Tagebuch zum Berliner off-off-Filmfestival „achtung berlin“, Teil 2

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Gestern Abend im Kino „International“ - die Berliner Kreativen unter sich und die Eröffnung der zehnten Festspiele war so aufregend wie das Jahresfest der Blasmusikervereinigung oder ein ökumenischer Altennachmittag in meinem hessischen Heimatort.

 

 

Eine Antwort auf die Frage, warum „dieses wichtigste Festival der Stadt“ so wichtig ist, konnte der um Humor bemühte Conférencier dem befragten Publikum nicht entlocken. Aber auch die Festivalgründer sagten dazu nichts, sondern begrüßten ausgiebig ihre vielen Bekannten im Publikum und erzählten spontane Homestories: „Unsere Partnerinnen haben wir durch die Festivalarbeit kennengelernt.“

 

Nach über einer Stunde wurde dann endlich der Eröffnungsfilm „Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste“ präsentiert. Die Schauspielerin Anne Haug gab sich bei den Filmfestspielen in Cannes als Regisseurin Isabell Šuba aus, die mit ihrem Doku-Drama „die von Männern dominierte Filmwelt“ bloßstellen wollte. Eigentlich eine gute Idee…

 

Cannes war wohl regnerisch und kalt, hektisch und mondän, das kleine Hotelzimmer mit vier Leuten überbelegt und im Wettbewerb lief kein Film von einer Frau. Aber letztlich erklärt das alles nicht, warum Haug alias Šuba durchgängig so unglaublich motzig - wie die jeweilige Zicke im Dschungelcamp - fast 90 Minuten lang mit ihrem Produzenten herumstritt. Das wirkte oft lediglich deshalb komisch, weil die improvisierte Streiterei so fürchterlich verabredet wirkte (und ja auch war). Ansonsten fand Šuba (also Haug) immer weibliche Gegenüber für ihre Interviews und immer „Pitch“ genannten Marketinggespräche. Brüste wurden nicht gezeigt, aber Šuba (also Haug) hatte nette lesbische Begegnungen, was den Produzenten in, sichtbar gespielte Wut versetzte und dadurch dem Werk etwas Spannung verlieh.

 

Solche „jungen Filme“ wirken wie mit dem Smartphone in der Pause auf dem Schulhof aufgenommene YouTube Clips. Sie sind derzeit auf den Filmhochschulen sehr in Mode und werden mit Förderpreisen überhäuft, wie beispielsweise „Love Steaks“. Das Publikum war begeistert und bejubelte Isabell Šuba, die sagte, sie habe sich in Cannes „sehr fremd“ gefühlt.

 

Auch ich habe mich gestern Abend im „International“ sehr fremd gefühlt.

 

"Quelle und (c) "achtung berlin"

Trailer auf www.youtube.com/watch?v=A-K0k6YB-3E