25 06 05 Schlüchtern Christof Jakob 6Begegnung von Kunstschaffenden mit Kindern & Jugendlichen in ländlichen Gegenden in Hessen

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) – Der Hof der Schlüchterner Stadtschule verwandelte sich am Donnerstagvormittag in eine prächtige Spiel- und Kunstlandschaft.

 Immer wieder drängten sich Hunderte von Schülerinnen und Schülern zwischen fantastischen Objekten, etwa einer großen aufgeblasenen Pylone, einer luftgeblähten Infowand oder einem seltsam verkleideten, geschmückten Auto. Die Weitsprung-Grube war in einen Zen-Garten verwandelt. Und natürlich gab es dazu viel selbst gemachte Musik von Lehrenden und Lernenden.

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Mittendrin in diesem fröhlichen Tohuwabohu stand das große, ebenfalls aufgeblasene „Fliegende Museum“, zu dessen Eröffnung eingeladen wurde. Mit einer menschengroßen Schere schnitt Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) das Absperrband durch und eröffnete die Ausstellung mit den Worten: Es sei unglaublich, wie die beteiligten Künstlerinnen „in den letzten Wochen, Monaten und Jahren auf moderne Weise den Schülerinnen und Schülern Kunst näher“ gebracht hätten. Das aufblasbare Museum biete ihnen „einen Raum, in dem sie ihre Kunst fernab von Schulnoten und Lehrplänen zeigen können“, fügte Lena Skrabs hinzu. 

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Sie ist neben Paloma Sanchez-Palencia die zweite an diesem Projekt beteiligte Künstlerin. Das Duo nennt sich „great artists doing okay“, (g.a.d.o.), was ironisch etwa heißt: „Große Künstlerinnen, die gerade so klarkommen.“ Im dritten Jahr leben sie zeitweise in ihrem mitgebrachten Wohn-Atelier auf dem Schulhof. In diesem transportablen 80m2-Haus inspirierten sie die jungen Leute, künstlerische Mittel kennenzulernen und sich über sie auszudrücken. Mit allen 750 Schülerinnen und Schülern arbeiteten sie in unterschiedlichen Konstellationen in diesem Studio. Ausdrücklich sollen und wollen sie keine (fehlenden) Kunstlehrende ersetzen.

Sondern „im Idealfall lernen und profitieren die Kunstschaffenden und die Schulgemeinde voneinander.“ So das hessische Ministerium für Kultur, Bildung und Chancen, das dieses Projekt in Kooperation mit der Crespo Foundation unterstützt.

25 06 05 Schlüchtern Christof Jakob 5Im und rund um das geöffnete Museum veranstalteten die Kinder und Jugendlichen performative Aktionen wie das „Konzert für einen Fisch“, präsentierten Obst- und Gemüse-Skulpturen oder bauten eine Installation aus Schultaschen (mit Inhalt). In den letzten Jahren erfuhren sie, dass Kunst humorvoll sein darf und Spaß machen kann, Fehler nicht bestraft werden und oft andere Dinge entstehen als geplant. Alle „Kunststücke“, etwa das neue Baumhaus, wurden von ihnen selbst erdacht und verwirklicht. So konnten sie Selbstbewusstsein entwickeln und erfahren, dass Kunst im Leben nützlich sein kann. Angestiftet und unterstützt wurden sie von der Gruppe g.a.d.o., sowie zwei norwegischen Gastkünstler:innen. Sie erfanden das Projekt, Kunst in den öffentlichen Raum (zurück) zu holen, wo sie ihrer Meinung nach hingehört.

Das Projekt ist kein freundliches Unterhaltungsprogramm. In den 6. Klassen ist beispielsweise das Thema „Epochen“ im Geschichtsunterricht behandelt worden. Mit lebenden Skulpturen wie dem „Kampf der Götter“ machten die Kinder die verschiedenen Ären – etwa der Ägypter oder Römer – sinnlich für sich und andere erfahrbar. Die Stadtschule sieht in der kulturellen Bildung (auch) die Möglichkeit neue Lernmöglichkeiten anzubieten und Inklusion zu verwirklichen. Im Herbst will sie sich deshalb als „Kulturschule“ zertifizieren lassen.

Am kommenden Samstag, dem 7. Juni 2025 zieht das „Fliegende Museum“ vom Schulhof auf den Schlüchterner Stadtplatz um. Dort können sich auch Erwachsene von 12 bis 18 Uhr über das Projekt informieren. Die Teilnahme an einem Workshop ist auch für Interessierte möglich, eigene Kunstwerke sollen mitgebracht werden.

Fotos
Eröffnung ©  Christof Jakob
„Mitgebrachtes“ Wohn-Atelier © Norbert Miguletz