scalaSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. Dezember 2025, Teil 1

Redaktion

Mailand (Weltexpresso) – Wann haben Sie zum ersten Mal darüber nachgedacht, einen Dokumentarfilm über die „Scala“ zu machen?

Meine Produzentin Myriam Weil hat mich gefragt, ob ich Interesse daran hätte einen Dokumentarfilm über die „Scala“ zu machen. Ich war sofort Feuer und Flamme, da ich großer Opernfan bin. Wir redeten lange darüber und ich überlegte, welchen Ansatz ich für den Film wählen sollte. Mir wurde klar, dass „La Prima“ im Fokus meiner Geschichte stehen sollte und ich wollte die gesamte Vorbereitung dieses einen Abends zeigen, um erlebbar zu machen, was hinter den Kulissen geschieht.


Sie haben zuvor zwei biographische Dokumentarfilme gedreht. Hat das in Vorbereitung auf die Dreharbeiten geholfen oder gab es große Unterschiede zu LA SCALA?

Die Arbeit an LA SCALA – DIE MACHT DES SCHICKSALS war völlig anders als alles, was ich zuvor gemacht hatte. Zum ersten Mal hatte ich keinen klaren Protagonisten, den ich auf seinem persönlichen Weg begleitete, sondern hunderte Menschen, die an einem riesigen Projekt arbeiteten. Ich wollte dem Film eine Intimität geben, obwohl es an der Oberfläche keine intime Geschichte ist. Dabei wiederum haben mir die Erfahrungen aus meinen vorherigen Projekten geholfen. Für WONDER BOY (2020) habe ich viel in einer Adoptionsagentur gedreht und für NADIA (2021) durfte ich in die Kabine der Frauenmannschaft von Paris Saint-Germain. Ich habe also gelernt, wie man seine Kamera an der Öffentlichkeit normalerweise unzugänglichen Orten platziert, ohne die Protagonisten zu stören. Grundsätzlich ist aber jeder Film anders, da es immer darum geht, Menschen in ihrem Leben und Wirken zu beobachten. Dafür muss man Ihnen den Komfort geben, den es braucht, um als Filmteam normal in ihren Alltag integriert zu werden.


Haben Sie eine persönliche Verbindung zur „Scala“ oder zur Oper im Allgemeinen? Haben sie „La Prima“ vor ihrer Arbeit am Film schon einmal erlebt?

Ich bin schon seit meiner Jugend ein riesiger Opernund Ballettfan und war sehr häufig in der Opéra Garnier in Paris. Ich kannte Oper aber immer nur als Zuschauer. Dank des Films durfte ich nicht nur die „Scala“ für mich entdecken, sondern auch, wie es ist, hinter den Kulissen zu arbeiten. Ich war vorher noch nie dort und es war eine Ehre in diesen Tempel der Kultur einzutreten und ihn für ein paar Monate zu meinem Zuhause zu machen. Heute kenne ich alle Gänge inund auswendig, aber bei meinem ersten Besuch war ich von meinen Emotionen komplett überwältigt. Seite an Seite mit den Menschen zu arbeiten, die diesen Ort am Leben halten und vorantreiben, war ein großes Geschenk.


Der Film zeigt die gesamte Vorbereitung der Premiere von Verdis „Die Macht des Schicksals“. Wie lange dauerten die Dreharbeiten?

Es waren drei Monate. Wir haben im September angefangen und der letzte Drehtag war „La Prima“ am 7. Dezember. Wir waren nicht jeden Tag vor Ort, aber je näher die Premiere rückte, desto häufiger konnten wir drehen. Zu Beginn hatten wir nur ein paar Kameras, aber es wurden immer mehr, weil die Proben und Aufbauarbeiten immer größer wurden. Es waren unglaublich viele Menschen auf einmal: Die Darsteller, die Statisten, der Chor, die Musiker und all die Techniker und Handwerker. Ich brauchte einfach immer mehr Kameras, um die gesamte Atmosphäre und den unvorstellbaren Aufwand einzufangen, der betrieben wurde.


Wie haben Sie die Protagonisten des Films festgelegt?

