DER MEISTERFÄLSCHER von und mit Wolfgang Beltracchi auf 3 SAT, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Heute geht die Sendungreihe „Der Meisterfälscher. Wolfgang Beltracchi porträtiert ...“ weiter, die mit Harald Schmidt und Gloria von Thurn und Taxis begonnen hatte. Daß wir allerdings bis 22.35 und dann noch 23. 05 Uhr warten müssen, finden wir kontrapoduktiv.

 

Bitte lesen Sie zur Grundlage der Sendung unseren Teil 1 vom letzten Samstag. Der Sender teilt dazu Folgendes mit: Keine Frage: Er ist ein Meisterfälscher. 35 Jahre lang, bis zur Verhaftung 2010, hat Wolfgang Beltracchi sein außergewöhnliches Talent eingesetzt, um Bilder im Stil anderer zu malen. Wolfgang Beltracchi führte die ganze Kunstwelt hinters Licht. Kaum ein Meister war vor ihm sicher. Etwa 100 Maler hat er nachgeahmt: Expressionisten, Impressionisten, auch alte Meister. Und das so brilliant, dass er damit Millionen verdiente. Beltracchi sagt von sich, er könne jeden Maler nachmachen.

 

Dann flog er auf - wegen eines falschen Pigments. Die von ihm verwendete Farbe gab es zur "Lebenszeit" des gefälschten Werks noch nicht. Es war der größte Kunstfälscher-Skandal aller Zeiten. Nun malt Wolfgang Beltracchi fünf Porträts im Stil bestimmter Künstler. Fünf Zeitgenossen sitzen ihm Modell, unter anderem Harald Schmidt, Daniel Kehlmann und Christoph Waltz.

 

Da uns der Fälscher und begabte Maler kein Unbekannter mehr ist, haben wir unten die bisherigen Artikel zu einem sehr sehenswerten Film und auch die ziemlichen Lobpreisungen seiner Bücher als Link angefügt. Heute geht es allein um die beiden am späten Abend bei 3 SAT laufenden Beiträge drei und vier der fünfteiligen Reihe.

 

 

Beltracchi porträtiert Daniel Kehlmann um 22.35 Uhr

 

Interessant, daß Beltracchi, der sich seine Köpfe aussuchen konnte – allerdings wissen wir nicht, ob und wer abgesagt hatte - auf Daniel Kehlmann kam. Daß dieser der heute in der Welt außer dem Heroen Grass bekannteste deutsche Autor ist, verdankt sich dessen genialem Buch DIE VERMESSUNG DER WELT, der 2005 bei Rowohlt erschien, dem gleichen Jahr, in dem der Deutsche Buchpreis das erste Mal verliehen wurde. Zwar kam Kehlmanns Roman auf die Auswahl der letzten Sechs, aber noch heute ist es ein Skandal, daß dieses Buch nicht den Buchpreis gewann, sondern einem besonders lahmen und auch noch einem den Anschluß 1938 verharmlosenden österreichischen Geschichtsepos weichen mußte.

 

Mit Recht sagt darum 3 SAT:Daniel Kehlmann gehört zu den erfolgreichsten deutschen Autoren der Gegenwart. Sein Roman "Die Vermessung der Welt" wurde sechs Millionen Mal verkauft, in über vierzig Sprachen übersetzt und verfilmt. Das Thema Fälschen und Täuschen irrlichtert immer wieder fintenreich durch sein Werk, wie auch in seinem letzten Buch "F". Das stimmt, denn einer der Hauptpersonen ist ein internationaler Betrüger, was man erst nach und nach erfährt, weil Kehlmann auch hier meisterhaft seine Lebensläufe komponiert.

 

Weiter im Text von 3 SAT: Wolfgang Beltracchi will Daniel Kehlmann im Stil des italienischen Malers Giorgio De Chirico (1888 bis 1978) porträtieren. Beltracchi und Kehlmann treffen sich an einem ungewöhnlichen Ort: in der Grimm-Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin. Hier sitzt Kehlmann dem Meisterfälscher zwei lange Tage Modell.

