Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 10. April, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zuerst einmal: während sich in der Redaktion die Informationen über Lego-Reisen und neue Lego-Spiele anhäufen, denn das Ganze ist natürlich ein profitables Geschäft, muß man das Ansehen des Films nicht scheuen, ja kann sogar bequem zurückgelehnt sich wundern, wie die kapitalistische Filmwirtschaft hier Lego zum Anwalt des Kleinen Mannes macht.

 

 

THE LEGO MOVIE



Noch nicht einmal nur zum Anwalt des Kleinen Mannes, der hier Emmet heißt. Durch die weitaus attraktivere Wyldstyle wird auch noch eine Anwältin der Kleinen Frau aufgeboten. Nicht unwitzig, aber zuerst einmal unerwartet in einem Film, der der Verherrlichung einer sehr guten pädagogischen Idee dient, mit der kräftig Geschäfte gemacht wurden und werden, was auf Dauer nach Einbrüchen nur möglich war, weil sich die Leute anpaßten an den Markt. Und genauso passen sich diese Filmemacher an an einen filmischen Markt, der Eigenlob oder eine sterile Verherrlichung nicht mit Zuschauerzahlen und erst recht nicht mit Filmkritikerlob belohnt hätte.

 

Den Film haben Phil Lord und Chris Miller gemacht, die schon CLOUDY WITH A CHANCE OF MEATBALLS und 21 JUMP STREET zusammen fertigten. Und er wird in 3D vorgeführt, was den Effekt hat, daß man immer wieder den Kopf einzieht, damit einem die heransausenden Lego-Steine oder ihre menschlichen Imaginationen nicht ins Gesicht krachen. Dabei ginge das gar nicht. Denn der gesamte Film ist virtuell. Kein einziger echter Legostein wurde verwendet. Das kann man sich als Normalbürger gar nicht vorstellen, wie das passiert, denn die Sehgewohntheit sieht die vermeintlich echten Steine, die zudem so digitalisiert wurden, daß man an ihnen Abnutzerscheinungen verfolgen kann. Der Film zeigt mehrere Millionen von Steinen, die auf der Grundlage von über drei Millionen Legos beruhen.

 

Dialektisch geht der Film mit den Gegensätzen los. Wir sehen Lord Business, riesengroß, denn er geht auf Stelzen, der sich die Welt untertan machen will, denn er hat die schärfste Waffe in seinen Händen: diese Klebstofflasche, mit der er fixiert, wen und was ihm paßt, auf dem Weg, die Weltherrschaft zu erlangen. Ein fieser, ärgerlicher Kerl, ein politischer Diktatur und gnadenloser Weltwirtschaftsboß in einem. Auf die These folgt die Antithese, zu der der ach so harmlose Emmet wird. Wir erleben ihn noch in seiner Beschaulichkeit als angepaßten Bauarbeiter, der strikt nach Anweisung, denn eigene Gedanken hat er nicht, baut und lebt – und in seiner Zufriedenheit, sogar akzeptiert, daß der - ob der öden, weil gleichförmigen vorgeschriebenen Arbeit besonders nötige - Kaffee im Kaufbecher 18 Euro kostet. Oder waren das Dollars, auf jeden Fall viel zu viel.

 

Nun haben wir nach der These mit dem Mogul zu erwähnen vergessen, daß der Zauberer Vitruvius eine Vision hat und eine Prophezeiung loswird, daß da einer kommen werde, die Welt vor dem Festkleben zu retten, der BESONDERE nämlich. Das kann unser Emmet, diese legogewordene fröhliche Mitmachfigur ja nun nicht sein, der brav seine Arbeit erledigt und die nervenstrapazierenden aufbauenden Lieder, die laut über die Legowelt tönen auch noch begeistert mitsingt. Er gehört also zum Heer der Bauarbeiter, die ohne eigenen kreativen Beitrag immer dasselbe nachbauen, was als Legostädte uniform entsteht, dann aber immer wieder in die Einzelteile durch Zerstörung zerfallen muß, damit das Werden und Vergehen die Funktion erhält, sofort nach der Zerstörung dasselbe wieder zu bauen. Ein völlig sinnloser Vorgang, der aber heftig nach Aktivität aussieht und Emmet glücklich macht.

 

Bis folgendes gleichzeitig passiert, was ihn und sein Leben ändert. Bei einem der Zusammenbrüche erhascht er das liebliche Gesicht von Wyldstyle, die zur Gegengruppe gehört, nämlich denen, die als Rebellen das System niederkämpfen wollen, das Lord Business mit seinem Klebstoff darstellt, also einfach die, die was im Hirn haben und darum auch Meisterbauer sind, denn sie brauchen keine Vorlagen, sondern nur ihren eigenen Verstand und ihre eigene Vorstellungen vom Verfertigen von Häusern und dem Leben durch Legosteine. Diese Rebellen suchen den sogenannten (Lego)-Stein des Widerstands, mit dessen Hilfe man den Unholdslord besiegen kann. Und genau der befindet sich als Wink des Schicksals auf einmal auf dem Rücken des Emmet. Verankert, wie festgeklebt, was dem Ganzen auch noch eine Spur der Ironie des Schicksals gibt.

 

So und jetzt, wo der Film eigentlich losgeht, schweigen wir. Denn das sehen Sie dann alles selber, was im Kampfgeschehen passiert und wie langsam aber sicher, der Kopf des Emmet zu sich selber findet und die Welt und er selber erkennen muß: er ist der BESONDERE. Wir fanden dann diesen Teil einfach zu lang, weil sich manches wiederholt.

 

Der Schluß aber nimmt noch einmal rasant Fahrt auf und hat Neues zu bieten, so daß die Zuschauer mit einem zufriedenen Lächeln aus dem Kino kommen. Schon Dümmeres gesehen, ist noch untertrieben, schon sehr viel; noch sehr viel Dümmeres gesehen, wäre richtig. Man kann sich den Film mit Vergnügen als Familie ansehen, wenn man nicht weiter darauf eingeht, welche Funktion eigentlich dort IM Film Batman hat, der doch aus einem anderen Universum kommt. Die Legos hätten schon gereicht. Mit Emmet brauchen die keinen aushäusigen Helden.