Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. April 2016, Teil 6

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das war mir wirklich ein Schock, daß ich nichts darüber wußte, was sich an Dänemarks Küste direkt nach Kriegsende 1945 abgespielt hatte, als am Beispiel eines knappes Dutzends blutjunger deutscher Soldaten,die nun als Kriegsgefangene die rund 45 000 tödlichen Trettminen aus dem Nordseesand ausbuddeln sollten, die Nazi-Deutschland vorsorglich eingebuddelt hatte, weil sie fälschlich hier die Invasion der Alliierten vermuteten, die dann in der Normandie glückte.

 

Es war sogar noch schlimmer! Denn Hitlers Schergen hatten die gesamte dänische Westküste mit den tödlichen Sprengsätzen vermint, insgesamt rund 2,2 Millionen Tretminen, die jetzt per Hand vorsorglich aus dem Sand geborgen werden sollten, damit Menschen- und Tierleben am dänischen Nordseestrand wieder ohne Gefahr für Leib und Leben möglich wäre. Was liegt näher, als daß die gerade gefangengenommenen Feinde, also die deutschen Verursacher und Verbrecher gegen die Menschlichkeit, diese totgefährliche Bergung der Minen unter dem Risiko der Explosion mit ihren eigenen Händen tun?

 

Die Genfer Konvention steht dagegen, kann man heute schlicht sagen, also die internationalen Bestimmungen, wie mit Kriegsgefangenen umzugehen ist, wenn nicht mehr archaische Rache der Sieger automatisch auf eine militärische Niederlage folgt. Folgen soll, muß man sagen, denn was der dänische Regisseur Martin Zandvliet uns in seinem Film vorführt, ist in erster Linie ins historisch-kulturelle Gedächtnis seiner Landsleute geschrieben, als eine inhumane Tat an jungen Menschen, während sich der deutsche Zuschauer dauernd fragt, wieso nach dem Naziterror – Dänemark war fünf Jahre lang von den Deutschen besetzt - die gefangenen Deutschen vom Film so gut 'behandelt' werden, nämlich so, daß der Zuschauer mit ihnen Mitgefühl entwickelt, ja mitleidet.

 

Martin Zandvliet, bzw. das Drehbuch machen das ganz klassisch, gewissermaßen als Kammerspiel, wenn nun anhand von elf deutschen Jungens, Überlebende der von Hitlerdeutschland im Volkssturm zusammengezogen und als Himmelfahrtskommando Verheizten, erzählt wird, wie dies Häuflein unter ihrem Aufseher, dem dänischen Unteroffizier Carl Rasmussen, nun in drei Monaten einen bestimmten Strandabschnitt von rund 45 000 tödlichen Minen säubern sollten.

 

Noch enger werden wir ins Geschehen verwickelt, wenn wir alle mit Namen und ihren Ängsten oder Großmannssüchten kennenlernen, wie Sebastian,16 Jahre, der zusammen mit anderen Kriegsgefangenen – der älteste ist mit 19 Jahren Helmut - auf einem Armeelaster sitzt. Man sieht, diese Söhnchen wollen alle heim zu Mama, aber der dänische Hauptmann Ebbe, der ihr Anleiter wird, sagt: „ Wer alt genug ist, in den Krieg zu ziehen, ist auch alt genug, danach aufzuräumen.“

 

Und das erfahren wir minutiös. Wie man das macht, die Minen zu entschärfen, aber vor allem die nötige Voraussetzung, sie aufzufinden, ohne daß sie explodieren und töten. Natürlich passiert genau das, einfach weil es totgefährlich ist und die Situation auch so etwas wie Wurschtigkeit oder sogar Todessehnsucht bei den Jungens aufkommen läßt. Das ist alles hervorragend psychologisch im Drehbuch angelegt und wird von den jungen dänischen und deutschen Schauspielern unter unserer Gänsehaut auf die Leinwand gebracht. Der Zuschauer wird theoretisch selbst zum Experten, wie man im Planquadrat am besten Bomben auffindet und wie man sie dann entschärft.

 

Aber dem Film geht es auch um etwas anderes, wenn der „Sieger“ Carl, der ein hartes Regiment fährt, die jugendlichen Feinde hungern läßt und sich gefährden, wenn der durch die gmeinsame Arbeit, die gemeinsamen Strapazen wieder selbst zum Menschen wird und den Jungens ihre Heimkehr nach Deutschland verspricht und gegen die Widerstände von oben und die Gehorsamsverweigerung auch durchsetzt ...dazwischen lag allerdings die Phase der gröbsten Zumutungen für die sich reduzierende Schar, als nämlich Carls geliebter Hund zerfetzt wurde.

 

Mehr wollen wir nicht verraten von diesem Film, der uns nicht nur historisch aufklärt, sondern auch spannend inszeniert ist. Zwar geht es nicht genau so düster wie bei den „Zehn Kleinen Negerlein“ aus, aber ähnlich schlimm.

 

Lesen Sie unbedingt die Folgeartikel mit hohem Informationswert über diedamalige historische Situation.