Das geschah einfach im Laufe des Drehs. Leo Muscato, der Regisseur der Oper, ist das beste Beispiel. Er war von Anfang an da und so etwas wie das Herz der Aufführung. Es war also offensichtlich, ihn an den Beginn zu stellen. Dank seiner Leidenschaft und dem Willen uns jeden Schritt des Weges mitzunehmen, konnten wir den Prozess von der ersten Minute begleiten. Auch seine engen Mitarbeiter, die Kostümdesignerin Silvia Aymonino und die Bühnenbildnerin Federica Parolini wurden schnell zu wichtigen Protagonisten, da sie an der frühen Interpretation des Librettos von Verdi beteiligt waren. Später stieß auch der Meisterdirigent Riccardo Chailly hinzu und nahm mehr und mehr Raum im Film ein, nachdem sein Orchester mit den Proben begann und den Saal mit Musik erfüllte. Was ich aber besonders gelungen finde, ist, dass sich auch die „Nebencharaktere“, wie Handwerker oder Techniker nahtlos in den Film einfügen, genauso, wie sie es in der Oper selbst tun.


LA SCALA – DIE MACHT DES SCHICKSALS fokussiert sich nicht nur auf die Stars der Oper wie Sänger, Schauspieler und den Dirigenten, sondern auch auf die vielen hart arbeitenden Bühnenbilder, Kostümschneider und Techniker, die den Premierenabend überhaupt erst möglich machen. Warum haben Sie sich entschieden, diesen Aspekt so prominent zu zeigen?

Es war mir extrem wichtig, diese Menschen in den Vordergrund zu stellen. Wir sehen die handwerklichen Berufe an der Oper nur sehr selten und auch die Künstler, die abseits der Bühne arbeiten. Ihr Talent, ihre Leidenschaft und bedingungslose Hingabe verdienen es gewürdigt zu werden. Dieser Film will genau das tun und das Licht auf genau diese Menschen hinter dem Vorhang. Auch beim Filmdreh gibt es unzählige Helfer und Gewerke, die allzu oft in Vergessenheit geraten.


Sie waren auch bei vielen stressigen Szenen hinter der Bühne dabei. Gab es Momente in denen Sie von den Gefilmten gebeten wurden, die Kamera auszumachen?

Nein, niemals. Ich habe mich immer als Teil des Teams von „Die Macht des Schicksals“ gefühlt. Wir saßen alle im selben Boot und arbeiteten auf das gleich Ziel hin.


Der Film folgt seinen Protagonisten auf Schritt und Tritt. Es gibt keine Talking Heads oder Interviews. Wieso haben Sie sich für diese Ästhetik entschieden?

Weil alles so natürlich wie möglich sein sollte. Das ist gar nicht so unähnlich zu einem Spielfilm, indem man auch nicht alles über seine Protagonisten von Beginn an erklärt. Ich wollte, dass sich die Charaktere der Opernmitarbeiter den Zuschauern im Laufe des Films eröffnen und die Geschichte so nach und nach enthüllt wird.


Was hoffen Sie, dass die Zuschauer von LA SCALA – DIE MACHT DES SCHICKSALS mitnehmen?

Ich hoffe, dass der Film in ihnen große Faszination auslöst und sie ins Träumen geraten, wenn sie die wundervolle Hingabe und das Talent der Opernmitarbeiter sehen. Ich wünsche mir, dass sie verstehen, wie wichtig Teamwork ist und, dass wir als Menschheit gemeinsam stärker sind als wir denken und dass Computer, A.I. und Social Media nicht die Lösung für alles sind. Außerdem wäre es schön, wenn das Publikum erkennt, wie viel harte Arbeit hinter Kunst steckt.

Foto:
©Verleih

Info:
Protagonisten
Riccardo Chailly  Musikdirektor der „Scala“
Leo Muscato.    Regisseur von „Die Macht des Schicksals“
Silvia Aymonino.    Kostümdesignerin
Federica Parolini.    Bühnendesignerin
Dominique Meyer    Intendant der Mailänder „Scala“ bis August 2025
André Comploi.     Künstlerischer Koordinator
Anna Netrebko.      als Donna Leonora di Vargas
Brian Jagde.       als Don Alvaro
Ludovic Tézier.     als Don Carlo di Vargas
Fabrizio Beggi.     als Il Marchese di Calatrava
Vasilisa Berzhanskaya.    als Preziosilla
Alexander Vinogradov.     als Padre Guardiano.  
Marco Filippo Romano.  als Fra Melitone
Marcela Rahal.      als Curra
Huanhong Li. als Un Alcade
Carlo Bosi. als Mastro Trabuco