rheing1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Oktober 2022, Teil  4

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Rheingold“ wurde an 50 Drehtagen in fünf Bundesländern gedreht (Nordrhein-Westfalen, Hamburg,
Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg) und in weiteren drei Ländern (Niederlande, Marokko und Mexiko). Produzentin Nurhan Şekerci-Porst fasst zusammen: „Die Produktion war sehr groß, komplex und eine Herausforderung für alle Gewerke.“

„Es gab auch unvorhersehbare Situationen, auf die die Produktion reagieren musste“, fährt sie fort. „In Marokko wurde wegen neuer Pandemie-Regelungen kurzfristig die Schließung des Luftraums angeordnet, sodass wir als Produktion schnell entscheiden mussten, wie wir damit umgehen. Letztlich haben wir rasant alles umgeplant und alle wichtigen Teammitglieder kurzfristig einfliegen lassen. Vor Ort wurde das Team dann etwas nervös, weil zunächst nicht klar war, ob alle rechtzeitig zu Weihnachten bei ihren Familien sein würden. Dank eines angemieteten Charters und unseres lokalen Serviceproduzenten haben wir es geschafft, das Team mit einer Sondererlaubnis auszufliegen.“

Man sei sich schon sehr früh darüber im Klaren gewesen, „wie viel Aufwand und Risiko eine solch komplexe Produktion birgt“, meint sie. „Zugegeben, wir hatten schlaflose Nächte wegen der sehr kurzen Finanzierungsphase – und da der Stoff auf wahren Begebenheiten basiert, war uns auch die Wahrung der
Persönlichkeitsrechte aller genannten Personen ein großes Anliegen. Doch alle Beteiligten, unser gesamtes Team und der Cast haben an das Projekt geglaubt, Großartiges geleistet und geholfen, Fatihs Vision der Geschichte umzusetzen.“


Wie das Projekt zustande kam

„Xatar und ich haben viele gemeinsame Bekannte und Freunde, weswegen wir schon seit geraumer Zeit umeinander herumschwirrten“, erzählt Fatih Akin. „Da war es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns persönlich kennengelernt haben. Als es dann so weit war, wollte ich mehr über ihn erfahren und habe seine Biografie gelesen. Während der Lektüre habe ich das Potenzial für ein großes Epos erkannt.“ 

Giwar Hajabis Autobiografie „Alles oder nix: Bei uns sagt man, die Welt gehört dir“ erschien 2015. Es gab einige Anfragen von Produktionsfirmen für die Filmrechte und Gespräche mit verschiedenen Regisseuren. Dass das Buch verfilmt werden sollte, war klar. Schließlich kam eine Option für eine Serie zustande. Zu der Zeit schrieben sich Xatar und Fatih ab und zu auf Instagram und vereinbarten ein Treffen in Hamburg. Dass Fatih Akin sein Buch verfilmen wollte, überraschte Xatar: „Ich kenne seine Filme, die sind sehr deep in den Themen, für mich ist Fatih nicht der Typ, der einen Rapper verfilmen würde. Die anderen Regisseure wollten den Rapper-Hype mitnehmen für die Einschaltquoten. Bei Fatih konnte ich mir das nicht vorstellen.“ Er empfand es als glückliche Fügung, dass das Serienprojekt nicht zustande kam. Die Verhandlungen mit Fatih Akin waren unkompliziert, dann ging es los.


Der Reiz des Projekts

Fatih Akin reizte an dem Stoff, dass Giwars Lebensgeschichte viele Genres verbindet: „Einwanderungsdrama, Coming-of-Age-, Gangster-, Musikfilm. Ich mag es, wenn man Filme nicht so recht einordnen kann. Der Film beginnt und du denkst: Ah, das ist so ein Film. Und am Ende bist du ganz woanders gelandet. Ich mag es, wenn Filme einen herausfordern“, meint Akin.

