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Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. März 2023, Teil 6

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Lydia Tár ist am Höhepunkt ihrer Karriere. Als Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker spielt sie gerade Mahlers Fünfte Sinfonie ein. Sie ist verheiratet mit ihrer Konzertmeisterin (Nina Hoss), hat eine kleine Tochter (Mila Bogojevic) und pendelt zwischen New York und Berlin und kann sich eigentlich alles leisten. Und das tut sie auch. So fördert sie junge Musikerinnen und lässt sie auch wieder fallen. 


Doch ihre offen in einem Interview mit "The New Yorker" zum Ausdruck gebrachte Ablehnung geschlechtsspezifischen Sprechens oder jeglicher Einteilung der Menschen in verschiedene "Rassen" wird ihr zum Verhängnis. Versteckte Aufzeichnungen und verfälschende Viedeozusammenschnitte aus ihren Seminaren an der renommierten Julliard School in New York tauchen in den "sozialen Medien" auf und sie verliert bald den Rückhalt auch jener, die sie einst schätzten und förderten und ihr, der Amerikanerin, die Leitung des berühmten Orchesters in Berlin übertragen hatten. Und das nur, weil das Gassengeschwätz laut genug daherkommt und Talent, Würde, Persönlichkeit auf den zweiten Platz verweist. 

Regisseur Todd Field legt nach „In The Bedroom“ und dem für drei Oscars nominierten „Little Children“ nun seinen dritten Spielfilm vor und lässt ihn wie das Biopic einer fiktiven Figur erscheinen. Er hat auch das Drehbuch geschrieben und schon von Beginn an Cate Blanchett als Hauptdarstellerin vor Augen gehabt. Zum Glück hat sie auch zugesagt, denn sonst hätte Field das Projekt wieder aufgegeben, wie er während des Filmfestivals von Venedig, auf dem der Film im letzten Herbst Premiere hatte, betonte. 

Und es ist Cate Blanchett, die den Film trägt, die durch seine Überlänge von 158 Minuten und durch die besonders im ersten Teil immer nur angedeuteten, nicht zuende erzählten und wieder überlagerten Handlungsstränge führt. Mahlers Partituren werden nur kurz angespielt, während der Alltag der Dirigentin in den Vordergrund rückt und das kann zuweilen langweilig werden. Wenn aber die Intrigen sich allmählich intensivieren, wenn Fehler passieren, wenn Tár über ihre eigenen Absichten stolpert, Vertraute nicht weiter mitspielen und es enger wird um die eindrucksvoll ehrgeizige Maestra, nimmt die Handlung an Fahrt auf, wird dramatisch, aufregend - kurz vor dem Fall.

Sehenswert ist der Film allein schon wegen der schauspielerischen Leistung von Cate Blanchett, die in jeder Hinsicht den Takt vorgibt und am Ende aus dem Takt gerät. Im Januar wurde sie für ihre Rolle mit einem Golden Globe ausgezeichnet.


Foto:
©Verleih
 

Info:
Tár, USA, 2022
Regie: Todd Field
Drehbuch: Todd Field
Besetzung: Cate Blanchett, Nina Hoss, Mila Bogojevic, Noémie Merlant u.a.
158 Minuten