Herbstausstellung 9136Drei Herbstausstellungen in der Kunststation Kleinsassen

Hannah Wölfel

Kleinsassen/Rhön (weltexpresso) - Mit vier Künstlern begannen in der Kunststation drei Herbstausstellungen, die das Publikum überraschen und irritieren werden. Denn nichts ist so, wie es zunächst scheint: Die Werke von Jens Rausch sind keine Abbilder der Natur. Christofer Kochs’ Gemälde sind durch Überlappungen der Leinwände seltsam verfremdet. Und Lothar Nickel und Johannes Klübergehen mit ihren Marmor- oder Holzskulpturen neue, ungewohnte Wege.

Man spaziert durch „alchemistische Mischwälder“ (Bildertitel) bis in die Gebirge, die Jens Rausch kreierte. Doch je länger man seine Arbeiten ansieht, um so stärker lösen sich die vermeintlichen Landschaften auf. Der Künstler ahmt die Natur und ihre Veränderungsprozesse nicht nach, sondern verwendet sie in den Arbeiten. Mit wässriger Asche, flüssigem Gips, Bitumen, reinem Eisen, Steinmehlen, ja auch mit Farbe gestaltet er die Werke. Zudem nutzt er Feuer, bewirkt Verwischungen oder Verwerfungen des Untergrundes. „Das Bild erschafft sich selbst“, meint er dazu, „ich berge es nur aus dem Material.“ Seine neuen Bergwelten gehen durch Faltungen mit Bleiplatten und deren Übergießen mit natürlichen Stoffen sogar ins Reliefartige. „Echo II“ heißt diese Schau, die den Widerhall der Natur aber auch die Resonanz des Publikums meint.

Die wenigen Figurenskulpturen Christofer Kochs’ sehen aus, als seien sie soeben seinen Bildern entsprungen (Foto oben). Man kann sich kaum vorstellen, dass sie mit der Kettensäge ausgesägt und später pigmentiert wurden. Die strahlenden Farben der Gemälde ermöglichen einen spannenden Kontrast zu den eher düster anmutenden Arbeiten von Rausch. Bevor der Künstler mit der Malerei beginnt, faltet, überlappt und presst er kräftig die Leinwände, dadurch entstehen auf leicht erhabenere Räume und Tiefen. Der so plastisch gewordene Untergrund gewährt seinen gemalten Wesen Orte zum Hervortreten oder Zurückziehen. Kochs will, dass seine Gestalten auf ihren Bühnen keine Geschichten erzählen, sondern freie Assoziationen ermöglichen. „Die Rückseite der Wirklichkeit“ nennt er seine Präsentation.

Die „Werkschau“ (Titel) der beiden Bildhauer aus dem Landkreis Fulda, ist im größten Saal arrangiert. An den Wänden hängen keine Gemälde. Auch das verunsichert - und fordert heraus, sich intensiver mit den Plastiken zu beschäftigen. Großzügig sind sie so angeordnet, dass man um sie herum gehen und von allen Seiten betrachten kann.

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Der künstlerische Steinmetz Lothar Nickel zeigt einige ältere Skulpturen, die von ihm nach Ton- oder Gipsmodellen in Carrara/Italien aus Marmor geschaffen wurden. Trotz ihrer vermutlich ungeheuren Schwere, strahlen sie Leichtigkeit aus, er nennt diese ins Figurative gehende Werke „Wolkenfiguren.“ Dagegen wirken die aktuellen Arbeiten streng, fast kubistisch, und weisen tiefe Löcher auf Foto links). Durch sie versucht er das Licht, das in Marmor eindringen kann, sichtbar werden zu lassen.



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Klüber ist ein ausgesprochener Holzbildhauer, von dem man kunsthandwerkliche und abbildhafte Objekte kennt. Doch seine neuen Arbeiten sind rauer, gröber, wilder - sie strahlen reine Kraft und Energie aus. Konsequent bezieht sich der Künstler darauf, was das Holz ihm anbietet, er folgt den vorgefundenen Formen, Strukturen und Spannungen. Die Spuren der Kettensäge tilgt er nicht, sondern nutzt sie als Gestaltungsmittel (Foto).


Beiden Bildhauern kann man bis zum 19. September täglich vor der Kunststation zusehen, wie sie an Plastiken arbeiten, die danach dauerhaft im Skulpturenpark bleiben werden. Gerne sprechen sie mit den Besuchern über ihre Arbeit.

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Info:
Herbstausstellungen der Kunststation noch bis zum 5. Dezember 2021

Zeitgleich mit der großen Herbstausstellung begann im Studio der Kunststation die zweite Schau des „Corona-ABCs“, über die wir bald berichten werden.

Weitere Infos:
www.kunststation-kleinsassen.de

Fotos:
(c) Hanswerner Kruse
Oben: Christofer Kochs vor seinen Arbeiten
Mitte: Lothar Nickel (oben), Christofer Kochs (darunter)
Unten: Jens Rausch im Gebirge