben lässt. Mit Tjorben und Svunja bekommt er zwei Korrektive an die Seite gestellt, und alle drei verbinden sich im Lauf der Geschichte zu einer Einheit. Und nur als Einheit können sie Erfolg haben. Die Message ist klar: Nur gemeinsam können Dinge bewegt werden. Dafür muss man auch Kompromisse eingehen. Dies ist in unserer Gesellschaft wichtiger denn je. Nur zusammen sind wir stark. Es geht nicht um die individuelle Stärke, sondern um eine gesellschaftliche Stärke.


Die Geschichte erzählt die Suche nach einer neuen Heimat, eine echte Abenteuergeschichte. Die Welt ist wesentlich größer als bei den PETTERSSON & FINDUS-Filmen. Worin lagen die Herausforderungen?

Die erste Herausforderung war, die Produzenten davon zu überzeugen, dass der animierte Teil des Films genauso schön aussehen muss wie der reale Teil. Ganz zu Beginn stehen eigentlich alle Möglichkeiten offen, ich musste mir genau überlegen, welche Welt ich gerne erzählen wollte. Das war für mich eine spannende Frage. Die INDIANA JONES-Filme sind für mich mit die wunderschönsten Abenteuerfilme, die es gibt. Aus ihnen habe ich Elemente entlehnt, allerdings so, dass sie für Erstkinobesucher geeignet sind wie die Fahrt durch die Höhle. Film ist immer Teamarbeit, die Gedanken kommen von unterschiedlichen Seiten und ergänzen sich im Idealfall. Kameramann Mathias Neumann, mit dem ich seit zehn Jahren zusammenarbeite, hat wahnsinnig viel Input gegeben, aber auch Ko-Regisseur Markus Dietrich und die restlichen 200 bis 300 Leute, die daran mithalfen, dass DIE MUCKLAS UND WIE SIE ZU PETTERSSON UND FINDUS KAMEN ein einmaliges Kinoabenteuer wird. Immerhin macht der Animationsteil bei diesem Film 75 Prozent aus.


Was waren die Gedanken bei der Ausarbeitung der Mucklas und ihrer Welt?

Die Designs der Figuren stammen von Peter Oedekoven, der eng mit Red Parrot Studios zusammengearbeitet hat; die Mucklas-Welt entstand zum Teil bei uns, zum Teil bei Luxx Film. Die Animation, die Ausstattung und Beleuchtung bei Red Parrot. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, die bestmögliche Animationsqualität aus Deutschland heraus zu produzieren. Das ist uns bei PETTERSSON & FINDUS (2014, 2016, 2018) schon gelungen, bei PETERCHENS MONDFAHRT (2022) und im Falle von DIE MUCKLAS UND WIE SIE ZU PETTERSSON UND FINDUS KAMEN auch.


Mit Uwe Ochsenknecht haben Sie einen tollen Bösewicht. Wie böse durfte Karl der Kammerjäger sein?

Karl ist nicht grundböse. Das erkennt Molli sofort. Er hat den Beruf des Kammerjägers ergriffen, weil es Ehrensache war, den Familienbetrieb fortzuführen. Ich stelle mir vor, dass er in der Schule jemand war, der gehänselt wurde und im Grunde in die Rolle des unnachgiebigen, ehrgeizigen Kammerjägers hineingewachsen ist. Er will es allen zeigen. Als er entdeckt, dass die Mucklas doch noch nicht seit hunderten von Jahren ausgestorben sind, wittert er seine Chance, mit ihrer Ausrottung weltberühmt zu werden. Doch Molli verändert seine Welt, wie Frauen oft die Welt von Männern verändern. Das ist das Glück der Mucklas, sonst hätte er nie lockergelassen. Uwe Ochsenknecht hat ein grandioses Gespür für Komödie. Obwohl seine Figur der Bösewicht ist, war ihm klar, dass er nie ernsthaft böse sein darf. Er hat es geschafft, diese Rolle stets einen Meter über der Erde zu spielen, immer drüber zu sein, damit der Sinn für die Komödie nicht verloren geht. Diese Kunst beherrscht nicht jeder Schauspieler.


