Goebbels 2Serie: MARIA ORSKA  ... WIEDERENTDECKT ...Die Verfolgung einer kulturhistorischen Spur..., Teil 11/15

WM.Wolfgang.Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - Dazu ein kurzer Exkurs: #'Isodor'# wird hier also verwendet als #der# jüdische männliche Vorname. Woher sich das ableitet, ist nicht geklärt. - Was man aber weiß, ist: Der Name ist eine hellenistische Zusammenziehung des Namens der ägyptischen Göttin "Isis" und dem griechischen Wort " δῶρον" (gesprochen: Doron), was "Geschenk" bedeutet; "Geschenk der Göttin Isis" also. Man nennt einen solchen Namen religiöser Herkunft ein 'Theophor'.

Andere Beispiele sind (laut Wikipedia) die griechischen Namen 'Theodor' und 'Dorothea'; die hebräischen Namen 'Matthias' oder 'Matthäus', 'Jonathan', 'Nathan(iel)'; der lateinische Name 'Donata' oder der slawische Vorname 'Bogdan'. --- 'Isodor' war dann zunächst ein christlicher Name: Seit dem Märtyrer Isidoros von Chios, einem römischen Söldner, der nicht bereit war, die römischen Götter anzubeten, sondern Christ blieb und dafür 251 auf der griechischen Insel Chios, nahe der türkischen Küste, westlich von Ismir, hingerichtet wurde. - Über seinem Grab soll die Agios-Isodoros-Basikila errichtet worden sein, die jedoch durch mehrere Erdbeben zerstört wurde. Im Jahr 1124 wurden seine Gebeine, allerdings (noch) ohne Kopf, gestohlen und nach Venedig gebracht. Sie wurden in der Sankt-Isidor-Kapelle des Markusdoms beigesetzt. Isidor von Chios wurde dadurch auch Schutzpatron Venedigs wie überhaupt der Seeleute. Etwa 500 Jahre später soll ein Grieche auch den Kopf des Isidor nach Venedig gebracht haben, wofür er reichlich entlohnt worden sei. - 1967 aber sind diese Reliquien nach Chios zurückgegeben worden. --

Zwischen 560 und 636 lebte - der nach ihm benannte - Isidor von Sevilla (auf der Buchmalerei aus dem Kloster Einsiedeln in der Schweiz: rechts), der um 600 alles noch vorhandene greifbare antike Wissen zusammenfasste und so für die Nachwelt überhaupt überlieferte. --

Ein weiterer christlicher Isidor war der Bauer Isidor von Madrid (1070 – 1130), der Schutzpatron Madrids. Durch ihn wurde der Vorname in romanischen Ländern verbreitet; und da Isidor von Madrid 1619 selig und 1622 heilig gesprochen wurde, fand der Name vor allem im Barock Verbreitung – nicht nur auf der iberischen Halbinsel und in den spanischen Kolonien Südamerikas, sondern bis in die ladinischen, also romanischen Täler am südöstlichen Rand Südtirols, wie etwa Gröden. - 1769 wurden seine Gebeine aus der kleinen Kirche San Andrés in die Jesuitenkirche von Madrid überführt, die seitdem seinen Namen trägt: San Isidro. -----

Wie aber dieser Vorname zum antisemitischen Schimpfwort werden konnte -- ? -- Möglicherweise wurde der Name im Zuge der jüdischen Assimilierung auch jüdischen Kindern verliehen. ---------

Vier Beispiele sollen hier gegeben werden, alle um die Mitte des 19. Jahrhunderts geboren: - Es gab den Maler Isodor Kaufmann (1853 – 1921), ursprünglich Bankbeamter, der immerhin auf der Großen Berliner Kunstausstellung von 1899 die kleine Goldmedaille erhielt. Er porträtierte jüdische Menschen, malte auch Genre-Szenen aus dem jüdischen Leben, etwa einen Gottesdienst in einer Synagoge. -- Um 1900 porträtierte Isidor Kaufmann den Aktienhändler und Zionisten Isidor Gewitsch (1863 – 1938; dessen Familie, wie man annimmt, aus dem böhmischen Gewitsch stammte, also ursprünglich einen anderen Namen gehabt haben dürfte). Das Bild hängt heute im Jewish Museum New York, Ecke 5th Ave und 92. Straße. -- Auch der Historiker Isidor Kracauer (1852 – 1923), Onkel des Soziologen Siegfried Kracauer (1889 – 1966), dessen "Geschichte der Juden in Frankfurt am Main, 1150 – 1824" als Standardwerk gilt und der 1908 immerhin den Roten Adlerorden (4. Klasse) erhielt, wäre zu nennen. -- Schließlich soll auch noch Isidor Landau (1850 – 1944) erwähnt werden, geboren in Sbarasch, einer kleinen Stadt im Westen der Ukraine, 17 km nordöstlich von Tarnopol, dann Journalist und Theaterkritiker in Hamburg, Dresden, Berlin, auch Redakteur der Zeitschrift der Hamburg-Amerika-Linie "Die Welt auf Reisen", 1939 Emigration in die Schweiz, Tod in Zürich. ---- Aber das sind nur karge Hinweise. --------

