Serie: Das Ikonen-Museum Frankfurt wagt sich an die letzten Geheimnisse, Teil 3/3



Claudia Schulmerich



Frankfurt am Main (Weltexpresso) –Diese Funktion hat sonst Erzengel Michael, der zuvor den Satan – Sturz des Engels Luzifer - bezwungen und in die Hölle verfrachtet hatte. Hier spielt der Erzengel Michael im Bild keine Rolle, aber er ist der eigentliche Held des Geschehens beim Jüngsten Gericht, den man dazudenkt.



Seine Hauptattribute sind Stab, Schwert und Sphaira, wie die Weltkugel heißt. Das ist so geläufig, daß hier auf dieser vom personellen Aufwand des Weltgerichts vollgestopften Bildtafel die Darstellung der Waage ausreicht, um alles andere zu imaginieren. Was wir nun weiter sehen, ist der Kampf aller um die Seelen der Menschen. Die Seelen sind die, wie eingewickelte Kleinkinder Verpuppten. Rechts unten im roten Feuerlicht der Hölle sitzt der Satan, der Höllenfürst, in Ketten, ihm auf dem Schoß, den Geldbeutel in der Hand, Judas.



Eine geordnete Welt



Auf dem rechten Rand der großen Ikone sehen wir von oben nach unten den Engelssturz, der in der Hölle endet. Für jede Sünde gibt es übrigens eine adäquate Strafe. Die werden hier benannt. Auf der linken Seite liegt hell glänzend das Paradies, mit roten Mauern gesichert. In ihm kann man Abraham, Isaak und Jakob identifizieren und den guten Schächer, der ebenfalls direkt in den Himmel aufsteigen durfte. Am oberen linken Bildrand steigen die Gerechten auf ins Himmlische Jerusalem. Eine klar geordnete Welt mit dem Bösen und dem Guten und der kleinen Möglichkeit des Dazwischen.



So ist auf das Grobe die Bildlegende dieser Tafel, die aber zusätzlich voller Details steckt. In einem Medaillon sind beispielsweise Tiere dargestellt, die Menschen verspeist hatten. Aber deren Seelen als etwas Nichtmaterielles eben nicht. Diese Seelen werden nun auch frei gesetzt. Es ist an alles gedacht. Jeder Tod eines Menschen ist, was die Seele angeht, reparabel. Ganz unten ist ein Mensch an einen Pfosten gebunden dargestellt. Das ist so einer, über den noch nicht entschieden wurde, wohin seine Reise geht: in den Himmel oder die Hölle.



Gold ist auf jeder Ikone vorhanden. Abbild des Ewigen und des Kostbaren. Auch Rot ist häufig verwendet. Durchaus in Ambivalenz. Daß Rot das Überirdische, also Nichtmenschliche, Nichtleibliche charakterisiert, hat schon der Heilige Michael erwiesen. Die Hölle auf dieser Tafel zeigt seine andere Bedeutung, das lodernde Feuer, 'röter' geht es nicht.



Was noch zu sehen ist



Wir sind eigentlich immer noch am Anfang dieser Ausstellung die Vitrine für Vitrine die Grundlagen der Ostkirchen in erläuternden Bildern zeigt: Jesus in der Vorhölle, Höllenfahrt und Auferstehung, Osterikonen, die Propheten Jona und Elias, der Johannes den Täufer angekündigt hatte, der zum Johannes der Vorläufer wird, die Festtagsikonen, die Deesis – diese Themen werden alle in mehreren Bildbeispielen präsentiert - , weitere Heilige mit Aufträgen, Tierkreiszeichen, Weltkugel mit Gestirnen und die Vier Früchte der Passion.



Es, ist eine übersichtliche, aber sehr differenzierte Welt, die wir anhand der Ikonen über das Leben der Menschen und ihre Wiederauferstehung erfahren. In diesen Zusammenhang gehören auch die ausgestellten Reliquien, die Fürbittefunktion übernehmen. Anschaulich wird dann auch noch das Glaubensbekenntnis in Bilder gefaßt. Das zeigt auch dem Unkundigsten genau, was zu tun ist, gewissermaßen eine bildhafte Anleitung zum tugendhaften Leben. Es verblüfft immer wieder, wie direkt diese Ikonen zu lesen sind. Vieles von glaubensmäßig abgesicherten, aber realistisch völlig unrealistischen Vorgängen auf den Ikonen wird zudem auch malerisch naiv dargestellt.



Darüber freut sich unser, durch die Digitalisierung von Bildern vollgestopfter Kopf immer besonders. Denn diese Ikonen zeigen einfach, daß sie für Gläubige bestimmt sind, die über die Ikonen teilhaftig werden an einer überirdischen Welt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, ist ein Bekenntnis der Ostkirche. Eine Ausstellung, die wir rundherum besonders empfehlen.



Anmerkung:



Einen besonderen Hinweis wert ist die geradezu didaktische und gleichermaßen ästhetische Gestaltung der Ausstellung, weswegen wir sie auch denen empfehlen, die bisher mit Ikonen wenig anfangen konnten. Auf der einen Seite werden in den großen Vitrinen allein die bemalten und beschrifteten Bildertafeln, also die Ikonen, gezeigt. Ein wunderbarer ungestörter Eindruck. Unten in der Vitrine erfolgen die konkreten Bildangaben. Oben links auf dem Glas der Vitrine hat man zuvor das Thema erfahren können, das ein bestimmter Heiliger wie JOHANNES DER EVANGELIST sein kann, oder ein Thema wie WELTUNTERGANG oder eine Ikonenart wie Festtagszyklen. Hinzu kommt und das ist neuartig, daß auf dem Glas kleine Schrifttafeln angebracht sind, in denen die Übersetzungen der Texte auf der Ikone stehen oder Bibelzitate oder weitere Hinweise. Insgesamt eine so intelligentes wie unauffällige Hilfestellung für jeden.



Bis 27. Januar 2013

www.ikonenmuseumfrankfurt.de