Serie: Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa, Teil 3

 

Claudia Schulmerich und Hans Weißhaar

 

Mannheim (Weltexpresso) – Beim Thema Königreich Pfalz kann das Historische Museum der Pfalz Speyer mit vielem punkten. Erst einmal mit sich selbst. Denn der herrschaftliche Bau – wer dort als Bundesbürger noch nie war, sollte es schon wegen der historistischen Ausprägung dringend besuchen – wurde als „Historisches Museum der Pfalz“ am 22. Mai 1910 eröffnet, in einer Zeit, wo anderen Ortes schon anders gebaut wurde, hier aber der Historismus noch eine Blüte erlebte.

 

Inhaltlich konnte sich das Museum auf verschiedene Sammlungen stützen, deren wichtigste sie dem Historischen Verein der Pfalz verdankt.

 

Für diese Ausstellung erleben Sie nun auf 900 Quadratmetern bis zum 27. Oktober ein Potpourri von 300 Objekten, die von den Wänden, unter den Vitrinen oder mitten im Raum ihre Aufmerksamkeit mal auf Architektur, auf historische Dokumente, auf den Lebensweg von Berühmtheiten des Sports und der Industriegeschichte, Wissenschaftlern und Entdeckern orientiert. Und Sie sehen im goldenen, auf Renaissance gequälten Rahmen den Prinzregenten Luitpold, auch er im Renaissancerock, das fünf Jahre nach der Vollendung durch Franz von Stuck ins neue Museum Einzug hielt.

 

Die Zeitspanne 1816-1918 ist nun just die, die unser heutigen Leben mehr als alles andere geprägt hat, da mögen wir uns für modern und Kinder des 21. Jahrhunderts halten, die Grundlagen für das Weltverständnis einschließlich des kulturellen Überbaus wurden im 19. Jahrhundert gelegt, was mit der Explosion technischen Wissens und der daraus folgenden Industrialisierung zusammenhängt, die die vorherigen gesellschaftlichen Strukturen gravierend veränderte, auch wenn die Pfalz erst einmal ein Königreich blieb. Diese strukturellen Wandlungen kann man in der Ausstellung nachverfolgen, wenn beispielsweise die bäuerliche Lebensweise im einstigen Agrarland die Menschen nicht mehr satt machte, diese also in die Städte zogen und sich als Arbeiter verdingten und die Pfalz zu einer wichtigen Industrieregion machten.

 

Das alles wird hier an Gegenständen nahegebracht, die Begriffe wie Landflucht oder Verstädterung oder auch Auswandern an Beispielen aufführt. Als Armenhaus Deutschlands, so empfanden sich viele Pfälzer, die wirklich massenhaft im 19. Jahrhundert, der zweiten Auswanderungswelle nach 1709, nach Rußland - die Zaren hatten ins Wolgagebiet gerufen - und Polen, rüber nach Brasilien - der brasilianische König Dom Pedro hatte eine österreichische Frau Lepoldine - oder in die USA - vor allem nach der Niederschlagung der Aufstandes, das dem Hambacher Fest 1832 folgte - strebten. Oder nach Bayern, ins sogenannte Altbayern, wo Maximilian I. Joseph schon 1802 – da war er noch nicht König, aber Kurfürst von Bayern, ja, ja, alles ganz schön kompliziert – ein Edikt erlassen hatte, daß zwischen Aibling und Rosenheim „Rheinpfälzische und Überrheinische (Baden) Kolonisten“ angesiedelt werden sollen, was massenhaft geschah.

 

Wie lange reagierte König Max, fragt man sich (1825!), wenn man die Station der Pfälzischen Maximiliansbahn im Bild „Bahnhof in Edenkoben (Richard Höfle um 1855) sieht. Da war längst Ludwig I. am Ruder, der die Pfalz wie kein zweiter liebte, und so gibt es auch eine Ludwigsbahn, denn eines zeichnet alles diese Könige aus, daß sie sich gerne mit ihrem Namen feiern ließen.Das Repräsentanzgehabe kommt auch nicht zu kurz in dieser Ausstellung, die die Wittelsbacher Majetäten hochherrschaftlich zeigt und ihre Kronen und Herrschaftsbilder. Der gute König Max konnte es sich auch erlauben, sich ganz zivil malen zu lassen im Jahr 1815 – ha! , sagt uns da unser gerade erworbenes historisches Wissen, da war er ja noch gar nicht König! - , aber sei's drum, wenn es hier in der Begleitschrift heißt: „Ungewöhnlich privat zeigt der Hofmaler den bayerischen König: Porträt Maximilians I. Joseph“ von Karl Stieler von 1815. Ein ansprechendes Gemälde, auf dem der schon Ergraute und Halbkahle, aber mit jugendlichem Gesicht und roten Backen sowie freundlichem Blick lässig auf einem roten Stuhl sitzt, breitbeinig, wobei es uns sein Obergewand angetan hat, das, wie es sich für richtig feine Leute gehört, den Pelz als Fütterung innen hat und somit breite Nerzstulpen und Einfassungen um alle Kanten dem Herrn absolut schmeicheln. Fortsetzung folgt.

 

 

Bis 27. Oktober 2013

und mit Audioguide von CHAKO Habekost bitte

 

Begleitschrift:

Königreich Pfalz, hrsg. von Direktor Eckart Köhne, Historisches Museum Pfalz, Speyer 2013

Diese 130seitige Publikation, dicker als ein Begleitheft, dünner als herkömmliche Kataloge, faßt in Themenbereichen die Ausstellung sehr sinnvoll zusammen und gibt der Ausstellung das gehaltlliche Fundament, was überlebt, wenn die Ausstellung wieder abgeräumt wird. Die Kapitel lauten Die Pfalz und ihre Pfälzer, Unter Bayern, Geschichte und Gegenwart, Lebenswelten im Wandel, Neue Perspektiven, Kulinarische Pfalz, Ansichten und Einsichten.