Susanne Gaensheimer erneut verantwortlich für deutscher Beitrag zur 55. Biennale von Venedig 2013



Rebecca Riehm



Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Kunstmessen und internationalen Kunstmesse kommen und gehen und gerade erst hat die documenta in Kassel ihre Pforten geschlossen, die erst in fünf Jahren wieder aufgehen, dann zusammen mit der Skulpturenausstellung in Münster, die nur alle zehn Jahre stattfindet, dafür aber auch mit der zweijährigen Biennale von Venedig 2017 und der jährlichen Kunstmesse in der Schweiz, der ART Basel.

 

Wir warten zwar auf das Jahr 2017, aber dazwischen gibt es nicht nur die jährliche Kunstmesse, sondern in den Jahren 2013 und 2015 die Biennale in Venedig. Und um die geht es jetzt für das Jahr 2013, wo Susanne Gaensheimer, Direktorin des Museum für Moderne Kunst (MMK) nach 2011 erneut zur Kuratorin für den Deutschen Pavillon der 55. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia 2013 berufen wurde. Sie legte die kuratorischen Ausgangspunkt vor und stellte die eingeladenen Künstler vor.

 

Mit ihren Plänen für den deutschen Beitrag zu der kommenden Biennale in Venedig führt Susanne Gaensheimer den transnationalen Ansatz fort, den sie bereits in der Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief in den Jahren 2010 bis 2011 begonnen hatte. "Für meine Entscheidung, Christoph Schlingensief nach Venedig einzuladen gab den Ausschlag, dass Schlingensief nicht nur für die Kunst in Deutschland repräsentativ ist, sondern seine Fragestellungen in einen globalen Kontext stellt. Mit dem Festspielhaus in Afrika und seiner Kooperation mit den dortigen Partnern und vor allem auch mit der Selbstreflektion des Projekts und der Thematisierung seines eigenen Scheiterns im Theaterstück Via Intolleranza II, gelingt es Schlingensief, seine Analyse des ‚Deutschseins‘ und die damit verbundenen Fragen in eine transnationale Dimension zu übertragen: ‚Warum wollen wir ständig dem afrikanischen Kontinent helfen, obwohl wir uns selbst nicht helfen können?‘ fragte er.“

 

Christoph Schlingensief, der als Entgrenzer der Künste über 30 Jahre lang in verschiedenen Ausdrucksformen die deutschen Themen seiner Generation in kompromissloser Deutlichkeit bearbeitet hatte, plante für den Deutschen Pavillon 2011 eine grundsätzliche Problematisierung des deutschen, europäischen, westlichen Verhältnisses zu Afrika, bei der die vermeintliche Eindeutigkeit sogenannter nationaler Identitäten aufgehoben worden wäre. Der Künstler Schlingensief starb, aber seine Idee setzt sich fort. Die kritische Beschäftigung mit der Bedeutung der traditionellen Form nationaler Repräsentation in den Länderpavillons auf der Biennale in Venedig greift nämlich Susanne Gaensheimer 2013 wieder auf.

 

Künstlerisches Schaffen in Deutschland ist heute von vielfältigen Arten der Zusammenarbeit zwischen Künstlern aus aller Welt und einem internationalen intellektuellen und kulturellen Austausch geprägt. Deutschland soll daher auf der 55. Biennale in Venedig nicht als hermetische nationale Einheit, sondern als aktiver Teil eines komplexen, weltweiten Netzwerkes repräsentiert werden. Aus diesem Grund hat Susanne Gaensheimer vier internationale Künstler aus unterschiedlichen Ländern eingeladen. Dabei sind Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng und Dayanita Singh.

 

Die KünstlerInnen sind in den großen Museen und Sammlungen der Welt vertreten und haben an den wichtigen internationalen Großausstellungen und Filmfestivals teilgenommen. Ihre Werke, Ausstellungen, Publikationen und Filme sind Teil der internationalen künstlerischen Diskurse und haben diese in den letzten Jahren zum Teil mitbestimmt. Darüber hinaus sind alle vier KünstlerInnen in besonderer Weise mit der deutschen Kunstszene verbunden.

 

Seit vielen Jahren arbeiten Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng und Dayanita Singh auch in Deutschland bzw. mit deutschen Institutionen, Verlagen und Sammlungen eng zusammen. Inhaltlich ist ihnen gemeinsam, dass sie sich in ihrem Werk auf kritische Weise mit den Bedingungen ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit beschäftigen und wesentliche Impulse geben zur Reflektion des aktuellen kulturellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses in einer global vernetzten Welt. Dabei nutzen sie selbstverständlich eine Vielzahl von Medien, neben Bildhauerei und Installation auch Fotografie und Film.

 

Gaensheimer zu ihrer Künstlerwahl: „Die Alltagsrealität und die kulturelle Landschaft in Deutschland sind von unterschiedlichen Religionen, Ökonomien und politischen Ansätzen geprägt, das ist heute die Normalität und führt sowohl zu einer großen Bereicherung als auch zur Konfrontation. Dass unsere Gesellschaft nicht mehr ohne Dialog, Kooperation und einer Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebensentwürfen und -wirklichkeiten funktioniert, zeigt sich gerade heute in aller Deutlichkeit. Für die Biennale in Venedig mit einer Gruppe von Künstlern aus unterschiedlichen Ländern zusammenzuarbeiten, ist daher für mich die logische Fortsetzung meiner Arbeit mit Christoph Schlingensief. Die von mir eingeladenen Künstler und ihre Werke sind repräsentativ für verschiedene Themen, die sich aus dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Ideologien und Lebensentwürfe ergeben und uns heute besonders betreffen. Wichtig ist mir dabei, dass es ihnen gelingt, unsere Perspektive zu erweitern und uns einen Zugang zum Blick der ‚Anderen‘ zu schaffen, teilweise auch auf unbequeme Weise. Obwohl sie ihre Werke aus den spezifischen, lokalen Kontexten heraus entwickeln, realisieren sie durch die Integration ihrer eigenen Erfahrungen von Internationalität eine Art anthropologisch universelle Bildsprache.“

 

"Nachdem der deutsche Pavillon unter der Leitung von Susanne Gaensheimer im vergangenen Jahr ungeachtet des frühen Todes von Christoph Schlingensief ein so großer Erfolg wurde, steht die diesjährige Künstlerauswahl für eine konsequente Fortsetzung dieses wagemutigen und anspruchsvollen Diskurses. Die dargestellten Lebensentwürfe garantieren die Auseinandersetzung mit der wesentlichen Entwicklung unserer gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft im internationalen Kontext. Die erneute Berufung Susanne Gaensheimers zur Kuratorin des deutschen Pavillons für die Kunstbiennale in Venedig ist eine persönliche Auszeichnung ihrer herausragenden Kompetenz," erklärt Kulturdezernent der Stadt Frankfurt, Felix Semmelroth.