Serie: Das Ikonen-Museum Frankfurt wagt sich an die letzten Geheimnisse, Teil 1/3

 

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer Ikonen liebt, der kommt eh in die neue Sonderausstellung des Frankfurter Ikonenmuseums. Wer aber Ikonen nicht 'lesen' kann oder nicht alles versteht, der sollte die große Chance nutzen, auf einen Schlag von den bunten Bildertafeln die Grundlagen der Theologie der Ostkirche, hier die vom Weltuntergang sowie das Geheimnis der Ikonen zu erfahren.

 

Daß diese Ausstellung, die in vollem Titel "Endzeit! Vorstellungen von Apokalypse und Endgericht auf Ikonen“ heißt, auch für die geeignet ist, denen der ganze 'Religionskram' wurscht ist, denen aber die ästhetische Wirkung der Ikonen unter die Haut geht, weil ihre Schönheit unabhängig vom Wissen über sie eine eigene Dimension hat, wollen wir nur zusätzlich sagen. Außerdem ist das Thema dieser Ausstellung ENDZEIT, was wir ja auch als WELTUNTERGANG, angekündigt in der göttlichen OFFENBARUNG, der APOKALYPSE und dann insgesamt als ESCHATOLOGIE bezeichnen, dann doch eines, das einfach jeden angeht.

 

Wie geht es nach dem Tod weiter?

 

Der einmal angekündigte, dann wieder verworfene Weltuntergang nach dem 5000 jährigen Mayakalender soll am 21. oder 23. Dezember dieses Jahres, also noch 2012 stattfinden soll. Daß dies so prominent durch unsere Medien zieht, hat eben auch mit diesem Thema zu tun, das das Ende der Welt suggeriert. In allen großen Weltreligionen hat das Endzeitthema einen zentralen Stellenwert. Mit dem Tag des Weltuntergangs verbindet sich für die Gläubigen der Tag des persönlichen Gerichtes. Es geht darum, wie das eigene Verhalten bewertet wird, welche Sünden die Waage beschweren, wohin sie sich neigt und welche Konsequenz das hat. Denn das Entscheidende ist die Frage, ob und wie es weitergeht nach dem Tod. Dies beschreibt für die Christen Johannes der Evangelist im Jüngsten Gericht, der nur ein Endpunkt des irdischen Lebens vor dem eigentlichen himmlischen oder höllischem Leben ist.

 

Christliche Vorstellungen

 

Die christliche Vorstellung ist fundamental anders als die der Indiokulturen. Denn für die Mayas gilt ein sich wiederholender Mechanismus, der für die Azteken sogar nur 51 Jahre dauerte und die Überbauung jeder Pyramide nach sich zog, daß nach dem zeremoniellen Weltenende das Leben auf Erden weitergeht, aber gereinigt und in gewissem Sinne auf jungfräulicher Erde von vorne, darum auch in vollkommener Harmonie mit dem Kosmos und den Geschicken. Für die Christen dagegen ist die irdische Welt tatsächlich perdu. Und diese Endzeit ist für die christlichen Kirchen eine der Freude, für diejenigen nämlich, die ohne Sünde sind, denn sie kommen in das Himmelreich.



Das gilt erst recht für die Selbstmordattentäter des Islam, die direkt schon zuvor in den Himmel zu den Jungfrauen auffahren. Den anderen, den Sündebeladenen gilt die Liebe der Maler, denn unter küstlerischen Aspekten fordert das Unglück einfach mehr heraus als das Glück. Da gibt es die tollsten Varianten von Hölle und Fegefeuer in der christlichen Kunst, Hieronymus Bosch ist ein herausgehobenes Beispiel, zu dem man auch sagen muß, daß damals ebenfalls für 1500 ein Weltenende prophezeit worden war, was nachwirkte.



Für die Ostkirche gilt die allgemeine Bibelexegese, daß das Leben auf Erden endlich ist, individuell mit dem Tod, generell mit der Endzeit. Allerdings ist dafür kein Zeitpunkt angegeben, nur die Tatsache des Jüngsten Gerichts, was im Russischen – der Hauptteil der 80 ausgestellten Ikonen sind russische, rund Dreiviertel sind Leihgaben, Schwerpunkt 16. bis 18.Jahrhundert – Schreckliches Gericht heißt. Im Jüngsten Gericht entscheiden sich die Wege der Toten, ob himmelwärts aufzufahren oder in der Hölle zu schmoren, aber da sind wir schon längst in der Ausstellung, die all das auf vielen Ikonen zeigt. Gleich zu Beginn wird mit einem Paukenschlag das Terrain sondiert. Fortsetzung folgt.



Anmerkung:

 

Einen besonderen Hinweis wert ist die geradezu didaktische und gleichermaßen ästhetische Gestaltung der Ausstellung, weswegen wir sie auch denen empfehlen, die bisher mit Ikonen wenig anfangen konnten. Auf der einen Seite werden in den großen Vitrinen allein die bemalten und beschrifteten Bildertafeln, also die Ikonen, gezeigt. Ein wunderbarer ungestörter Eindruck. Unten in der Vitrine erfolgen die konkreten Bildangaben. Oben links auf dem Glas der Vitrine hat man zuvor das Thema erfahren können, das ein bestimmter Heiliger wie JOHANNES DER EVANGELIST sein kann, oder ein Thema wie WELTUNTERGANG oder eine Ikonenart wie Festtagszyklen. Hinzu kommt und das ist neuartig, daß auf dem Glas kleine Schrifttafeln angebracht sind, in denen die Übersetzungen der Texte auf der Ikone stehen oder Bibelzitate oder weitere Hinweise. Insgesamt eine so intelligentes wie unauffällige Hilfestellung für jeden.

 

Bis 27. Januar 2013

www.ikonenmuseumfrankfurt.de