Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. März 2023, Teil 3
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Lucy (Valerie und Violetta Arnemann) ist zehn Jahre alt und absolut ehrlich, höflich und immer gut gelaunt. Ihre Eltern Pietro (Kostja Ullmann) und Nadine Pagano (Franziska Wulf) betreiben das beliebteste Eiscafé ″Felicità″ der Stadt, in dem das Eis nach einem altem Familienrezept der Paganos hergestellt wird. Deshalb haben sie schon unzählige Eissorten entwickelt. Lucy glaubt nämlich, dass es für jedes Problem die richtige Eissorte gibt, man deshalb als Probleme beseitigen und jeden im Städtchen glücklich machen kann.
Doch dann geht durch eine Unachtsamkeit von Pietro die Eismaschine kaputt. Eine neue kostet 30 000 Euro. Dummerweise ist der Schaden nicht versichert und die Bank ist nicht bereit, den Paganos noch einen zusätzlichen Kredit zu geben, denn die müssen noch die Renovierung der Eisdiele abbezahlen.
Als Lucys Patenonkel Carlo (Kailas Mahadevan) behauptet, dass wirklich jeder Gangster werden kann und dass man, um im Leben weiterzukommen, die Regeln für sein Leben selbst bestimmen sollte, kommt sie auf die Idee, dass sie Gangster werden muss. Denn sie will die Bank überfallen, damit ihre Familie vor dem Ruin gerettet wird. Da das vorgefertigte Eis auszugehen droht, und es nicht klappt, ohne die teure Eismaschine verkaufsfähiges Eis herzustellen, werden immer mehr Besucher unzufrieden und versuchen an anderer Stelle ihr Eis zu bekommen.
Um Gangster zu werden, soll Lucy ihr Mitschüler Tristan (Brooklyn Liebig) beibringen, wie man am besten klaut, lügt, betrügt, besticht und eine Bank überfällt. Tristan scheint dafür genau der Richtige zu sein, denn er kommt immer zu spät, stört den Unterricht, ist schlecht in der Schule und klaut regelmäßig im Supermarkt. Lucy will ihm dafür Nachhilfe in Mathe geben. Gleichzeit vernachlässigt Lucy ihre beste Freundin Rima (Lisa Marie Trense), die eigentlich ähnlich brav wie sie selbst ist und die als Schülerlotsin für die Sicherheit der Schüler vor ihrer Schule verantwortlich ist.
Lucy wird von Tristan trainiert, damit aus der lieben Lucy ein böser Lucyfer wird, doch leider ist das gar nicht so einfach. Kann die brave Lucy wirklich ein echter Gangster werden, eine Bank überfallen und die Familie vor der Pleite zu retten? Kann ihre beste Freundin Rima den Plan noch verhindern und was will Tristan eigentlich?
″Lucy ist jetzt Gangster″ ist ein Kinderfilm für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren, bei dem das Drehbuch von Andreas Cordes und Till Endemann stammt, letzterer hat auch selbst Regie geführt. Der Film wurde mehrheitlich in der schwäbischen Stadt Bad Wimpfen gedreht. Till Endemann hat dort zusammen mit dem Kameramann Lars Liebold eine farbenfrohe Kulisse geschaffen. Dabei besticht die Familienkomödie vor allem mit bunten nostalgischen Bildern (und das nicht nur bei den Bildern des Städtchens, sondern auch bei den Uniformen der Polizisten oder den gezeigten Autos). Daneben erzählt er eine kurzweilige Geschichte mit sympathischen Figuren. Die herrlich überdrehte Komödie ändert ihren fröhlichen Ton auch nicht, nachdem die Katastrophe mit der Eismaschine passiert ist.
Die Idee des Films ist, dass ein braves Mädchen meint böse werden zu müssen, um ihren Eltern zu helfen. Dazu begibt sie sich in eine Trainingsprogramm mit dem sie regelmäßig scheitert. Sie soll Erpressen, Mobben und Klauen, doch nichts klappt, weil Lucy im letzten Moment entweder Gewissensbisse oder Mitleid bekommt. Bei allen Aktionen behandeln die Drehbuchautoren solche Stoffe, die an die kindliche Erfahrungswelt anknüpfen, dabei verlassen sie sich nicht allein auf spannende Abenteuer und lustige Charaktere. Der Film verwebt dadurch kindgerecht spannende Unterhaltung mit wichtigen Fragen, die vor allem im realen Alltag der Kinder eine Rolle spielen.
