Pilar ColinoFragilität I2021Mixed Media50x70cm KopieDie neue Ausstellung in der Kunststation Teil 2

Hanswerner Kruse

Kleinsassen / Rhön (Weltexpresso) – In der Kunststation ist derzeit die Ausstellung „Die Welt ist schön?!“ zu sehen. 52 Kunstschaffende widmeten sich dieser Frage mit unterschiedlichen Reaktionen und diversen künstlerischen Techniken. 

Bereits der Aufgang zu den Galerieräumen überrascht durch viele gelbe, unregelmäßig angeordnete Klebestreifen. Es ist eine Komposition, die im Dunkeln mit Schwarzlicht leuchtet (Foto links), doch auch tagsüber irritiert sie die Wahrnehmung der Besucher und stimmt sie auf die Schau ein. Denn etliche der ausgestellten Beiträge sind nicht eindeutig, sie provozieren eigene Assoziationen und entführen in neue Wirklichkeiten.

Beim Rundgang durch die Ausstellung ist die Wirkung einiger großformatiger Bilder überraschend. Größe ist zwar kein Wert an sich, doch manchmal treten einem die Werke quasi auf Augenhöhe gegenüber oder laden zum Eintauchen ein. Etwa in die riesige Ölmalerei „Sickernde Sonnenstrahlen“, in eine Landschaft, die durch das Licht eher abstrakt wirkt.

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Spektakuläre, raumgreifende Installationen bilden Schwerpunkte in den Sälen – etwa das papierene Objekt „An manchen Tagen“. Düstere Wolken hängen in der Luft. Ein Stein scheint zu fallen. Durch den Raum treibt ein Wesen. Alles aus Papier mit schwarzem Graphit – man braucht Zeit, um in das Environment einzutauchen. Allmählich lässt sich nachempfinden, wie es der Künstlerin „an manchen Tagen“ geht… auch in einer schönen Welt (Foto rechts). Am anderen Ende der Halle die eigenwillige Anordnung zweier größerer Linolschnitte mit uneindeutigen Darstellungen, die sich nur assoziativ erschließen. 

Wer länger verweilt oder wiederkehrt – kann fast übersehene, filigrane Arbeiten entdecken und berührt werden. Dazu gehören kleine, fotografisch und filmisch festgehaltene „Stillleben mit Seifenblasen“ oder „Perlen des Wassers“: Fläschchen mit Miniatur-Videos, in denen kurze Träume aufscheinen. Auch die Serie „Nester“ verzaubert – mit Objekten wie „Luxuriöses Nest“ oder „Kitschiges Nest“.

welt schön 5007Am Ende das harte, makabre „Asylnest“ aus Stacheldraht. Es steht in deutlichem Kontrast zu sensiblen Schmuckstücken wie dem Kimono aus Glasmosaik oder den fein bemalten, leicht zerrissenen Porzellanfantasien auf schwarzem Grund (Bild links). Dazu meint Künstlerin Katja Ruscher: „Unsere Welt ist, ähnlich wie hauchzartes Porzellan, ein sehr zerbrechliches Gebilde.“

Auch die Mixed-Media-Objekte von Pilar Colino sind subtile Verwebungen aus transparenten Stoffen und Bildern auf verschiedenen Ebenen. Ihre dreidimensionalen Collagen lassen – wie die zuvor beschriebenen Arbeiten – ebenfalls die Zerbrechlichkeit der Welt erahnen. Sie tragen den Titel „Fragilität“. Dazu schreibt sie: „In Zeiten des Wandels oder Umbruchs, wie wir sie aktuell erleben, wird uns bewusst, dass wir in fragilen Strukturen leben… Nichts ist selbstverständlich oder bleibend.“

Wie Colino und Ruscher haben alle Kunstschaffenden Statements zu ihren Beiträgen verfasst – poetisch, humorvoll, elaboriert oder nachdenklich. Im 60-seitigen Katalog stehen diese Texte neben den abgebildeten Arbeiten. Sie legen Spuren – nicht nur zum Verständnis, sondern auch zur eigenen Resonanz.

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Eine Erfahrung dieses Rundgangs: Kunst kann Mut machen – selbst, wenn sie das Unschöne oder Bedrohliche thematisiert. Sie erlaubt es, Gegensätze nebeneinander stehen zu lassen: Schönheit und Zerstörung. Angst und Zuversicht. Gerade darin liegt ihre hoffnungsvolle Kraft. Die von Dr. Elisabeth Heil eindrucksvoll kuratierte Ausstellung zeigt, wie verschiedenartige Sichtweisen exemplarisch nebeneinander bestehen können.

Die Leiterin der Kunststation, Monika Ebertowski, verweist auf die Tradition des Ortes als Malerdorf – doch zum 650. Jubiläum wollte man keine klassischen Landschaftsbilder zeigen, sondern die ganz persönlichen „Landschaften“ der Künstlerinnen und Künstler.

Service
„Unsere Welt ist schön!?“ bis zum 31. August 2025

Der Katalog ist im leicht erhöhten Eintritt von 6 Euro enthalten und kann HIER vorab kostenlos geladen werden.

Öffnungszeiten Di. bis So. 13 - 18 Uhr

Hinweis
Am 5. Juli ab 19 Uhr inszeniert Lichtkünstler und Gestalter des Treppenhauses, Bernd Schulze, mit zwei Kollegen ein Bild-Wort-Klang-Triptychon mit Künstlergespräch.

Fotos 
© Hanswerner Kruse