Wer bekommt die Bären? Die Wettbewerbsfilme auf der 62. Berlinale vom 9. bis 19. 2. 2012, 17/25

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Kurz gesagt ist dieser indonesische Film einer für Liebhaber von Tieren, Experten für Zoos und Haltung und Auswilderung von Tieren sowie Liebhaber fernöstlicher Massagepraxis.

 

Das alles nämlich ist Alltag für Lana. Diese erleben wir erst einmal als kleines Mädchen, das mit großer Selbstverständlichkeit im Zoo, nahe der Hauptstadt, aufwächst, ihr Vater hat sie dort ausgesetzt. Wir sehen sie in filmisch schönen und berührenden Szenen herumstreifend, die Tiere beobachtend, mit ihnen spielen und erleben mit ihren Augen so einen neuen Blick auf einen Zoo als eigene Lebenswelt, als abgeschlossenes Biotop. Dort leben nämlich Menschen, die kein anderes Zuhause haben oder wollen. Sie gehen pfleglich miteinander um, wie überhaupt der Grundton des Films ein höflicher ist, liebevoll im Umgang  mit en Tieren, aber auch der Menschen untereinander.

 

Zwar gibt es Töne im Film, schon wegen der Tiere, und es gibt Dialoge zwischen den Menschen, dazu auch noch eingestreut Texte, die die Tierhaltung erläutern, und dennoch könnte das auch ein Stummfilm sein, weil die Aufnahmen eine landschaftliche Schönheit besitzen und man Tiere in Großaufnahme sieht, die man selber stumm bewundernd anschaut. Vor allem die Giraffe steht im Mittelpunkt. Ihre Grandezza und Überlegenheit wie ein Wesen aus einer anderen, einer früheren Welt, wie in der Antike, als es die Mythen der Giganten gab.

 

Die Giraffe ist Liebling der herangewachsenen Lana, die im Zoo alle Arbeiten, die anstehen erledigt. Auch die Flußpferde und Affen spielen eine besondere Rolle und vielleicht die aufregendsten Szenen sind die mit den Tigern, die wie kleine Kätzchen behandelt werden, bzw. sich so präsentieren. Lana lebt also in dieser sowohl geordneten wie auch übersichtlichen Welt und probiert sich in allen Arbeitsmöglichkeiten in diesem Zoo, der also für sie die ganze Welt bedeutet, aus. Ein Erlaß, daß nur noch diejenigen im Zoo übernachten und leben dürfen, die ein reguläres Arbeitsverhältnis besitzen, unterbricht formal die gelassene Situation, zeigt aber im Film selbst keine Konsequenzen.

 

Lana lernt im Zoo sogar einen Cowboy kennen, der auch ein Zauberer ist. Der Regisseur begründet dessen doch erst einmal seltsame Anwesenheit damit, daß er  mit seinen Tricks Lana auch aus dem Zoo herausbekommt. Das sind eigenartige und witzige Szenen, die nicht wie Postkarten aus dem Zoo, sondern wie aus dem Variete scheinen. Der Titel nämlich bezieht sich auf die Sehnsüchte, die Menschen mit solchen abgeschlossenen  Paradiesen verbinden. Hier wäre es auch die Sehnsucht eines jungen Mädchens nach dem anderen Geschlecht. Das wird angedeutet, aber nicht ausgeführt.

 

Das gilt auch für eine neue Stellung der Lana. Sie wird  in einem für uns zwielichtigen Massageinstitut angestellt. Das muß im Zoo sein, etwas anderes sehen wir nicht und denken im Nachhinein auch: genau. Kunden sind nur Männer, die Masseusen junge Frauen, die in der Technik der Erregung männlicher Lust eingeübt werden. Der Massagesalon ist wie ein Zoo für Männer, die hier gepflegt und vorgeführt werden. Die Tiere sind aber liebevoller fotografiert und auch für den Zuschauer interessanter. Die Ausführung der Massage hat nämlich durchaus etwas Klinisches, auf keinen Fall etwas  Schwülstiges.

 

Lana auf jeden Fall ist als Person eine alle Anforderungen erfüllende Person, wer sie selber ist, entschlüsselt sich uns nicht. Darum geht es auch nicht Hier läuft keine psychologisch untergründiger Film ab. Sie ist diejenige, die uns mit dem Leben im Zoo und der Liebe und dem Interesse für Tiere zusammenbringt. Das lohnt den Film. Wer sich nichts oder wenig aus Tieren macht, sollte das unterlassen. 

Der normale Film in Indonesien kann auf 5 Millionen Zuschauer hoffen. Jeder künstlerisch wertvolle Film, Arthousefilme, werden nicht besucht und nicht finanziert. Deshalb wurde dieser Film finanziell aus dem Ausland unterstützt.