Mit ChrisTine Urspruch ist Ihnen ein Besetzungscoup gelungen – das ursprüngliche Sams! Warum wollten Sie sie in der Rolle der Molli haben?

ChrisTine ist auch jemand, die zwar hochdramatisch spielen kann, aber wenn es sein muss, ihrem Spiel eine Leichtigkeit schenkt, die für Komödien unabdingbar ist. Sie ist einfach eine tolle, vielseitige Schauspielerin. Ich kenne sie schon sehr lange, wir sind in einer Agentur, tauschen uns immer wieder aus, wenn wir uns bei Events treffen. Außerdem ist sie Mutter und weiß, wie die Welt der Kinder funktioniert.


Sie sind wie in den PETTERSSON & FINDUS-Filmen auch wieder als Synchronsprecher zu hören, haben Smartö mit Ihrer Stimme zu Leben erweckt. Auch Ihre Tochter Roxana und Ihre Frau Caroline wurden für die Synchronarbeit eingespannt. Macht es im Familienverbund noch mehr Spaß?

Es hat einen profanen Grund: Es ist am einfachsten. Wenn ich bei der Arbeit jemanden benötige, der diesen oder jenen Satz mal kurz ins Mikrofon spricht, bin das entweder ich oder ich renne in die Küche und bitte meine Frau und meine Tochter, die beide ausgebildete Schauspielerinnen sind. Die Stimmaufnahmen kann ich sofort ins Bild schneiden. Außerdem benötigen die Animationsspezialisten und Storyboarder, bevor sie loslegen, die Stimmen, um die Charaktere zu entwickeln. Natürlich nicht irgendwelche Stimmen! Die Stimmen müssen bereits einen gewissen Ausdruck haben – man braucht also Mitstreiter, die sich trauen, mit Ausdruck zu sprechen. Später, wenn der Film fertig ist, werden die Synchronstimmen neu aufgenommen, weil meine Handyaufnahmen natürlich nicht kinotauglich sind. Meine beiden Mädels sind gerne bereit, mich zu unterstützen. Roxana hat mittlerweile auch viel Erfahrung gesammelt als Synchronsprecherin bei großen Kinofilmen. Es ist immer ein wechselseitiges Spiel: Wenn die Stimmvorlage gut ist, werden die Animatics gut, werden die Animationen gut. Wenn die Animationen gut sind, forciert das wiederum die Sprecher, noch mehr Gas zu geben, um sich voll und ganz in ihre Rollen hineinzuwerfen.


Was waren die Herausforderungen in der Postproduktion?

Wir hatten wenig Zeit. Wenn man wie in unserem Falle mit verschiedenen Teams, die bundesweit verstreut sitzen, zusammenarbeitet und wenig Zeit hat, muss alles sitzen. Unsere Animatoren sind deshalb sogar neue Wege gegangen, haben teilweise gar keine Animatics erstellt, sondern gleich Layouts, also die unmittelbaren Schritte vor der Animation. Das hat am Anfang zwar viel Zeit gekostet, hat den Austausch aber letztendlich vereinfacht. Die Qualität der Bilder ist enorm, für deutsche Verhältnisse sehr hochwertig. Ein einziges Bild wurde zum Teil 40 Stunden gerendert, und davon braucht man 24 Stück für eine Sekunde! Die gesamte Produktionszeit hat zehn Monate gedauert, was seinesgleichen sucht.

Foto:
©

Info:                                                     
Die Mucklas ...und wie sie zu Pettersson und Findus kamen (Deutschland 2022) 
Regie: Ali Samadi Ahadi, Markus Dietrich
Drehbuch: Sven Nordqvist, Thomas Springer
Darsteller: Uwe Ochsenknecht, ChrisTine Urspruch, Stefan Kurt, Marianne Sägebrecht, André Jung u.a.
Deutsche Sprecher: Anna Gamburg, Roxana Samadi, Ali Samadi Ahadi, Marcel Mann, Joachim Tennstedt u.a.
Verleih: Wild Bunch Germany