Serie: Tutanchamun in Frankfurt am Main, Teil 2/5

 

von Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Daß er auch Ägyptologe ist, Prof. Dr. Wilfried Seipel, das wissen die Kenner. Noch bekannter wurde er als langjähriger Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums in Wien, das im übrigen eine ansehnliche Ägyptensammlung besitzt und unter seiner Ägide auch mit Ägyptenausstellungen Furore machte. Mit anderen allerdings auch. Nun also der Auftakt eines Ersten Freitags als Abendveranstaltung in Frankfurt, denn, nachdem die gewaltige Tutanchamunschau gerade erst in der eigens dafür errichteten Hall am Güterplatz, Nähe Hauptbahnhof errichtet wurde, war dieser Erste Freitag der 2. Dezember.

 

Bis 18 Uhr gab es die Tagesbesucher und um 19 Uhr wird erneut für die erste Abend- und Nachtöffnung bis 24 Uhr geöffnet. Kommt man um 19.05 ist alles schon gerammelt voll, aber die Ausstellungsmacher haben vorgesorgt und es gibt Zeitkarten, die sicherstellen, daß jeder die Führung in voller Länge und Intensität erleben kann. Man braucht eine akustische Führung, mit Kopfhörern, denn gerade der Anfang – vergleiche den Link unten -, wo mit Carters Funden der Vorkammer alles beginnt, erstrahlen die einzelnen Kammern erst dann in vollem Licht, wenn auch der Text dazu gesprochen wird. Im hinteren Teil der Ausstellung, wo dann die in den Kammern aufgefundenen Gegenstände noch einmal als maßstabsgetreue, also teilweise riesengroße Repliken vorgeführt werden, erstrahlen die durch ägyptische Kunsthandwerker nachgebildeten Grabutensilien durchgehend in goldenem Licht, sind also auch ohne Hören mit eigenen Augen erforschbar.

 

In der Eingangshalle, wo eine Chronologie sowohl die Armanazeit, zu der Pharao Tutanchamun und Sohn des Echnaton gehörte, wie auch die Einordnung dieser in die ägyptische Geschichte, jedem Besucher den Hintergrund deutlich macht und eine wandgroße Abbildung das Tal der Könige zeigt, wo das Grab des Tutanchamun recht zentral liegt und die Geschichte seiner Entdeckung durch Carter und Lord Carnarvon mit Fotos zu lesen und zu schauen sind, sind auch die Sitzreihen für die Vorträge. Wilfried Seipel wurde als Wegbegleiter des Projekts, das durch die Welt tourt, vorgestellt, der deshalb nun auch den ersten wissenschaftlichen Vortrag in Frankfurt halte.

 

In der Tat waren es dann zwei Vorträge, was keine ungeschickte Strategie ist. Denn es geht hier wohl eher um Vertiefung des zuvor oder danach Gesehenen als um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Wilfried Seipel auf jeden Fall hat in einer guten halben Stunde seine Zuhörer in Bann geschlagen mit einem Rundumschlag. Angefangen mit der Namensübersetzung des Pharao, die lautet: „Das lebende Abbild des Gottes Amun“, und die infolge der fehlenden Konsonanten der Hieroglyphenschrift nur durch die keilschriftliche Umschreibung als Annäherung zu verstehende Aussprache der ägyptischen Wörter, gab Seipel einen konzisen Überblick der Wissenschaftsgeschichte zu Ägypten – „Wir stehen auf den Schultern von Heroen“ . Er ging auch darauf ein, warum das Alte Ägypten verstärkt seit Napoleons Feldzug 1798-1801  und dem Fund des Steins von Rosette durch Champollion 1801 die Europäer derart fasziniere.

 

Allein die Aufzählung der Ägyptenausstellungen der letzten Jahrzehnte  - in Köln beispielsweise 1980/81 1, 3 Millionen Besucher - und deren Erfolge zeigten dies, obwohl die ausgestellten Originale ‚nur‘ jeweils unter hundert lagen, was auch daran liegt, daß der ägyptische Staat und vor allem Zahi Hawass als Generalsekretär der Ägyptischen Altertumsverwaltung – und einst, das sind unsere Worte, der mächtigste Ägypter – unter restauratorischen Gesichtspunkten die Ausleihe – mit Recht, auch das sind unsere eigenen Worte – stark einschränkte. Demgegenüber stellte Wilfried Seipel dann die hiesige Ausstellung mit über 1000 Objekten als nützliches Pendant vor, das in Stellvertreterfunktion und damit Dokumentation einen perfekten Zusammenhang von Exponaten und ihrer Geschichte herstelle.

 

Sodann ging er auf die knapp zehnjährige Regierungszeit des so jungen Tutanchamun von 1333-1323 v. Chr. ein und erläuterte auch noch die altägyptische Religion – „Ein Glaube, der die Erde liebt“ – und deren speziellen Totenkult in der Reise durch die Unterwelt, dem Totenreich und dem, was der Verstorbene dafür brauche. Denn das sind die Dinge, die in der Ausstellung gezeigt werden. Fortsetzung folgt.

 

 

Bis zum Sommer 2012

HÖRZU WISSEN FORUM

Mainzer Landstraße 124/Güterplatz

 

Info:

Jeden ersten Freitag im Monat ist die Ausstellung von 19 Uhr bis Mitternacht geöffnet und es finden sowohl wissenschaftliche Vorträge wie auch Kurzvorträge und Führungen sowie Galeriegespräche rund um Tutanchamun und das Alte Ägypten statt. Am 2. Dezember kommt der Ägyptologe Wilfried Seipel, bekannt als Ex-Direktor des Kunsthistorischen Museum Wiens (KHM).

Es gibt darüberhinaus ein Festival der ägyptischen Kultur in Frankfurt, auf dem Autoren, Filmemacher, Musiker und zeitgenössische Kunst aus Frankfurts Partnerstadt seit 1979: Kairo zu Gast in Frankfurt sind und über das die Oberbürgermeisterin Petra Roth Schirmherrin ist.

Das gesamte Festivalprogramm, zu dem Ausstellungen, Lesungen, Vorträge. Ägyptisches Kino im „Cinema“ u.a. gehören,  findet man unter

www.tut-ausstellung.com/frankfurt/veranstaltungskalender.html

 

Der Zufall oder die Vorsehung will es, daß Frankfurt und rundherum in den nächsten Monaten tatsächlich Frankfurt am Nil heißen kann, denn es gibt verschiedene Aktivitäten, vor allem aber zwei herausragende Ausstellungen, die beide Italien zu verdanken sind.

Bis zum 26. Februar 2012 findet  im Archäologischen Museum in Frankfurt die „Reise in die Unsterblichkeit. Ägyptische Mumien und das ewige Leben statt. Eine wunderbare Ausstellung der florentiner Funde, über die wir berichtet hatten:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kunst2/199-der-tod-als-lebensversicherung

 

Das Historische Museum Speyer zeigt MEISTERWERKIE AUS DEM ÄGYPTISCHEN MUSEUM TURIN vom 11.3. bis 2.9. 2012, wobei die Pfälzer wieder einer Kinder- und Jugendausstellung hinzugeben ÄGYPTENS SCHÄTZE ENTDECKEN zum selben Zeitpunkt. Wir werden darüber berichten.

 

Erster Teil der Serie:

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kunst2/2-und-doch-echt