hwk Sensenmann 9379 1 im Theatrium in Steinau an der Straße

Hanswerner Kruse

Steinau (Weltexpresso) - In der neuen Produktion des Theatriums ist der Sensenmann, also der Herr Tod, ein freundlicher Bursche. Mit seiner grotesken Soloshow „Sense gut, alles gut“ faszinierte Wolf-Dieter Gööck das Premierenpublikum.

Eine düstere schwarze Gestalt stapft über die Bühne, doch bald legt sie den dunklen Umhang und die Sense ab. Zu fröhlicher Reggea-Musik schlürft der Mann nun einen tropischen Cocktail und erzählt, sein beklemmender Aufzug sei nur Folklore. Sterben müssten zwar alle, doch mit dem Abholen käme er, der Tod, angesichts des unglaublichen Wachstums der Bevölkerung nicht mehr nach: „Nur noch wenige haben das Privileg, von mir persönlich fortgetragen zu werden.“

Auf einer kleinen Schattenspielleinwand präsentiert er dann Szenen aus seinem Leben, mit einfachen, aber sehr liebevoll gestalteten Stabfiguren (von Ella Späte). Beispielsweise zeigen sie wie ein lallender Betrunkener, „Trinke’mer noch’nen Tröpche“, mit Gevatter Tod schachert. Der Trunkenbold verführt ihn zum Picheln und bekommt noch eine Gnadenfrist. Die nutzt er hemmungslos zum Saufen, Rauchen und Huren, motzt aber herum, als der Sensenmann ihn eines Tages holen will. Der muss ihm erst seine bisherige Gesundung nach Leberzirrhose, Lungentumor und Herzinfarkt vorrechnen, bis der Säufer endlich mitkommt.

Teufel und Tod sind die Kinder des immer fröhlich herumhüpfenden Gottes, den beide manchmal um Rat fragen. Ein verzweifelter Mann, der einen Paten für sein 13. Kind sucht, findet Teufel und Gott allerdings nicht so passend für die Patenschaft seines Sohnes und entscheidet sich für den Tod. Der hilft dem jungen Mann ohne viel Federlesens ein berühmter Arzt zu werden und mit ihm zusammen Kranke zu heilen oder abzuholen. Nachdem der Bursche den Paten zweimal reingelegt hat, knipst er jedoch einfach dessen Lebenslicht aus: „Es hat keinen Zweck mich auszutricksen, denn das Leben ist endlich!“

Zwischen den Szenen philosophiert Herr Tod süffisant über das Leben oder singt zum Gitarrenspiel fröhliche Kommentare wie das Wiener Hobellied: „Zeigt sich der Tod einst mit Verlaub / und zupft mich: „Brüderl, kumm!“ / da stell' ich mich am Anfang taub / und schau mich gar nicht um...“

Auf der Schattenbühne taucht im Laufe des Abends eine Vielzahl skurriler Figuren auf, denen Gööck mit gekonnt unterschiedlichen Stimmen das Puppenleben einhaucht. Dem Illusionscharakter des Schattenspiels tut es keinen Abbruch, wenn man ihm bei der Figurenführung zusehen kann: Man träumt und weiß zugleich, dass man im Traum ist. Gelegentlich leistet sich der Sensenmann Exkurse und schwadroniert etwa über die Wiederbelebung in der modernen Medizin: Kaum ist die Seele oben bei uns, schon muss sie wieder runter. Das war ja schon bei Schneewittchen so...“ Dazu gibt es surreale Einsprengsel, wie das Lied von der Amöne mit dem Wimpel, die es im Tümpel zu sagen haben will.

Trotz des morbiden Themas leistet Gööck in seiner Todesrevue eine exzellente Gradwanderung zwischen Humor und Würde, Ernsthaftigkeit und Unterhaltung, überlieferten Märchen und zeitgenössischer Rede. Er verlacht Freund Hein, um ihm humorvoll den Schrecken zu nehmen und letztlich die Vergänglichkeit alles Irdischen - ohne Verdrängung - zu bejahen. Dabei gibt es viel zum Lachen für das Publikum, das Gööck und die Figuren mit langem Beifall belohnte: Sense gut, alles gut!

Foto: © hwk

Info:
Nächste Vorstellung 17. November 20 Uhr, weitere folgen: www.theatrium-steinau.de