Bildschirmfoto 2023 01 05 um 00.04.21 Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Januar 2023, Teil 5

Redaktion

Paris (Weltexpresso) - Wie sind Sie zu diesem Projekt gekommen?

Clément Miserez hat mir die Idee vorgeschlagen: Er wollte die Kinderbuchgeschichte in die heutige Zeit verlegen und die Figuren neu erfi nden. Ich musste meine eigene Vision entwickeln und dieser Gedanke hat mich sehr gereizt.


Wie haben Sie sich das vorgestellt, die Handlung in der Gegenwart neu entstehen zu lassen?

Ich habe darüber nachgedacht, was die Berge heute bedeuten. Das ist ein sehr kleines Gebiet, auf dem mehrere menschliche Aktivitäten Platz fi nden müssen: landwirtschaftliche Betriebe, Viehzucht, es herrscht aber auch touristischer Druck und es gibt ein wachsendes Umweltbewusstsein. Die Region ist sehr empfi ndlich und leidet unter dem Klimawandel. Ich wollte vom pastoralen Leben und der Wanderschäferei erzählen, die immer mehr junge Menschen anzieht und zur Gründung von Schäferschulen führt. Ausgehend von dieser Aufgabe, eine Herde von A nach B zu bringen, kann Interesse für die Ökologie geweckt werden, für die Umstellung, die Stadtmenschen in diesen geschützten Gebieten erwartet, für das Problem der Wasserknappheit und für eine Geschichte des Austauschs, bei der ein älterer
Mensch sein Wissen an ein Kind weitergibt und das Kind seine neue Weltsicht an den Älteren.


Erzählen Sie uns von der Beziehung zwischen Belle und Sebastian.

Ein Kind und ein Tier. Das ist ein Genre für sich. Diese Beziehung ist faszinierend. Das Kind ist noch nicht vom Stolz des Erwachsenen geprägt, hat noch nicht seine eigene Natur vom gesamten Tierreich getrennt. Darin liegt die Schönheit dieser Verbindung: Das Kind sieht das Tier noch als ebenbürtig an. Dieser Film ist nicht die Geschichte eines Hundes, der gezähmt wird. Sebastian will ihn nie besitzen. Es geht um eine Begegnung – von zwei Individuen, die sich gegenseitig unterstützen und versuchen, die Probleme gemeinsam zu lösen. Belle ist ein freiheitsliebendes Tier. Am wichtigsten ist es für sie, frei in den Bergen herumzulaufen. Ihr Besitzer hält sie davon ab. Er lebt immer noch in der alten Welt; Belle ist SEIN Hund. Als Sebastian in ihr Leben tritt, ist es für Belle nach vielen Jahren endlich wieder möglich, ihren Wunsch nach Freiheit auszuleben.

Der Film erzählt auch eine komplexe Familiengeschichte, die sich zwischen drei Generationen entspinnt. Wir wollten eine Familie mit vielen Schattenseiten und schwelenden Konflikten. Sie werden zum Bindeglied zwischen Belle und Sebastian. Es gibt nicht viele Figuren in dem Film, aber sie alle haben eine Geschichte, eine Vergangenheit und etwas zu erzählen. Belle ist für sie eine Art Katalysator – sie durchschaut alle Figuren und zwingt sie, sich mit ihr auseinanderzusetzen.


Es ist voll und ganz ein Abenteuerfilm geworden.

Ja, es ist ein Abenteuerfilm auf Augenhöhe mit den Kindern, getragen auf den Schultern eines Jungen. Ich wollte den zehnjährigen Helden in Situationen bringen, in denen seine Intelligenz, sein Mut, seine Verrücktheit und seine Freundschaft mit Belle ihn aus seinen Schwierigkeiten befreien können. Im Film kann man alles genießen, was eine Bergkulisse heute zu bieten hat: schneebedeckte Gipfel, unheimliche Wälder und geheime Höhlen, aber auch dunkle Nächte, wilde Tiere, Bergbahnen, Gleitschirmfliegen, riesige Geländewagen, die mit Höchstgeschwindigkeit über die Wanderwege rasen. Es ist eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration und es gibt alles, was man für einen guten Actionfilm braucht.


Durch den Film zieht sich wie ein roter Faden die Frage nach den Wölfen.

Mit den Wölfen verbindet sich ein immenses Potential, vom Abenteuer zu erzählen. Sie verkörpern sowohl die Herausforderung, die unsere Figuren erwartet als auch Belles Sehnsucht nach Freiheit. Ebenso wie die Hoffnung auf das weiße Gold – den Kunstschnee – ist die Ankunft der Raubtiere in den Bergen eine echte ökologische und gesellschaftliche Herausforderung. Wir sehen sie als Freunde von Belle, die Sebastian beschützen, wenn er sie braucht, aber es gibt natürlich auch die Perspektive der Schafzüchter. Ich wollte, dass man versteht, dass in einem einzigen Augenblick alles, was man gepflegt und gehegt hat, vernichtet werden kann. Dies ist kein Wolf aus einem Märchen, sondern eine Kreatur mit all seinen Vor- und Nachteilen. Wir hatten das Glück, einen unglaublichen Tiertrainer an unserer Seite zu haben,
der Wölfe mitten in der Nacht auf Schafe hetzen konnte, und alles ging gut.