eddSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. November 2025, Teil 5

Redaktion 

Berlin (Weltexpresso) - Joaquin Phoenix verkörpert in EDDINGTON den Kleinstadtsheriff Joe Cross, der für den Posten des Bürgermeisters kandidiert. Der progressive Amtsinhaber Ted Garcia (Pedro Pascal) versucht derweil, die staubige Kleinstadt zu modernisieren, indem er ein neues Rechenzentrum für künstliche Intelligenz in das Städtchen locken will. Die Zukunft von Eddington, New Mexico, mit seinen 2.345 Einwohnern, steht auf dem Spiel. Währenddessen brechen sich Verschwörungen Bahn und schier aussichtslose Situationen lassen eine an den Rand des Abgrunds gedrängte Bürgerschaft entgleisen.

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„Wir wissen, dass wir in unseren eigenen Echokammern stecken, weil wir in einem System gefangen sind, das auf Rückkopplung beruht", erläutert Aster. „Das Problem besteht darin, dass die Leute vergessen haben, dass ihnen das eigentlich bewusst ist. Bei EDDINGTON geht es um die Frage, was passiert, wenn die Rückkopplung außer Kontrolle gerät und die individuellen Blasen kollidieren".

 

Ein hochkarätiges Ensemble erweckt die Kleinstadtbewohner im Kampf mit der sich verändernden Welt zum Leben: Joaquin Phoenix, Emma Stone, Austin Butler, Luke Grimes, Deirdre O'Connell, Micheal Ward, Clifton Collins Jr., William Belleau, Amélie Hoeferle, Cameron Mann Mann und Matt Gomez Hidaka.

 

„EDDINGTON ist ein Mikrokosmos der frühen Tage von Covid, einer Zeitspanne, die wir alle durchgemacht haben, und ihrer Folgen", erklärt Grimes, der den stellvertretenden Sheriff Guy Tooley spielt, an der Seite des gebeutelten Joe. „Diese Kleinstadt steht stellvertretend für ganz Amerika und dafür, wie die Ereignisse dieses Sommers uns Angst einjagten und das Land auf den Siedepunkt brachten."

 

Mehr als alles andere wird der Film von der Absurdität dessen angetrieben, was auf diesen Sommer und die fünf Jahre danach folgte. EDDINGTON gibt sich oftmals wie eine schwarze Komödie, denn wer nicht über den Zirkus im Amerika von heute lachen kann, wird sicherlich weinen.

 

„Verstehen sie mich nicht falsch: Ich bin nicht der Auffassung, dass irgendetwas, von dem was gerade passiert, lustig ist, aber es erscheint alles absurd", kommentiert Aster. „Das tückische an unserer Kultur? Sie ist beängstigend, gefährlich und katastrophal, dabei lächerlich, dumm und unmöglich ernst zu nehmen."

 

Trotz dieser Absurdität, „wollte ich einen Film drehen, dem Land, in dem wir leben, nachempfunden, ohne jemandem explizit den schwarzen Peter zuzuschieben. Ich hoffe, der Film ist insofern demokratisch, als dass er jedem Instrument in der polyphonen Kakophonie die gleiche Wichtigkeit zuerkennt“, so Aster. „Am Ende müssen wir, ungeachtet unserer Differenzen, einen Weg finden, wieder miteinander in Kontakt zu kommen. Die Mächte von Technik und Finanzen haben uns erstarren lassen, in unserer eingeschränkten Sichtweise, aber wir sitzen alle im gleichen Boot. Alle wissen, dass etwas komplett schiefläuft."

EIN FOLGENSCHWERER SOMMER

 

Aster, der in New York geboren wurde, aber in Santa Fe aufwuchs, bevor er die Filmschule in Los Angeles besuchte, wollte schon lange einen Film in New Mexico drehen. Nachdem er dies für sein Spielfilmdebüt in Betracht gezogen hatte, realisierte er stattdessen den Okkult-Horror Hereditary. In den ersten Tagen des Lockdowns fand er sich in New Mexico wieder, da seine Familie in der Nähe von Albuquerque lebt. Während ein Großteil der Bevölkerung von zuhause aus arbeitete und online kommunizierte, sah sich Aster dazu veranlasst, die Geschichte vom Juni 2020 neu aufzurollen.

 

„Als Covid stattfand und der schreckliche Mord an George Floyd, hatte ich das Gefühl, es sei der richtige Zeitpunkt, EDDINGTON wieder aufzugreifen und dieses Zusammentreffen von Ereignissen zu nutzen, um zu versuchen zu verstehen, was vor sich geht", erklärt Aster.

 

Zu diesem Zeitpunkt verbrachten die Amerikaner die meiste Zeit im Internet und setzten sich mit der Welt durch eine Flut von Nachrichten, persönlichen Erfahrungsberichten, Verschwörungstheorien und Fehlinformationen auseinander. Parallel dazu verbreitete sich Covid weiter und die Black-Lives-Matter-Bewegung nahm an Fahrt auf. Für Aster kam der Technologie bei der Manipulation und Spaltung zentrale Bedeutung zu. 

 

Aster fährt fort: „Ich glaube, es geht darum herauszufinden, was es bedeutet, in dieser seltsamen neuen Welt ein Individuum zu sein. Die Idee des Individualismus hat seit den Sechzigerjahren in den Köpfen der Leute verzerrte Formen angenommen und diese haben nur auf ein Feedback-System wie das jetzige gewartet. Die Wurzeln dessen liegen in der amerikanischen Historie. Der Film handelt in gewisser Weise von der Geschichte Amerikas, wie sie in den Köpfen der Menschen weiterlebt, und wie dieses dominante Rückkopplungssystem alles mit erhöhter Intensität aufeinanderprallen ließ. Ich wollte diese freien Radikale auf die Stadt loslassen, weil wenn man sie in einem Vakuum zusammenstoßen lässt undeine seltsame und beängstigende neue Logik ins Spiel kommt."

 

Aster verglich dieses neue Informations-Ökosystem mit einer Form von Wildem Westen. Es ging um eine Art ‘Wähle-dein-eigenes-Abenteuer‘-Realität, in der jeder versuchte, dem Pfad der Rechtschaffenheit zu folgen und eine Geschichte darüber zu erzählen, wie die Welt wirklich ist.

 

„Ich bin fasziniert davon, wie dieser Spuk mit dem Traum von Amerika kollidiert", so Aster weiter. „Es geht um den Konflikt zwischen Geschichte und Mythologie, und wie wir versuchen, uns selbst durch Mythen zu übertreffen. Wir werden alle von Dingen heimgesucht, die bis in unsere Anfänge zurückreichen. Als ich mit dem Drehbuch begonnen habe, waren wir mitten im Lockdown. Alles bewegt sich mittlerweile so schnell, dass es manchmal schwierig sein kann, sich zu erinnern, wie die Situation vor drei Wochen war, geschweige denn vor fünf Jahren. Wir leben innerhalb dieses beschleunigten Prozesses. Was sich wie ein Zusammenbruch anfühlt, ist möglicherweise eine Art Vollendung."



Foto:
©Verleih

Info:
Genre
Komödie, Drama, Western
Produktionsjahr
2025
Regie.  Ari Aster
Drehbuch.  Ari Aster
Besetzung
Joaquin Phoenix
Pedro Pascal
Emma Stone
Luke Grimes
Austin Butler
Deirdre O'Connell
Micheal Ward