Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Dezember 2016, Teil 5

Filmheft

Berlin Weltexpresso) –Wir hatten im letzten Artikel das Interview einfach anlaufen lassen. Hier nun bietet sich ein Vorspann an. Unsere Filmkritiker äußern sich sehr unterschiedliche zu Filmheften, die immer weniger überhaupt ausgedruckt vorliegen. Die einen sind begeistert, die anderen sagen offen, daß sie nie hineinschauen, weil sie sich ihre eigene Meinung zu Film und Schauspielern bilden wollen. Wir fanden nun die inhaltliche Auseinandersetzung im Filmheft bei einem Problem wie Mißbrauch, dann auch noch der der Mutter, sehr interessant. Daher der Abdruck. Die Redaktion

In DIE HÄNDE MEINER MUTTER spielen Sie Hauptfigur Markus. Wie würden Sie Markus beschreiben?


Ich würde ‚Markus’ nicht gerne beschreiben. Die Figur entsteht im Kopf des Zuschauers. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen und zu erfahren, wie unterschiedlich Charaktere im Film oder im Theater vom Zuschauer wahrgenommen werden und die Zuschauer ihre ganz eigene Interpretation von dem Gesehenen haben.

 


Was hat Sie an der Rolle besonders gereizt?


Zum einen natürlich, dass es die Hauptrolle war und die vielen Situationen, in die die Figur in der Geschichte gerät, zum anderen die Frage, wie Erlebnisse in der Kindheit Auswirkungen auf das Erwachsenenalter haben. Da kommt man ja auch privat nicht dran vorbei.

 


In DIE HÄNDE MEINER MUTTER geht es um Gewalt in der Familie und deren (langfristige) Folgen. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Gab es viele Vorgespräche mit Regisseur Florian Eichinger und/oder Experten?


Es gab im Vorfeld, aber auch während der Arbeit, immer wieder sehr intensive Gespräche mit Florian, der sich mit dem Thema ja schon länger beschäftigt, viel dazu gelesen und auch Gespräche mit Experten geführt hat. Man merkt aber schnell, auch wenn man wie ich über das Thema liest, dass die Folgen von Gewalt und in unserem speziellen Fall sexueller Gewalt so komplex und tiefgreifend sind, dass man dem gar nicht gerecht werden kann.

 


Ein besonderes Element im Film ist es, dass Markus‘ Kindheitserinnerungen nicht von einem Kind, sondern von Ihnen selbst gespielt werden. Inwiefern war es eine Herausforderung, diese Szenen zu drehen?


Wie wird man so einem kleinen Menschen, der vieles noch nicht weiß, vieles nicht versteht und einordnen kann und dem so Schreckliches widerfährt, mit seinem Spiel gerecht. Dieser Respekt vor den wirklich Betroffenen, denen in ihrer Kindheit Ähnliches widerfahren ist, das hat mich schon sehr beschäftigt. Nicht nur während der Arbeit an den Kinderszenen, aber dort hat es mich besonders eingeholt.

 


Gibt es eine Szene im Film, die Sie besonders gelungen finden? Wenn ja welche und warum?


Eine spezielle Szene fällt mir jetzt nicht ein. Es gibt aber eine Szene, in der Markus‘ Familie am Frühstückstisch sitzt. Was mein kleiner Filmsohn Antonio da spielt, die Reaktionen auf die Fragen seiner Eltern, das ist sehr, sehr toll.

 


Welche Schwierigkeiten gab es beim Dreh? Gab es eine Szene, die Ihnen besonders schwer fiel?


Klar gab es hin und wieder Schwierigkeiten und es gibt wohl keinen aus dem Filmteam, der dazu nicht irgendetwas erzählen könnte. Aber das ist, glaube ich, völlig normal und gehört dazu. Und oft zwingen dich Schwierigkeiten auch, noch mal ganz anders auf etwas zu schauen. Oder du musst improvisieren und das kann zu etwas tollem Neuem führen. Aber richtig eklatante Schwierigkeiten beim Dreh fallen mir persönlich nicht ein. Es gab aber wirklich eine Szene, die mir besonders schwergefallen ist und die ich auch nicht ganz knacken konnte. Die Szene taucht aber erfreulicherweise nur kurz im Film auf.

 


Markus ist in DIE HÄNDE MEINER MUTTER mit Monika (Jessica Schwarz) verheiratet, die Ehe der beiden wird durch Markus‘ Erinnerungen auf eine harte Probe gestellt. Wie war die Zusammenarbeit mit Jessica Schwarz sowie den anderen Darstellern?


Die Zusammenarbeit mit Jessica und den anderen Darstellern war super. Da hat keiner irgendwie sein eigenes Süppchen gekocht oder versucht, sich besonders zu profilieren. Es ging immer um die Sache. Wir haben uns gegenseitig geholfen und Tipps gegeben. Das war wirklich immer sehr konstruktiv und ich habe eine Menge gelernt. Überhaupt das ganze Team war toll! Alle haben an einem Strang gezogen und voll hinter dem Projekt gestanden.

 


Auf dem Filmfest München wurden Sie mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino als „Bester Darsteller“ ausgezeichnet. Wie war es für Sie, diesen Preis zu erhalten und hat sich seitdem etwas für Sie verändert?


Ich hab mich natürlich sehr, sehr gefreut. Ich konnte bei der Preisverleihung leider nicht dabei sein, ich war auf einem Theatergastspiel in Shanghai. Dort war es 3 Uhr nachts, als mich Florian direkt von der Preisverleihungsbühne aus anrief.  Dietrich Brüggemann, einer der Juroren, hat mir dann live vor allen Leuten die Jurybegründung vorgelesen. Das hat mich wirklich sehr gerührt. Ich bin dann erst mal raus aus dem Hotel und hab einen Schnaps getrunken. Verändert hat sich für mich persönlich erst einmal nichts.

 

Foto: (c) das Filmehepaar Schwarz/Döhler

 

Info:

Schauspieler

Markus                 Andreas Döhler
Monika                 Jessica Schwarz
Mutter Renate       Katrin Pollitt
Vater Gerhard       Heiko Pinkowski
Sabine                 Katharina Behrens
Johannes             Sebastian Fräsdorf

Regie und Buch    Florian Eichinger
Kamera               Timo Schwarz
Schnitt                Jan Gerold
Musik                  André Feldhaus
Kostüm               Maren Esdar
Szenenbild          Tamo Kunz
Ton                     Urs Krüger
Maskenbild          Roman Bartl