Der Journalist der "Welt" Dietz Bering (*1935) schreibt am 28.7.2001 unter der Überschrift "Der Fall 'Isidor'": #"'Isidor' – das war die gängigste antisemitische Namenswaffe, geschliffen und scharf gehalten schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit ihr trieb man die Juden ins Fadenkreuz beliebiger Antastbarkeit."# --- Nachweise über diesen Umstand hat er bedauerlicherweise nicht mitgeliefert. Die 4 hier Genannten mit dem Vornamen "Isidor" wurden alle Mitte des 19. Jahrhunderts geboren. Wäre der Name schon zu der Zeit stigmatisiert gewesen, ist unverständlich, weshalb Eltern ihre Kinder noch so genannt hätten, es sei denn aus Trotz. Das muss offen bleiben. --- Der Artikel um den "Fall 'Isidor'" dreht sich aber um Dr. Joseph Goebbels (1897 - 1945), der die Hauptstadt Berlin für die Nationalsozialisten erobern sollte – und auf heftigsten und auch tatgreiflichen Widerstand stieß. Dieser heftige Widerstand kam nicht zuletzt von dem Berliner Vize-Polizeipräsidenten Dr. Bernhard Weiß (1880 – 1951): Nach einer Saalschlacht zwischen SA und kommunistischen Berlinern am 27.5.1927 im Kriegervereinshaus im (roten) Wedding verbot Weiß die NSDAP tags darauf.

Goebbels' antisemitische Propaganda ließ nicht lange auf sich warten: #"Kommt da so ein Jude aus Galizien mit Namen Wacholder Trompetenschleim, und nach einem Jahr hat er seinen Vornamen vertauscht und heißt 'Isidor'. Nach einem weiteren Jahr hat er auch seinen Zunamen vertauscht und heißt 'Weiß'. Nach noch einigen weiteren Jahren sitzt dieser Mann im Polizeipräsidium und behauptet, er heiße 'Bernhard' mit Vornamen."# -- Die Nazis nannten die Polizei fortan "die Bernhardiner" oder die "Weiß-Gardisten" --- Doch weiter: #"Man hört's bis zum Brandenburger Tor: Er nennt sich Herr Doktor Bernhard Weiß. Und bleibt doch der Isidor."# -- 1933 dann wurde Dr. Bernhard Weiß von der frischen nationalsozialistischen Regierung ausgebürgert und ging nach London ins Exil, wo er sechs Jahre nach dem 2. Weltrkieg starb. -------- 1928 aber hatte Goebbels, um an den Anfang des Exkurses zurückzukehren, eine Hetzschrift veröffentlicht, das "Buch Isidor", in dem er über die jungen, gesellschaftlich hoch arrivierten jüdischen Berliner schrieb: #"Dieses filzende Pack spielt sich auf als jeunesse dorée, und doch sagt das verkleisterte Ponim für jeden Wissenden erkennbar, dass es nur die jeunesse isidorée ist"# -------------

Wie auch immer man die Teilnehmer an diesen Gartenfesten im Grunewald bezeichnet, - jedenfalls wird aus Hans v. Bleichröder und Maria Orska ein Paar. - Heiraten werden sie aber erst nach fünfjährigem Zusammenleben im November 1920. - Dann haben sie noch etwa zwei oder drei gute Jahre, bevor die Ehe allmählich zerbricht und 1925 offiziell geschieden wird. ---- In die Zeit der beginnenden Krisen fällt auch der Beginn der Morphium-Abhängigkeit oder -Sucht von Maria Orska. - Die kausale Reihenfolge mag sich gegenseitig durchdringen. - Schon im Dezember 1923 gesteht die Orska einem Reporter, #"dass"#, wie Ursula Overhage es formuliert, #"es ein fataler Irrtum gewesen sei, sich neben ihrer Bühnenkunst 'auch noch den Luxus eines Privatlebens' erlaubt zu haben."# --------

Foto:
Goebbels ©