Junge Filmschaffende begeistern mit ihren Ideen
Sabine Zoller
Bad Herrenalb (Weltexpresso) - Zum ersten Mal fand in Bad Herrenalb der Auftakt zum Kurzfilm-Festival von Baden-Württemberg statt und brachte das Publikum mit jungen Filmschaffenden, Regisseuren, Drehbuchautoren und Schauspielern zusammen. Im Mittelpunkt standen sechs Kurzfilme, die im Rahmen des Landesfilmfestivals Filmschau Baden-Württemberg auf Reisen durch das Ländle gehen und um die Gunst des Publikums werben, denn der Gewinner wird durch eine Publikumswahl bestimmt.
Organisiert wird das Format vom Filmbüro Baden-Württemberg e. V. gemeinsam mit dem Kinomobil Baden-Württemberg e. V.. Ziel ist es, die künstlerisch-kreative Arbeit junger Filmschaffender auch abseits der großen Metropolen sichtbar zu machen. „Das Publikum soll erleben, was in Baden-Württemberg an filmischem Talent heranwächst und es gleichzeitig selbst bewerten dürfen“, erklärt Festivalleiter Oliver Mahn.
Für Yannick Tessenow, Geschäftsführer des Kinomobils Baden-Württemberg, ist das Konzept ein echter Gewinn:
„Die Tour startete im Vorjahr und findet 2025 ihre Fortsetzung. Bad Herrenalb ist in diesem Jahr die erste von vier Stationen, gefolgt von Ichenheim, Sulz am Neckar und Ebersbach an der Fils. Wir wollen zeigen, was im Land, besonders auch im ländlichen Raum, filmisch entsteht.“
Von stillen, poetischen Momenten bis zu spannungsgeladenen Szenen war am Sonntag in Bad Herrenalb alles dabei. Besonders eindrucksvoll: Viele der jungen Filmschaffenden reisten gemeinsam mit ihren Schauspielern und Teams an, um persönlich über ihre Werke zu sprechen und Einblicke in ihre Arbeit zu geben. Damit wurde Bad Herrenalb für einen Tag zum lebendigen Treffpunkt der Filmkultur.
Ein Beitrag stammt von Rocco Moreno aus Sindelfingen, der nicht nur als Regisseur, sondern auch als Drehbuchautor seines Films überzeugte, und das, obwohl er sein Studium an der Hochschule der Medien erst im kommenden Semester aufnimmt. Mit gerade einmal 22 Jahren bringt Moreno eine bemerkenswerte Leidenschaft für das Filmemachen mit. Sein Beitrag „Outside“ entstand als echte No-Budget-Produktion, und gerade das macht ihn so besonders. „Ich konnte das Haus einer Freundin als Drehort nutzen und habe es ganz nach der Atmosphäre meines Films umgestaltet“, erzählt er stolz. Unterstützt wurde er von Hannah Stäble und Sebastian Effenberger im Szenenbild sowie Nadja Leutelt, die für Maske und Styling verantwortlich war.
In der Hauptrolle spielt Mehrad Metamedi, der durch den ersten Aldi-Werbespot deutschlandweit bekannt wurde und heute in Köln lebt. „Es war ein besonderes Erlebnis, mit diesen jungen, hochmotivierten Menschen zusammenzuarbeiten“, sagt er. Gedreht wurde, passend zur Atmosphäre des Films, bei eisigen Temperaturen. „Wir wollten die Realität so authentisch wie möglich einfangen“, ergänzt Moreno.
Sein Film „Outside“ entführt in eine postapokalyptische Welt – ein Szenario, das den jungen Regisseur schon lange fasziniert. „Ich bin ein großer Fan des Endzeit-Genres“, erklärt er. „Mich beschäftigt die Frage, wie unsere Welt aussehen würde, wenn wir Menschen die Kontrolle über den Planeten verlieren – und wie Gesellschaft und Moral in solch einer Situation zerfallen oder neu entstehen könnten.“
„Outside“ versteht Moreno als Warnung und Mahnung zugleich – eine konsequent zu Ende gedachte Vision einer Welt nach dem Zusammenbruch. Seine Leidenschaft, sein Engagement und die überzeugende Umsetzung seines Projekts beeindruckten das Publikum.
Mit fünf weiteren Kurzfilmen spannte sich ein thematisch weiter Boge von nostalgischer Selbstsuche (Hiraeth) bis hin zu psychologischem Horror und Okkultismus. Sie erzählten von moralischen Konflikten und familiären Spannungen (Kokain im Hackenporsche), vom Überlebenskampf im Krieg (Rock, Paper, Scissors) und von den Abgründen menschlicher Begierde (Rotlicht). Jeder Film beleuchtete auf eigene Weise das Ringen des Menschen mit Angst, Verlust, Hoffnung und Verantwortung. Ein eindrucksvolles Kaleidoskop moderner Kurzfilmkunst zwischen Realität, Erinnerung und innerem Abgrund.
Im Anschluss an die Vorstellung wurden die Filme und ihre Macher mit herzlichem Applaus gefeiert, und Oliver Mahn sprach mit ihnen über Ideen, Arbeitsweisen und zukünftige Projekte. Dabei entstand eine offene, inspirierende Atmosphäre, in der sich Studierende verschiedener Filmhochschulen austauschten, gegenseitig ihre Arbeiten würdigten und neue Kontakte knüpften. Selbst nach Ende der Veranstaltung blieben viele Gäste noch im Foyer, vertieft in Gespräche und begeistert vom Austausch über Filmkunst, Visionen und kreative Wege. Ein gelungener Auftakt, der Lust auf mehr macht und zeigt, dass junge Filmkunst im Schwarzwald ebenso strahlen kann wie in den großen Städten.
Foto:
Auftakt in Bad Herrenalb
© Sabine Zoller