 

Dabei entsteht ein spektakuläres Doppelporträt des Bestsellerautors, das sich in Stil und Motivik an den italienischen Maler anlehnt. Seine eigenartigen, magisch-realistischen Bilder mit ihren geheimnisvollen, rätselhaften Versatzstücken regen - wie Kehlmanns Romane auch - zu ungewöhnlichen Gedankengängen an.

 

Wir haben diesen Film noch nicht gesehen und sind besonders gespannt, denn Beltracchi wird sicherlich dazu Stellung nehmen, weshalb er dieses Porträt im Stile De Chiricos gestaltet. Es ist ja an diesen Porträts genauso interessant, wie, wen er porträtiert, wie, weshalb er bestimmte Stile anwendet, also auf die jeweilige Person bezogen einzelne Maler heraussucht und deren Stil imitiert. Da De Chirico einer der großen Verrätseler ist und absurde, gleichwohl beeindruckende Konstellationen auf seinen Gemäldenzaubert, auf denen meist kein Mensch, oft Skulpturen zu sehen sind, liegt diese Frage besonders nahe und wie das Bild aus der Sendung zeigt, gibt es zwei Kehlmanns zu sehen, ein echtes Porträt und ein Denkmal seiner selbst?

 

 

Beltracchi porträtiert Franziska Beltracchi um 23.05 Uhr

 

Das buchstäbliche Familienglück der vierköpfigen Familie konnte man, neben der innigen Liebesgeschichte des Paares, in dem Film auch erlegen. 3 SAT sagt dazu: Die Geschichte der Beltracchis ist nicht nur eine Fälschergeschichte, sondern auch eine besondere Familiengeschichte: Wolfgang Beltracchi produzierte seine Werke im Geheimen. Nur seine Frau, die die Bilder in den Kunstmarkt schleuste, wusste, womit ihr Mann den Familienunterhalt verdiente. Die beiden Kinder, Franziska und Manuel, waren ahnungslos. Sie erfuhren die Wahrheit auf spektakuläre Art - bei der überraschenden Verhaftung der Eltern durch ein großes Polizeiaufgebot.

 

Wolfgang Beltracchi porträtiert seine Tochter Franziska im altmeisterlichen Stil des Renaissancemalers Sandro Botticelli (1445 bis 1510). Während der Sitzung erzählt Franziska, heute 21 Jahre alt, wie es war, als Teenager vom unbekannten Vorleben ihrer Eltern in der Zeitung zu lesen - und wie sie damit fertig wurde, von einer Minute auf die andere, ohne Eltern zu sein.

 

Während die damalige Familiensituation aufgerollt wird, malt Vater Wolfgang seine aufwendige Botticelli-Adaption. Vorlage für das Porträt ist das berühmte Gemälde "Geburt der Venus". Nach alter Meistersitte stellt Beltracchi die Ei-Temperafarben selber her, lasiert das Bild mit rund zwei Dutzend Farbschichten und veredelt es mit viel Gold. Immerhin hatte Botticelli mit seiner "Geburt der Venus" das Ideal der weiblichen Schönheit gefeiert. Erkennt sich Tochter Franziska im Bild wieder? ist eine Frage, die 3 SAT vorgibt.

 

 

 

Bisherige Artikel über Wolfgang Beltracchi in WELTEXPRESSO 

 

Der Film:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/2628-beltracchi-die-kunst-der-faelschung

 

Der Filmpreis:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/2925-goldene-lola-fuer-die-andere-heimat-von-edgar-reitz

 

Die Bücher:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/2629-beltracchi-die-kunst-des-ueber-sich-selbst-schreibens

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/2630-beltracchi-die-kunst-des-liebens

 

 

Der erste Artikel zur 3SAT Reihe:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kunst2/3959-schmidt-von-thurn-und-taxis-kehlmann-beltracchi-und-waltz