Wie es sich für einen Kinderfilm gehört, sind allerdings einige der Charaktere dann doch etwas überzeichnet. Das gilt vor allem für Esther Schweins als Reporterin Katja Krone oder auch für Kailas Mahadevan als Onkel Carlo Pagano, der doch etwas nach dem Vorurteil eines italienischen Mafiosi geraten ist und der bei jedem Brettspiel auch betrügen muss.
Auch Tristans Eltern Herr und Frau Nowack (Holger Stockhaus und Bettina Lamprecht) sind mit ihrem Desinteresse Tristan gegenüber etwas überzeichnet, da bei ihnen zu Hause Sushi gegessen wird, während der Vater nebenbei Verträge abschließt und die Mutter auf Japanisch telefoniert und beide den Jungen überhaupt nicht beachten. Aber vermutlich möchte man so den jungen Zuschauern deutlich machen, wieso Tristan sich so aufsässig verhält.
Die vier jungen Hauptdarsteller Valerie & Violetta Arnemann in ihrer Doppelrolle als Lucy Pagano, Brooklyn Liebig als Tristan und Lisa Marie Trense als Lucys beste Freundin Rima machen ihre Sache ordentlich, auch wenn man hin und wieder ihnen doch ihre Unerfahrenheit vor der Kamera anmerkt. Aber das ist kritisieren auf hohem Niveau, da es der angedachten Zielgruppe des Films ganz sicher vollkommen egal ist. Das gilt auch, wenn der Film ein paar typische Klischees zeigt, denn natürlich sind die Mädchen Lucy und Rima gut und der Junge Tristan böse, doch hat der Film diese Klippen dann doch recht leichtfüßig und elegant umschifft.
Sehr schön ist dann auch der Schluss gelungen, da der Film dann doch noch die Kurve bekommt, wie Lucy sehr elegant aus der Sache wieder herauskommt, denn auch wenn sie gerne Lucyfer sein will, ist sie in ihrem Innern immer noch Lucy.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) vergibt das Prädikat ″wertvoll″, denn das liebevoll dekorierte Setting, der passende Score und die Spielfreude aller Darsteller machen die Komödie zu einen großen Film-Spaß für die ganze Familie. Die FBW-Jugend Filmjury hat den Film mit 4,5 von 5 Sternen bewertet, denn sie hält ihn für einen tollen, actionreichen Familienfilm, der viel Spaß beim Zugucken macht.
″Lucy ist jetzt Gangster″ ist eine kurzweilige Familienkomödie für jüngere Kinder und ihre Eltern mit märchenhafter Überzeichnung. Dabei knüpft der Film an die Erfahrungswelt der jungen Zuschauer an, da die Story zwar fantasievoll aber doch in vielen Passagen auch realistisch ist. Es wird immer wieder gezeigt, dass schon kleine Dinge hilfreich sein können und dadurch unglückliche Menschen glücklich und zufrieden gemacht werden können. In der Wandlung von Tristan wird auch gezeigt, dass man Menschen, die in der Vergangenheit Fehler gemacht haben oder sich einfach nur falsch verhalten haben, auch eine zweite Chance geben sollte.
Insgesamt ist ″Lucy ist jetzt Gangster″ ein sonniges und spaßiges Gangsterabenteuer für die ganze Familie, das man sich als Eltern zusammen mit seinen Grundschulkindern sehr gut im Kino ansehen kann.
Foto 1: Familie Pagano (Kostja Ullmann, Valerie / Violetta Arnemann, Franziska Wulf) verkauft in ihrer Gelateria Felicità ″Glück in Waffeln″ © Wild Bunch Germany, INDI FILM, Daniel Dornhöfer
Foto 2: Um böse zu werden, soll Lucy (Valerie / Violetta Arnemann) als erste Lektion angebliche Spenden sammeln © Wild Bunch Germany, INDI FILM, Daniel Dornhöfer
Foto 3: Lucy (Valerie / Violetta Arnemann) und ihre beste Freundin Rima (Lisa Marie Trense) beim Einkaufen © Wild Bunch Germany, INDI FILM, Daniel Dornhöfer
Info:
Lucy ist jetzt Gangster (Deutschland 2022)
Genre: Kinderfilm, Familie, Komödie
Filmlänge: 91 Min.
Regie: Till Endemann
Drehbuch: Till Endemann, Andreas Cordes
Darsteller: Valerie Arnemann, Violetta Arnemann, Lisa Marie Trense, Brooklyn Liebig, Franziska Wulf, Sina Bianca Hentschel, Kostja Ullmann, Esther Schweins, Stephan Bieker, Kalias Mahadevan, Fe Binger u.a.
Verleih: Wild Bunch Germany
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 02.03.2023