Giwar sagt, er habe viel über sich gelernt, was er bis dahin nicht wusste. „Auch durch die Schauspieler, wie sie das spielen, mich nachmachen. Mimik, Gesten, Gang, meine Art zu reden, aber auch von der emotionalen Seite. Ich konnte meine Emotionen nie reflektieren. Jetzt sehe ich sie – es ist der Mensch hinter
Xatar.“

Elementar ist aus seiner Sicht die nicht endende Flucht. „Die Anfänge, die Augen gehen auf, das Gehirn im Knast, es ist immer wieder eine Flucht. Sei es in die Freiheit oder in die wirtschaftliche Unabhängigkeit“, resümiert er. „So einen Film gab es noch nicht“, fügt er hinzu. „Nicht weil mein Leben voll krass ist, sondern weil es ein Fatih-Akin-Film ist, deshalb sollte man ihn nicht verpassen. Da sind paradoxe, gegensätzliche Sachen drin, Welten treffen aufeinander in einer Person.“

Für Emilio Sakraya, der Xatar spielt, lag der Reiz grundsätzlich in der Verwandlung. „Ich versuche etwas zu drehen, was weit weg ist von mir persönlich“, sagt er. Er erinnert sich an das erste Gespräch mit Fatih, der ihm sagte, er habe schon beim Schreiben an ihn gedacht. „Ob das passen würde, hab ich nicht direkt
gesehen, hatte aber total Lust auf das Verwandeln – zunehmen, Haare abrasieren et cetera.“


Die Arbeit am Drehbuch

Xatars Autobiografie war ein Bestseller. Fatih Akin über die Umsetzung der Vorlage: „Dinge, die ich aus anderen Filmen oder Serien kenne, die man bei so einem Leben erwartet, waren sehr ausführlich dargestellt. Die Dinge, die mich wirklich interessieren, waren aber nur angerissen“, so der Regisseur. „Also
haben Giwar und ich während des ersten Lockdowns 2020 ewig lange Interviews auf Skype geführt. Da konnte ich ihm all meine Fragen, die ich während der Lektüre gesammelt hatte, stellen. Dabei kam quasi ein zweites Buch heraus. Die Anhänge, wenn man so will. Und das war dann meine Hauptquelle für das Drehbuch.“ 

Er sei ein Filmfreak, meint Giwar, und habe es sich beim Schreiben schon wie einen Film vorgestellt. „Das Buch fängt an mit einem Verhör, da erzähle ich mein Leben“, sagt er. Die Zusammenarbeit mit Fatih am Drehbuch mit den vielen Skype-Sessions fand er perfekt. „Das ging monatelang, jeden Tag mehrere Stunden. Fatih kannte das Buch besser als ich“, erinnert er sich. „Er wollte jede Menge Details wissen, wie hat es da ausgesehen, gerochen. Er geht so tief rein, dass ich auch in Themen reingehen musste, die ich unterbewusst schon verdrängt hatte.“

Als die Hintergründe geklärt waren, schrieb Fatih Akin in kurzer Zeit das Drehbuch. „Ich hatte natürlich Punkte, wo ich gesagt hab, das besser nicht“, meint Xatar. „Aber Fatih lässt sich auch nicht reinreden. Bevor wir unterschrieben haben, sagte er: ‚Das ist mein Film und nicht dein Film.‘ Ich will das sogar, nicht dass es heißt, der wurde gut dargestellt. Das ist eine Bio, die muss kritisch sein. Fatih hat mich auch nicht immer alles wissen lassen, ich durfte zum Beispiel die gedrehten Szenen nicht sehen.“

Fortsetzung folgt

Foto:
©Verleih
 
Info:
WARNER BROS. PICTURES präsentiert
eine Produktion von BOMBERO INTERNATIONAL
und WARNER BROS. FILM PRODUCTIONS GERMANY
in Co-Produktion mit PALOSANTO FILMS, RAI CINEMA, LEMMING FILM,
CORAZÓN INTERNATIONAL, LENSDROP
in Zusammenarbeit mit PATHÉ
ein Film von FATIH AKIN
mit EMILIO SAKRAYA
MONA PIRZAD
KARDO RAZZAZI
ILYES RAOUL
SOGOL FAGHANI
HÜSEYIN TOP
ARMAN KASHANI
ENSAR „ENO“ ALBAYRAK als SSIO
DENIS MOSCHITTO
und UĞUR YÜCEL

Buch und Regie FATIH AKIN
nach der Autobiografie von XATAR

Abdruck aus dem Presseheft