Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. Dezember 2025, Teil 2
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Traditionsgemäß wird die neue Spielzeit an der Mailänder Scala am 7. Dezember eröffnet. Die feierliche Eröffnung ist seit mehr als sieben Jahrzehnten die vermutlich wichtigste Opernpremiere des Jahres - im wohl bedeutendsten Opernhaus der Welt. Für die Spielzeit 2024/2025 wurde eine Neuproduktion von Guiseppe Verdis ″La forza del destino - Die Macht des Schicksals″ von 1862 vorbereitet. Die Oper wurde seit Verdis 100. Todestag im Jahr 2001 nicht mehr an der Mailänder Scala aufgeführt.
Doch bevor sich der Vorhang im Dezember für die erste Vorführung von Verdis Oper öffnet, haben über 900 Künstlerinnen, Choreographen, Handwerker und Bühnentechniker monatelang im Schweiße ihres Angesichts geplant, geprobt und teils bis zur Erschöpfung gearbeitet.
Die Regisseurin und Drehbuchautorin Anissa Bonnefont (zusammen mit Myriam Weil) hat hautnah die Entstehung der Produktion verfolgt. Sie haben dabei den Film in mehrere Kapitel aufgeteilt, die jeweils die Tage bis zur Premiere gezählt haben.
Die Filmemacherin folgt dabei Leo Muscato, den Regisseur der Oper, und dem Dirigenten Riccardo Chailly bei jedem Schritt dieser Vorbereitungen.Leo Muscato hat sich entschlossen die Oper zu modernisieren und die einzelnen Akte in unterschiedlichen Jahrhunderten spielen zu lassen. Dazu nutzt er die von Federica Parolini gestaltete Drehbühnen-Konstruktion. Während des ersten Aktes dominiert noch das leuchtende Grün der Bäume und moosbewachsene Klostermauern, davon bleiben bis zum letzten Akt nur noch die verkohlten Überreste übrig. Auch die sehenswerten Kostüme von Kostümbildnerin Silvia Aymonino verorten das Geschehen zunächst noch in der Entstehungszeit der Oper, tasten sich dann aber von Akt zu Akt immer weiter in unsere Zeit vor.
Anissa Bonnefont zeigt dabei zusammen mit Kamerafrau Martina Cocco alle Gewerke und die über 900 Künstlerinnen, Choreographen, Handwerker und Bühnentechniker, die monatelang geplant, geprobt und teils bis zur Erschöpfung gearbeitet haben. Dazu wird neben der Bühnengestaltung auch die Auswahl der Tänzerinnen bis hin zu den Generalproben mit weltberühmten Sängern wie der russischen Sopranistin Anna Netrebko als Donna Leonora, dem etwas nervigen amerikanischen Tenor Brian Jagde als Don Alvaro sowie dem französischen Bariton Ludovic Tézier als Don Carlo di Vargas gezeigt.
Alle diese Szenen zeigen deutlich, dass der Prozess kompromisslose Akribie und kreatives Genie verlangt, das nur ein Ziel kennt: Zur Premiere soll ein opulentes Bühnenspektakel heraus kommen, das für das Publikum unvergesslich ist.
Der Dokumentarfilm ″La Scala – Die Macht des Schicksals″ folgt dem bunten Treiben mit der agilen Kamera von Kamerafrau Martina Cocco von Tag 1 bis zur Premiere. Dabei wird der Dokumentarfilm von der Regisseurin als Countdown inszeniert, beginnend weit über 100 Tage vor der Premiere.
Die Dokumentation bleibt während des gesamten Film nur beobachtend. Die Regisseur führt keine Interviews und es gibt auch keine Kommentare aus dem Off. Allerdings zeigt die Kamera sehr detailreich alle wichtigen Schritte bis zur Premiere. Sie beobachtet dabei sowohl die Vorbereitung durch Regisseur Leo Muscato, wenn er seine Ideen zur Darstellung vorstellt, über die Arbeit der technischen Abteilungen wie Schreinerei oder Kostümabteilung oder zu den Proben des Chores oder von Dirigent Riccardo Chailly mit dem Orchester. Auch die Proben mit den Künstlern wurden gezeigt, vor allem mit dem Bariton Ludovic Tézier, der den Don Carlo di Vargas spielt (während Anna Netrebko wohl erst sehr spät an den Proben teilgenommen hat).
Die Dokumentation ″La Scala – Die Macht des Schicksals″ ist deshalb eine wunderbar zusammengestellte Hommage an die verborgene und allzu häufig übersehene Arbeit, die eine Opernpremiere der Superlative mit sich bringt und erst möglich macht. Fernab des Blitzlichtgewitters am roten Teppich zeigt der Film die Menschen und ihre Entbehrungen und Spannungen, die notwendig sind, um eine solch große Inszenierung auf die Bühne zu bringen.
Insgesamt ist ″La Scala – Die Macht des Schicksals″ ein Dokumentarfilm, der von der ersten bis zur letzten Minute spannend ist und die Zuschauenden in Atem hält. Es ist auch eine faszinierende Dokumentation über die Leidenschaft für die Musik und – wie schon geschrieben – über die harte Arbeit von Vielen, die hinter einer so großen Inszenierung stehen. Der Film ist damit nicht nur ein muss für alle Liebhaber von großem Musiktheater, sondern er ist auch eine spannende Dokumentation für Zuschauer, die einfach mal hinter die Kulissen einer großen Opernaufführung schauen wollen.
Zusatz 1: Die Opernaufführung ″La forza del destino – Die Macht des Schicksals″, die übrigens die letzte unter dem Intendanten Dominique Meyer war, war dann auch ein überragender Erfolg. Vor allem Anna Netrebko wurde für ihre Leistung in den Kritiken gelobt (auch wenn es vereinzelt Kritik an der Person nicht an der Darbietung der Russin Anna Netrebko gegeben hat).
Foto 1: Starbesetzt: Die Hauptrolle in der Mailänder Aufführung von Verdis ″Die Macht des Schicksals″ übernehmen der Tenor Brian Jagde und die weltberühmte Sopranistin Anna Netrebko © Neue Visionen Filmverleih GmBH
Foto 2: Eindrucksvolles Schauspiel: Licht, Nebel und ein großartiges Design verwandeln die Bühne der Mailänder Scala in ein Spektakel der Superlative © Neue Visionen Filmverleih GmbH
Foto 3: Professioneller Blick: Opernregisseur Leo Muscato plant die Aufführung der Verdi-Oper ″Die Macht des Schicksals″ bis ins kleinste Detail © Neue Visionen Filmverleih GmbH
Info:
La Scala – Die Macht des Schicksals (Frankreich 2025)
Originaltitel: La Scala – La Force Du Destin
Genre: Dokumentation, Musik, Oper, Scala
Filmlänge: ca. 92 Min.
Regie: Anissa Bonnefont
Drehbuch: Anissa Bonnefont, Myriam Weil
Mitwirkende: Riccardo Chailly, Leo Muscato, Silvia Aymonino, Federica Parolini, Dominique Meyer, André Comploi, Anna Netrebko, Brian Jagde, Ludovic Tézier u.a.
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 18.12.2025
Zusatz 2: Arte wird am Sa. 31.01.2026 um 23:35 Uhr (ca. 192 Min.) eine Aufzeichnung der Oper aus dem Teatro alla Scala vom 7. Dezember 2024 als Sender-Erstausstrahlung zeigen. Die Aufführung ist auch Online verfügbar vom 24.01.2026 bis 30.04.2026.